Devisen „Brexit-Gespenst“ ist zurück: Pfund so günstig wie zuletzt im März 2017

Seit dem Amtsantritt von Johnson hat das britische Pfund 2,4 Prozent nachgegeben. Marktteilnehmer rechnen vermehrt mit einem ungeordneten Brexit.

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Seit dem Brexit-Referendum im Juni 2016 hat das Pfund 28 Cent an Wert verloren. Quelle: dpa

London Der Brexit-Kurs des neuen britischen Premierministers Boris Johnson sorgt bei Investoren für zunehmendes Unbehagen. Das Pfund gab am Dienstag 0,3 Prozent nach und kostete zeitweise mit 1,2117 Dollar so wenig wie seit Mitte März 2017 nicht mehr. Allein seit dem Amtsantritt Johnsons vergangene Woche gab die Währung 2,4 Prozent nach.

Börsianer fürchten, dass Großbritannien auf eine ungeregelte Trennung von der Europäischen Union zusteuert, was die weltweite Wirtschaft und die Finanzmärkte in Mitleidenschaft ziehen dürfte. Seit dem Referendum im Juni 2016, bei dem sich die britische Bevölkerung mehrheitlich für einen EU-Austritt aussprach, hat das Pfund 28 Cent an Wert verloren.

Das Brexit-Gespenst sei zurückgekehrt, sagte Antje Praefcke, Devisenexpertin von der Commerzbank. Johnson scheine sein Kabinett auf einen EU-Ausstieg ohne Vertrag einzustimmen. „Schauen wir mal, was bei seinen geplanten Gesprächen mit EU-Offiziellen in den kommenden Tagen und Wochen herauskommt – sofern sie überhaupt zustande kommen, denn derzeit verlangt er zuerst, dass die EU auf seine Bedingungen eingeht – und ob er dann mit einer trump'schen Verhandlungstaktik weiterkommt.“

Die britische Regierung verschärfte im Brexit-Streit zuletzt den Ton mit der EU und sucht die Nähe zu den USA. Johnson hat angekündigt, Großbritannien bis Ende Oktober aus der EU zu führen, mit oder ohne Abkommen. Derzeit befindet er sich auf Werbetour in Großbritannien. Johnson habe ausschließlich Brexit-Hardliner für Schlüsselpositionen in seinem Kabinett nominiert, schrieben die Experten der Landesbank Baden-Württemberg. „Für viele Marktteilnehmer ist die Wahrscheinlichkeit eines Hard-Brexit dadurch deutlich gestiegen.“

Für zusätzliche Verunsicherung sorgte die Möglichkeit vorgezogener Wahlen. Umfragen vom Wochenende zufolge liegen Johnsons Konservative deutlich vor der oppositionellen Labour-Partei. Das gegenwärtige Parlament lehnt einen Brexit ohne Austrittsabkommen strikt ab. Sollte Johnson bei Wahlen eine Mehrheit erzielen, könnte das anders aussehen. „Es gibt nicht die kleinsten positiven Nachrichten zum Brexit“, sagte Währungsstratege Kit Juckes von Societe Generale.

Mehr: Kein Antrittsbesuch in Berlin oder Paris, Provokation gegenüber Brüssel – der neue Premier Johnson steuert rasant auf den No-Deal-Brexit zu. Die Märkte sind entsetzt.

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