Devisen "Chinas Währung wird künftig stärker schwanken"

Beim Deutschland-Besuch des chinesischen Staatschefs wird es auch um die Wirtschaftsbeziehung beider Länder gehen. HSBC-Experte Bernhard Esser über die wachsende Bedeutung des Renminbi für deutsche Unternehmen.

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Renminbi-Banknoten Quelle: dpa

WirtschaftsWoche Online: Für welche Branchen und Unternehmen ist der heutige Staatsbesuch von Chinas Präsidenten Xi Jinping besonders wichtig?

Bernhard Esser: Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft mit China als einem Hauptabnehmerland deutscher Produkte ist der Termin in der gesamten Breite außerordentlich wichtig. 2030 wird China für Deutschland voraussichtlich ein wichtigerer Handelspartner als Frankreich sein. Deshalb und vor dem Hintergrund des in China angestrebten Umbaus der Volkswirtschaft zu einer Konsum- und Dienstleistungsgesellschaft ist es wichtig, jetzt am Ball zu bleiben.

Welchen Einfluss hat die Politik auf Chinas Wirtschaft?

Bernhard Esser von HSBC kennt sich mit dem Finanzmarkt in China aus Quelle: Presse

Der unmittelbare Einfluss ist wegen der mächtigen Staatsbetriebe und der Unternehmen im Besitz staatlicher Anlagegesellschaften sehr hoch. Beispielweise dominieren die unter staatlichem Einfluss stehenden Unternehmen die landesweite Kreditaufnahme und  Investitionstätigkeit. Wir verbinden in Deutschland mit staatlichem Einfluss sehr häufig mangelnde Produktivität. Das trifft im Fall von China nur bedingt zu, wie der insgesamt robuste Wirtschaftsverlauf während der Weltwirtschaftskrise 2008/09 gezeigt hat. Dennoch beabsichtigt die politische Führung in Peking eine Stärkung der Privatwirtschaft.

Wie liberal ist das chinesische Wirtschaftssystem?

Das chinesische Wirtschaftssystem prägen Stabilität und Pragmatismus. Während der Öffnungs- und Reformpolitik in den vergangenen drei Jahrzehnten war China stets zu Anpassungen bereit. Insofern hat sich das Wirtschaftssystem bei Bedarf als ausreichend liberal erwiesen.

Wie gefährlich sind Konkurrenten aus China Unternehmen?

Ich denke, vor allem für deutsche Unternehmen erweisen sich die Chinesen zunehmend als ernstzunehmende Konkurrenz. Sie schöpfen ihre Kraft vor allem aus dem insgesamt stabileren makro-ökonomischen Umfeld ihres Heimatmarkts. Sicher haben deutsche Unternehmen bei Innovation und technischem Know-how immer noch einen erheblichen Vorsprung, doch die chinesischen Unternehmen holen mit Riesenschritten auf. So zählt China beispielsweise bei den jährlichen Patentanmeldungen zur internationalen Spitzengruppe. Wenn auch die internationale Verwendung dieser Patente gering ist, liegt das "Reich der Mitte" vor Deutschland. Insgesamt profitieren die Betriebe in der Volksrepublik vor allem von einer ausgesprochen pragmatischen Herangehensweise und natürlich von einer breiten staatlichen Unterstützung.

Chinesische Banken haben solide Kapitalbasis

Wie stark und sicher sind Chinas Banken?

Die chinesischen Banken haben im Gegensatz zu zahlreichen Instituten in der westlichen Hemisphäre eine ausgesprochen solide Kapitalbasis, zudem sind staatliche Stellen häufig starke Eigentümer im Hintergrund. Dazu kommt ihre Größe: Gemessen am Börsenwert befinden sich unter den zehn weltweit größten Bank vier chinesische Institute. Damit sich die chinesischen Banken sicherlich besonders ernstzunehmende Wettbewerber.

Welche Bedeutung hat die Liberalisierung des chinesischen Finanzmarkts für deutsche Banken, Anleger und Unternehmen?

Die chinesischen Behörden haben in den zurückliegenden Jahren eine enorme Liberalisierung des heimischen Finanzmarktes vollzogen. Während der Westen für diese Entwicklungen mehrere Jahrzehnte benötigt hat, geschieht die Transformation in China mit Riesenschritten. Allerdings bieten die bisherigen Liberalisierungen vor allem Unternehmen Vorteile, weniger den Anlegern, die in Festlandchina immer noch auf erhebliche Restriktionen treffen. Wegen dieses Reglements weichen zahlreiche Investoren auf Produkte aus, die in Hongkong-Renminbi (CNH) denominiert sind und platzieren so ihr Vermögen.

Bekommt Frankfurt die ersehnte Handelsstelle für die chinesische Währung?

Das ist mit Blick auf die hohen Außenhandelsaktivitäten der Unternehmen in Deutschland und der gesamten Eurozone mit der Volksrepublik China erstrebenswert und auch durchaus gerechtfertigt. Die chinesische Währung spielt für die Unternehmen bereits jetzt eine sehr wichtige Rolle. Ein derartiger Schritt brächte also im Tagesgeschäft erhebliche Erleichterungen.

Welche Rolle spielt die chinesische Währung für deutsche Banken und Unternehmen?

Die großen deutschen Unternehmen und der Mittelstand nutzen den chinesischen Renminbi inzwischen genauso selbstverständlich wie den US-Dollar, den japanischen Yen oder andere Währungen. In jüngster Vergangenheit nimmt nun auch das Interesse kleinerer Unternehmen an einer Verwendung zu. Auch die deutschen Banken bieten inzwischen mehrheitlich eine breite Produktpalette in chinesischer Währung an, unabhängig davon, ob es sich um den Hongkong-Renminbi oder um in Festlandchina erbrachte Dienstleistungen handelt. Auch in Deutschland hat sich ein Interbankenhandel in der Währung entwickelt, der inzwischen eine bemerkenswerte Markttiefe besitzt. Allerdings sind mit Blick auf die Abwicklung von Transaktionen in Festlandchina natürlich die Banken mit einem eigenen Filialnetz lieferfähiger.

Interesse an Renminbi steigt

Fabers düstere Prognose für China
Marc Faber Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Rio de Janeiro Quelle: dapd
Kupfermine in Chile Quelle: IVAN ALVARADO
Taipeh 101 Quelle: dpa/dpaweb
Casino in Macau Quelle: REUTERS
Louis Vuitton in Shanghai Quelle: AP
Transformator Quelle: REUTERS

Was haben Anleger davon?

Für Anleger bietet die chinesische Währung die Möglichkeit, an dem wirtschaftlichen Erfolg Chinas zu partizipieren und zugleich ihre Portfolios zu diversifizieren. Der Grund dafür ist, dass die Wertentwicklung von Vermögen in China eigenen Gesetzmäßigkeiten und häufig nicht den globalen Verwerfungen folgt. Somit hat auch bei den Anlegern das Interesse am Renminbi deutlich zugenommen. Das zeigt die hohe Nachfrage nach Renminbi-Anleihen und Renminbi-Konten. Das gilt aber vor allem für institutionelle oder vermögende Anleger. Ich wurde unlängst auf die gänzlich andere Lage für Kleinanleger aufmerksam gemacht: Infolge der erforderlichen Beratungs- und Aufklärungsvorschriften in Deutschland kommen Interessierte bei ihren Anlageberatern meist gar nicht zu der als vermeintlich "risikoreicher" eingestuften chinesischen Währung.

Wie sicher ist der Renminbi?

Für politische Unsicherheiten oder mögliche Transfer- oder Konvertibilitätsrisiken gibt es derzeit keine Anzeichen. Mit Blick auf den künftigen Wechselkurs ist generell mit einer weiteren Aufwertung des Renminbi zu rechnen. Die Kursentwicklung wird aber voraussichtlich künftig volatiler verlaufen. Das zeigt die jüngste "Yuan-Schwäche". Derzeit dämmen die chinesischen Währungshüter mit Markteingriffen allerdings die Gefahr ein, dass die Aufwertung des Renminbi durch eine einseitige Spekulation außer Kontrolle gerät. Das gilt vor allem gegenüber dem Inland. Zugleich wird es bei weniger einseitigen Markterwartungen über den künftigen Wechselkurs vermutlich leichter sein, Reformen des Wechselkurssystems in Richtung einer frei konvertiblen Währung durchzuführen.

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