Devisen Der Euro taumelt – und es könnte weiter abwärts gehen

Seit zwei Wochen fällt die europäische Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar. Warum es sogar noch weiter abwärts gehen könnte.

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Frankfurt Die mauen Nachrichten reißen seit Tagen nicht ab. Egal ob Inflation, Konjunkturklima oder Wirtschaftswachstum – Europas Volkswirtschaften kommen kaum vom Fleck. Die jüngsten Daten des Statistikamtes Eurostat weisen für die Euro-Zone im ersten Quartal 2018 ein BIP-Wachstum von gerade einmal 0,4 Prozent aus. Im Vorjahr waren es noch 0,7 Prozent.

Die mäßigen Wachstumsdaten lassen einerseits Sorgen vor einer Konjunkturabkühlung entstehen: Der Ifo-Geschäftsklimaindex, der die Erwartungen der deutschen Wirtschaft misst, ist im April zum fünften Mal in Folge gefallen. Andererseits ziehen die Daten den Euro in Mitleidenschaft. Seit Mitte April hat die europäische Gemeinschaftswährung im Vergleich zu ihrem US-Pendant vier Cent abgegeben. Zuletzt fiel der Wechselkurs unter 1,20 Dollar je Euro. Damit ist der Euro so schwach wie seit Anfang des Jahres nicht mehr.

Obwohl von der Europäischen Zentralbank noch in diesem Jahr der Rückzug aus der ultralockeren Geldpolitik erwartet wird, gibt es von dieser Seite kaum stützende Nachrichten. Bislang kauft die Notenbank noch monatlich Anleihen im Wert von 30 Milliarden Euro. Analysten erwarten, dass das Programm Ende des Jahres ausläuft. Doch auf der jüngsten EZB-Sitzung in der vergangenen Woche verlor EZB-Präsident Mario Draghi kein Wort über das weitere Vorgehen. Stattdessen sprach er von einer „robusten“ und „soliden“ wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum – im März verwandte er dafür noch das Wort „stark“. Draghis Zurückhaltung ließ den Euro Ende vergangener Woche weiter taumeln.

Hinzu kommt, dass die Konjunkturstory in den USA Investoren derzeit verlockender scheint, wenngleich Ökonomen vor einer Überhitzung warnen: Die Wirtschaft ist nahezu voll ausgelastet, die Inflation liegt bei 2,4 Prozent (gegenüber 1,3 Prozent in der Euro-Zone), und die Notenbank Federal Reserve hat ihre Leitzinsen seit Dezember 2015 schon sechsmal erhöht. Die Folge: Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe kletterte zuletzt erstmals seit vier Jahren wieder über drei Prozent. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe liegt hingegen bei gerade einmal 0,57 Prozent.

„Da ist es wenig verwunderlich, dass der US-Dollar seine Siegesserie der letzten beiden Wochen fortsetzen kann. Und es sieht nicht danach aus, als könnte irgendwas die Stimmung gegenüber der US-Währung so schnell wieder eintrüben“, kommentiert die Analystin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank.

Bis Anfang des Jahres hatte der Dollar noch stark verloren, nicht zuletzt gegenüber dem Euro. Nun holt er wieder auf. Damit der bis zuletzt bestehende, längerfristige Abwärtstrend beim US-Dollar wieder aufgenommen wird, müsste das Wachstum im Rest der Welt wieder stärker anziehen oder das Wachstum in den USA abflachen, schreiben die Devisenstrategen von Morgan Stanley.

Aus rein technischer Sicht könnte es in den kommenden Tagen für den Euro noch tiefer gehen: Der Euro-Dollar-Kurs hat die 200-Tages-Linie durchbrochen. Die für Charttechniker wichtige Marke umfasst das arithmetische Mittel der Schlusskurse der vergangenen 200 Handelstage. Dieser Wert lag zuletzt bei 1,20 Dollar je Euro. Jetzt, da die Marke nach unten durchbrochen wurde, könnte der Kurs noch auf 1,16 Dollar je Euro fallen, schätzen die Morgan-Stanley-Experten.

Allerdings könnte die aktuelle Dollar-Rally ein vorübergehender Trend sein. So schätzt etwa Kit Juckes von der Société Générale, dass die mauen Wirtschaftsdaten der Eurozone schon im nächsten Quartal wieder besser aussehen könnten. Auch die Strategen von Morgan Stanley weisen darauf hin, dass der aktuelle Aufschwung nur eine teilweise Korrektur in einer längerfristigen Euro-Dollar-Bewegung ist. Im Vergleich zum Dezember 2016 hat der Euro gegenüber dem Dollar immer noch um 14 Prozent aufgewertet.

Ohnehin reagiert Draghi kaum nervös auf die jüngsten Konjunkturdaten. Der geldpolitische Rat habe sich angesichts der aktuellen Situation für eine Politik „der ruhigen Hand“ ausgesprochen. In anderen Worte: Die Notenbank hält an ihrem Kurs fest. Strafft sie tatsächlich ihre ultralockere Geldpolitik im Laufe dieses Jahres, dürfte das auch dem Euro neuen Auftrieb geben.

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