Devisen Euro fällt auf tiefsten Stand seit dem Brexit-Votum

Der Druck auf die europäische Gemeinschaftswährung hält an. Auslöser der jüngsten Verluste ist die Europäische Zentralbank. Der vage Ausblick zu einer möglichen Fortsetzung ihrer Anleihekäufe schwächt die Währung.

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Der Euro ist nach der EZB-Ratssitzung am Donnerstag auf seinen tiefsten Stand seit Ende Juni gefallen. Quelle: dpa

Frankfurt Der Eurokurs ist am Donnerstag nach Aussagen des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, nur kurz über 1,10 US-Dollar gesprungen. Noch am Nachmittag geriet die Gemeinschaftswährung wieder unter Druck und setzte ihre Talfahrt der vergangenen Handelstage fort. Zeitweise fiel der Eurokurs auf 1,0921 Dollar. Zuletzt hatte er am 24. Juni, dem Tag der Bekanntgabe des Brexit-Votums, niedriger notiert.

Rein von den Fakten der EZB-Entscheidung kam zunächst wenig Druck: Der Leitzins im Euroraum bleibt bei Null, der Strafzins für überschüssiges Geld von den Banken bei minus 0,4 Prozent. Alles wie gehabt also. Interessanter wurde es indes, als Draghi zur Zukunft des Anleihekaufprogramms befragt wurde.

Zunächst blockte er ab. Das Thema habe im EZB-Rat nicht zur Debatte gestanden. Das hatte den Eurokurs auf 1,1039 Dollar nach oben klettern lassen, den Tageshöchststand. Die Trendwende für den Euro löste dann allerdings auch Draghi aus. Er erklärte, dass das Ende März 2017 auslaufende Anleihekaufprogramm nicht abrupt enden würde.

Damit gab der EZB-Präsident zumindest eindeutige Signale für ein sogenanntes „Tapering“, also einer langsamen Drosselung der Anleihekäufe. Wie das genau ablaufen und wann es beginnen soll, bleibt allerdings weiter reine Spekulation. Aktuell kauft die EZB monatlich Staats- und Unternehmensanleihen im Umfang von 80 Milliarden Euro. Insgesamt sollen sich die Käufe auf 1,74 Billionen Euro belaufen.

Draghi betonte zwar mehrfach, dass der EZB-Rat das Thema nicht diskutiert habe. Das können so aber längst nicht alle glauben. Die Analysten der Commerzbank etwa schrieben bereits am Morgen: „Es würde schon fast an Arbeitsverweigerung grenzen, hätte sich die EZB mit diesem Thema noch nicht beschäftigt. Und sicherlich ist Draghi der aktuelle Stand der Beratungen bekannt.“ Eine Entscheidung hat die Notenbank nun aber auf ihre Dezembersitzung vertagt.

Unter dem Strich lieferte die Pressekonferenz von Draghi nach Einschätzung von Experten kaum neue Erkenntnisse. Einen klaren Hinweis zur weiteren Entwicklung der Anleihekäufe sei der Notenbanker schuldig geblieben, sagte Experte Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Erneut habe Draghi darauf hingewiesen, dass die Notenbank die Geldschleusen wegen konjunktureller Risiken offen halten müsse. Umlauf hält daher eine Verlängerung der Anleihekäufe in den kommenden Monaten für wahrscheinlicher als einen baldigen Beginn des „Tapering“.

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