Devisen Euro klettert auf Vier-Monats-Hoch

Die europäische Gemeinschaftswährung klettert zu Jahresbeginn über die Marke von 1,20 Dollar. Damit nimmt sie die Stärke aus dem Vorjahr mit. Doch der Auftrieb hat Grenzen.

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Zu Jahresbeginn ist die europäische Gemeinschaftswährung stärker gefragt als ihr US-Pendant. Quelle: Reuters

Frankfurt Der Euro lässt sich 2018 nicht lange bitten. Schon am zweiten Tag im neuen Jahr steigt er über1,20 Dollar und knackt damit eine wichtige technische Handelsmarke. Die Gemeinschaftswährung klettert somit auf ihren höchsten Stand seit knapp vier Monaten und ist so teuer wie zum Jahresstart 2015. Der Unterschied: Damals zeigte die Euro-Kurve steil nach unten. Heute dagegen rechnet das Gros der Devisenstrategen damit, dass die Währung den Kurs mindestens hält oder sogar im Wert steigt.

Gleich zwei Gründe sorgen für den schwungvollen Auftakt: Erstens halbiert die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Anleihekäufe mit Beginn des Jahres auf 30 Milliarden Euro pro Monat. Bei den Staatanleihen resultiert die schwächere Nachfrage in fallenden Kursen und steigenden Renditen (die beiden Kennziffern bewegen sich immer gegensätzlich). So stieg etwa die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf ein Zwei-Monats-Hoch von 0,462 Prozent. Am Devisenmarkt wird dieser Schritt weg von der ultralockeren Geldpolitik als Zeichen der Stärke für den Euro ausgelegt.

Der zweite Grund: Obwohl die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) seit 2015 bereits fünfmal den Leitzins anhob – zuletzt im Dezember auf eine Spanne von 1,25 bis 1,5 Prozent – lässt sich die Stimmung der Devisenstrategen gegenüber dem Dollar bestenfalls als abwartend beschreiben.

Zwar dürfte der künftige Chef der Notenbank, Jerome Powell, Janet Yellens behutsamen Kurs der Zinssteigerungen fortsetzen. Dennoch könnte es passieren, dass der Markt noch kein Vertrauen eine nachhaltige Normalisierung der US-Geldpolitik fasst, erwarten die Analysten der Commerzbank. Chris Weston, Chef-Anlagestratege des Brokerhauses IG, meint, dass Investoren die Wahrscheinlichkeit eines Zinsschritts im März bei lediglich 68 Prozent sehen. Außerdem rechneten die Anleger statt der von der Fed signalisierten drei Anhebungen 2018 lediglich mit zwei Zinserhöhungen. Vieles spricht also eher für den Euro als für sein US-Pendant.

Spürbaren Auftrieb gab es am Montag zudem von der europäischen Industrie. Laut Daten des Markit-Instituts kletterte der Einkaufsmanagerindex im Dezember auf 60,6 Zähler und damit den höchsten Wert seit zwanzig Jahren. Die Daten beruhen auf einer Umfrage unter 3000 Unternehmen.

Zugegeben: Gerade die Notenbank-Ereignisse kommen keineswegs überraschend und sind weitestgehend eingepreist. Dennoch wirken sie sich am Markt aus – und bescheren dem Euro letztlich den Schub über die Marke von 1,20 Dollar.
Vor einem Jahr hätte kaum einer der Analysten mit einer derartigen Entwicklung der europäischen Gemeinschaftswährung gerechnet. Furcht vor dem Aufstieg populistischer Parteien bei europäischen Wahlen (Niederlande, Frankreich, Deutschland) und eine optimistische Einschätzung, dass der damals neue US-Präsident Donald Trump die Wirtschaft tatsächlich stark ankurbelt, ließen sie auf den US-Dollar setzen. Die Parität zwischen den beiden Währungen – also ein Wechselkurs eins zu eins – schien in Reichweite.

Heute bietet die Devisenlandschaft ein gänzlich anderes Bild: Statt des Dollar ist im vergangenen Jahr der Euro erstarkt. Gegenüber dem Dollar hat er um 15 Prozent aufgewertet. „Die US-Steuerreform – so viel ist klar geworden – ist kein Anlass für eine grundsätzliche Neueinschätzung des Greenbacks“, kommentieren die Experten der Commerzbank. So könnte der Euro seine Stärke halten.

Dass die Strategen im Mittel bis Jahresende nur einen Kurs von 1,20 Dollar je Euro erwarten, zeigt aber, dass das Aufwärtspotenzial begrenzt ist. Selbst Optimisten wie die Citigroup rechnen Ende 2018 mit einem Kurs von 1,24 Dollar je Euro und somit mit einem Plus von gerade einmal knapp drei Prozent. Die Rallye des Vorjahres wird der Euro also kaum wiederholen können.
Kit Juckes von der Société Générale warnt indes vor zu viel Euphorie: Zwar sei die Stimmung für den Euro derzeit so positiv wie sie vor einem Jahr noch für den Dollar gewesen sei. Und doch: „Wir wissen, wie das ausgegangen ist“, erklärt Juckes knapp.

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