Devisen nach Fed-Entscheidung Doping für die Dollar-Stärke

Die Leitzinserhöhung der Fed war eigentlich absehbar. Dennoch hat es die US-Notenbank geschafft, die Märkte zu überraschen. Wohl schneller als gedacht dürfte ein Euro nur noch einen Dollar wert sein.

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Der US-Dollar wird seine Stärke als derzeit stärkste Währung weiter ausbauen. Quelle: Reuters

Frankfurt Der Dollar setzt Kurs auf neue Höchststände. Nach der Fed-Zinsentscheidung am Mittwochabend fiel der Euro-Dollar-Kurs zeitweise unter 1,0500 Dollar. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis das Währungspaar die Marke von 1,0463 aus dem März 2015 durchbricht. Dann wäre der Dollar gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung so viel wert wie seit Ende 2002 nicht mehr.

Große Banken wie Morgan Stanley, Citi oder die Deutsche Bank rechnen im kommenden Jahr schon damit, dass der Dollar auf Parität klettern wird. Heißt: Für einen Euro erhalten wir bald nur noch einen Dollar.

Seit Wochen nähert sich der Dollar dieser Marke an. Dass er sie nun bald knacken könnte, liegt nicht zuletzt an den Aussichten, die die US-Notenbank für ihre künftige Geldpolitik geliefert hat. Die Fed hat auf ihrer jüngsten Sitzungen den Leitzins wie erwartet zum zweiten Mal in einem Jahr um 0,25 Prozent auf die Spanne von 0,5 bis 0,75 Prozent angehoben. Überraschend war aber die Aussicht auf drei weitere Zinsschritte im kommenden Jahr. Bislang wurde allenfalls mit zwei weiteren Schritten gerechnet.

„Als Folge dieser Fed-Entscheidung wird der Euro-Dollar-Kurs die Parität wesentlich schneller erreichen als wir es bislang gedacht haben und unsere prognostizierten Marken von 0,97 und 0,95 Dollar schon eher erreichen“, sagt Hans Redeker, Leiter der Devisenstrategie bei der US-Investmentbank Morgan Stanley. Schon im zweiten Quartal 2017, also zwischen April und Juni, könnte es soweit sein.

Und auch laut den Fed Fund Futures scheint der Markt der US-Notenbank zu glauben. Ein Drittel der Marktteilnehmer rechnet bereits mit den in Aussicht gestellten drei Schritten. „Werden sie durch Zahlen (Konjunkturdaten) und Fakten (expansive Fiskalpolitik) untermauert, verfestigen sich die Markterwartungen und der Dollar wird entsprechend steigen“, kommentiert Antje Praefcke von der Commerzbank. Anders ausgedrückt: Die jüngste Fed-Entscheidung wirkt wie Doping für die ohnehin schon anhaltende Dollar-Stärke.

Während der aus europäischer Sicht schlechte Wechselkurs für Verbraucher USA-Reisen weiter verteuert, hat die Fed europäischen Unternehmen mit einem starken US-Geschäft ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk beschert. Denn je stärker der Dollar ist, desto mehr werden die Gewinne, die sie in Amerika erzielen, auch wert. So hatte etwa der Flugzeugbauer Airbus schon einmal vor zwei Jahren errechnet, dass sein Gewinn mit jedem Cent, den der Euro gegenüber dem US-Dollar abwertet, um 100 Millionen Euro steigt. Damals gab es für einen Euro noch mehr als 1,30 Dollar.


Warum der Euro länger schwach bleibt

Das Beispiel zeigt, wie sich die Euro-Dollar-Kurve in den vergangenen Jahren entwickelt hat, nämlich zu starken Ungunsten der europäischen Gemeinschaftswährung. Während es Amerika geschafft hat, nach der Finanzkrise ihre Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und die Arbeitslosenquote zu senken, kämpft Europa noch immer mit den Folgen der Schuldenkrise.

Einige Staatshaushalte reißen immer wieder die vereinbarte Verschuldungsobergrenze aus den Maastrichter Verträgen. Und Mario Draghi hat jüngst die Verlängerung des Anleihekaufprogramms bis Dezember 2017 angekündigt. All dies zusammen wird den Euro weiter schwach halten.

Dass die Gemeinschaftswährung in naher oder mittlerer Zukunft auch nur annähernd an seinen historischen Höchststand von 1,5788 Dollar aus dem Jahr 2008 herankommt, erscheint extrem unwahrscheinlich. Selbst wenn sich die Stimmung in der US-Wirtschaft leicht eintrüben sollte, etwa weil Trump nicht vollumfänglich seine versprochenen Konjunkturprogramme wie Deregulierung von Banken und Energiebranche, Steuererlasse oder staatlichen Investitionen liefern kann, dürfte der Dollar seine grundlegende Stärke behalten.

Seit seinem Jahreshoch 2016 hat der Euro bereits zehn Cent abgegeben. Und obwohl die Aussicht auf drei Zinsschritte – und die jüngste sprunghafte Dollar-Stärke – viele Marktteilnehmer überrascht hat, erkennt der Leiter des Devisenhandels der Citigroup in Deutschland durchaus Rechtfertigungen dafür: „Mit einer Arbeitslosenquote von 4,6 Prozent und einer Inflationsrate von 1,7 Prozent kann die Fed heute besser als vor einem Jahr behaupten, dass die extrem lockere Geldpolitik seit 2009 ihre Ziele, also die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung und eine Preissteigerungsrate von etwa zwei Prozent, nunmehr erreicht hat und somit eine Normalisierung der Geldmarktzinsen gerechtfertigt ist.“

Übrigens: Der Euro ist bei weitem nicht die einzige Währung, die gegenüber dem Dollar verliert. Auch der chinesische Renminbi hat seit Anfang April 7,5 Prozent verloren. Und für 2017 sehen Experten wie Redeker von Morgan Stanley gerade für den japanischen Yen noch viel Abwertungspotenzial gegenüber der US-Währung voraus. Bald schon könne der Kurs die Marke von 130 Yen erreichen. Das einst „ambitioniert“ erscheinende Ziel sei aus heutiger Sicht fast schon moderat, erklärt Redeker.

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