Devisen Warum die Schwellenländer keine Alternative für Anleger sind

Schwellenländer-Währungen geraten in der Coronakrise im Vergleich zu Euro, Dollar und Co. immer weiter in den Rückstand. In der Finanzkrise ließ sich das Gegenteil beobachten.

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Vor allem in Osteuropa litten Währungen wie der polnische Zloty, der ungarische Forint oder die tschechische Krone unter den steigenden Corona-Zahlen. Quelle: Reuters

In der Corona-Pandemie geraten die Währungen der wichtigen Schwellenländer gegenüber den großen Industriestaaten ins Hintertreffen. Ihr Rückstand in der Bewertung im Vergleich zu Dollar, Euro und Co. ist so groß wie seit einem Jahrzehnt nicht. Weltweit rückläufige Zinsen, unsichere Konjunkturaussichten und Geldabflüsse dämpfen den Appetit der Investoren. Vor allem in Osteuropa litten Währungen wie der polnische Zloty, der ungarische Forint oder die tschechische Krone unter den steigenden Corona-Zahlen, schrieben die Experten der DZ Bank. „Was die Sache für die ohnehin verunsicherten Währungen nicht einfacher macht, ist, dass zudem geldpolitische Lockerungserwartungen aufgekommen sind.“

Nach Berechnungen von Nordea hinkt eine Gruppe aus zehn Schwellenländer-Währungen den Industriestaaten in diesem Jahr um fast 14 Prozent hinterher – dazu zählen der chinesische Yuan, der brasilianische Real und die türkische Lira, die derzeit so niedrig wie nie zuvor notiert. Gerade zu Anfang der Pandemie habe es große Verluste gegeben, seither habe sich die Lage etwas stabilisiert, sagte Sören Hettler, Experte bei der DZ Bank. „Der Abstand ist aber immer noch groß.“

Das steht in deutlichem Kontrast zur Finanzkrise 2008/2009, als die Währungen derselben Gruppe bis zu ein Viertel aufwerteten. Dies war möglich dank der massiven Konjunkturhilfen aus China, die das weltweite Wachstum und die Rohstoffpreise nach oben trieben und Ländern wie Brasilien oder Indonesien Aufwind gaben. „Eine Menge Leute waren davon ausgegangen, dass die Schwellenländer anziehen, ... aber das ist diesmal nicht passiert, weil Carry Trades verschwunden sind und wir auch kein deutlich stärkeres Konjunkturwachstum in den betroffenen Staaten gesehen haben“, sagte James Binny, Devisenexperte bei State Street Global Advisors.

Sogenannte Carry Trades oder Zinsdifferenzgeschäfte hatten in der Finanzkrise eine große Rolle gespielt: Vergleichsweise hohe Zinsen in Schwellenländern lockten Investoren an, die sich billig in Dollar verschuldeten und mit dem Geld rentablere Anleihen kauften. Doch das ist jetzt anders: Die Zinsen sind weltweit unter Druck, und weil die Inflation vergleichsweise niedrig ist, nehmen Länder wie Brasilien oder die Türkei eine schwächere Währung in Kauf als in der Vergangenheit. Auch das ist eine Reaktion auf die Krise, weil die Notenbanken so versuchen, die Wirtschaft in Schwung zu bekommen.

Inzwischen sind zwar erste Anzeichen dafür erkennbar, dass die Zeit der sinkenden Zinsen sich einem Ende nähern könnte. Die Notenbanken machen nur noch kleine Schritte nach unten, und Ungarn und die Türkei überraschten sogar mit Zinserhöhungen. Allerdings lockt das die Investoren zumindest noch nicht zurück. Sie halten derzeit Schwellenländer-Anleihen im Volumen von 400 Milliarden Dollar, Anfang des Jahres waren es noch 550 Milliarden Dollar, wie aus Daten von TS Lombard hervorgeht.

In Schwellenländern dürfte der Aufschwung länger auf sich warten lassen

Und auch wenn sich die Aussichten für China deutlich gebessert haben, so dürfte sich an diesem Trend nichts Grundsätzliches ändern: Capital Economics geht davon aus, dass Länder wie Brasilien, Mexiko und die Türkei noch lange brauchen, bis sie die Folgen der Pandemie überwunden haben. Ihre Wirtschaft dürfte 2022 immer noch ein Zehntel geringer sein als vor Ausbruch des Virus.

Damit dürfte der Aufschwung länger auf sich warten lassen als in den Industriestaaten. Dienstleistungen etwa im Bereich Touristik können nach dem Ende der Kontaktbeschränkungen vergleichsweise schnell wieder hochgefahren werden, und die Länder im Norden verfügen auch im Allgemeinen über ausreichend Mittel, um mit Konjunkturpaketen das Schlimmste zu verhindern. Nicht zuletzt der Kursrutsch der Währungen erschwert im Gegensatz dazu die Lage für die Schwellenländer. DZ-Experte Hettler schätzt die Aussichten gerade für Rohstoffexporteure düster ein: „Es wird sicherlich noch eine Weile dauern, bis der Rückstand aufgeholt ist.“

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