
Dass wir unser Geld lieber liegen lassen, statt es zu investieren, ist kein Geheimnis. So verwundert es nicht, dass der Durchschnittsdeutsche im Schnitt nur 150 Euro Zinsen pro Jahr kassierte – 2014, als es noch ein bisschen was gab fürs Geld. Zwischen 2008 und 2015 verbuchten Durchschnittsanleger magere 1,5 Prozent Rendite jährlich, inklusive Aktien und Lebensversicherungspolicen.
Für Anleger, die mit einer Dividendenstrategie Nebeneinkünfte erzielen wollen, sind 150 Euro Zinsertrag im Jahr dagegen keine große Hürde: Schon 94 Adidas-Aktien im Wert von 9000 Euro würden ausreichen, um 150 Euro Dividende einzusammeln. Noch einfacher macht es die Münchener Rück ihren Aktionären. 19 Aktien im Gesamtwert von 3400 Euro toppen die 150 Euro Zinsen. Und jedes Kursplus der Aktien käme als Bonus oben drauf.
Die 30 Dax-Konzerne zahlen 2016 mit 29,4 Milliarden Euro voraussichtlich erneut Rekorddividenden – und bieten im Schnitt drei Prozent Dividendenrendite auf das eingesetzte Kapital, sprich: den Wert ihrer Aktien.
Die aktuelle Dividendensaison zeigt aber auch: So verlässlich wie gedacht sind die Dividenden nicht. Nicht alle Werte garantieren langfristig stabile Auszahlungen. Wie schnell geplante Einkünfte sich in Nichts auflösen können, erleben gerade die Kämmerer im Ruhrgebiet, denen nach Ausfall der RWE-Dividende Millionen im Haushalt fehlen.





Anleger Harald Frostert* hat sein Portfolio, das er auch zur Altersvorsorge nutzt, hauptsächlich auf Anleihen aufgebaut, die ihm zwischen 2,5 Prozent und 7,5 Prozent Zinsen bieten. Mittlerweile sieht er sich aber gezwungen, auch auf hohe Dividendenrenditen auszuweichen: „Seit der Zins Richtung null sinkt, kommen gute Dax-Werte infrage“, sagt der 68-Jährige. Also kaufte er neben der Allianz auch Volkswagen, mit der Hoffnung, stabile Erträge zu erzielen. Er wurde prompt enttäuscht. „Nach dem Abgasskandal wird das bei VW wohl ordentlich schiefgehen“, sagt Frostert, bleibt aber optimistisch und setzt auf Kursgewinne. Auch einige Telekom-Aktien hält er noch, aus der Boomphase des deutschen Aktienmarkts um die Jahrtausendwende. Deren Kurs ist weit von seinen damaligen Höhen von bis zu 103 Euro je Aktie entfernt. Trostpflaster: Bis 2018 gibt die Telekom ihren Aktionären eine Dividendengarantie. Sie sollen jährlich mindestens 50 Cent je Aktie erhalten. Und trotz aller Enttäuschung: Frostert sagt, er hole aus seinen Wertpapieren aktuell 3,1 Prozent Rendite – knapp über Dax-Durchschnitt.
Einsame Spitze bleiben Fresenius und Fresenius Medical Care (FMC), die in den vergangenen zehn Jahren Aktionäre jedes Jahr mit einer Erhöhung erfreuten.

Beide Konzerne zahlen nicht nur regelmäßig, sondern auch nachhaltig: Die Dividendenzahlungen je Aktie sind deutlich mit dem Vier- bis Sechsfachen der frei verfügbaren Gelder (freier Cashflow) gedeckt. Die beiden Dividendenaristokraten aus dem Dax bieten mit rund einem Prozent Dividendenrendite aktuell aber einen der geringsten Erträge. Denn nach den Kurseinbrüchen seit Jahresanfang um fast zehn Prozent sind die Renditen der meisten Titel noch einmal gestiegen – die Allianz etwa bietet deutlich über fünf Prozent.
Doch sind die hohen Ausschüttungen der Konzerne nachhaltig? Die Ausschüttungsquote, also das Verhältnis der gezahlten Dividende zum Ergebnis je Aktie, liegt im Dax bei 40 Prozent – das ist in etwa historischer Durchschnitt, so die DZ Bank in einer Studie. Ihr Aktienanalyst Michael Bissinger geht davon aus, dass für die Unternehmen keine unmittelbare Not besteht, das Niveau zu reduzieren. „Wenn die Weltwirtschaft nicht komplett einbricht, was wir nicht erwarten, ist es gut vorstellbar, dass die hohen Dividenden über die nächsten Jahre halten“, sagt Bissinger.
*Name geändert