Dividendentitel Rückversicherer vor der Aufholjagd

Die drei größten Rückversicherer der Welt haben sich im Katastrophenjahr 2011 unterschiedlich gut geschlagen – und das gilt auch für ihre Aktien. Welche Chancen die Papiere bieten.

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Ein zerstörtes Gästehaus in Christchurch, Neuseeland, nach dem verheerenden Erdbeben Quelle: dpa

An das Katastrophenjahr 2005 werden sich vor allem Amerikaner noch gut erinnern. Es war das Jahr der Wirbelstürme in den USA. Hurrikan „Katrina“ wütete über das Land und verursachte vor allem in New Orleans immense Schäden, 1800 Menschen starben. „Katrina“ allein verursachte Schäden von geschätzten 80 Milliarden Dollar. 2005 galt mit 220 Milliarden Dollar bislang als das teuerste Katastrophenjahr.

Doch 2011 kam es noch schlimmer: Kaum vorstellbare 380 Milliarden Dollar  (285 Milliarden Euro) haben Beben, Überschwemmungen und andere Unglücke gekostet. Noch nie haben Naturkatastrophen so hohe Schäden verursacht. Damit stieg die Schadensumme gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2005 um mehr als zwei Drittel. Die schlimmsten Ereignisse waren das Erdbeben sowie der Tsunami in Japan, das Erdbeben in Neuseeland sowie die Überschwemmungen in Thailand.

Negativrekord für Versicherer

Für einen Großteil dieser Schäden müssen Versicherungen gerade stehen. Und die versichern sich ihrerseits bei den Rückversicherern. In den Bilanzen der großen Rückversicherer schlagen Jahre wie 2011 also weite Schneisen der Verwüstung.

Die Aktienkurse der Rückversicherer

Allein die Erdbeben in Japan im März und in Neuseeland im Februar haben rund zwei Drittel der gesamten Schadensumme für 2011 verursacht. Ungewöhnlich sei auch die regionale Verteilung der Schäden: Rund 70 Prozent entfielen auf Asien. „Die teuerste Naturkatastrophe aller Zeiten“ sei das stärkste je in Japan registrierte Erdbeben und der davon ausgelöste Tsunami am 11. März gewesen, so die Munich Re. Die Versicherer sprachen von einem volkswirtschaftlichen Schaden von 210 Milliarden Dollar – und dabei waren die Folgen des Atomunglücks in Fukushima noch gar nicht mitgerechnet.

Dass das Jahr 2011 ungewöhnlich war, ist auch den Aktienkursen der Rückversicherer anzusehen. Auf Sicht der vergangenen zwölf Monate erreichten sie allesamt ihr Kurstief im September. Seitdem haben sich die Aktienkurse deutlich erholt – wenn auch unter starken Kursschwankungen.

Die drei Branchenführer

Doch die Rückversicherer schlugen sich im Jahr 2011 unterschiedlich gut. Vor allem die Munich-Re-Aktie erlebte nochmals eine scharfe Korrektur im November, auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist mit aktuell 8,7 das höchste unter den drei großen Rückversicherern. Und tatsächlich litt die Munich Re am meisten unter den Katastrophenjahr 2011. Den Konzern aus Bayern kosteten die Naturkatastrophen 4,5 Milliarden Euro. Hinzu kamen noch 1,2 Milliarden Euro an Abschreibungen auf Griechenland-Anleihen. Ohne den Gewinnbeitrag der Erstversicherungstocher Ergo wäre der Gewinnrückgang noch deutlicher ausgefallen. So reduzierte sich der Jahresüberschuss auf 712 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte der Gewinn noch bei 2,4 Milliarden gelegen. Ein Rückgang um rund 30 Prozent.

Hannover Rück behauptet sich

Überschwemmungen in Thailand 2011 Quelle: dpa

Dagegen kam die Nummer drei der Branche, die Hannover Rück, eher glimpflich davon. Der Nettogewinn fiel 2011 dennoch noch um 19 Prozent auf 606 Millionen Euro und konnte damit nicht an das Rekordergebnis aus dem Jahr zuvor anknüpfen, teile Hannover Rück heute mit. Dennoch senken die Niedersachsen im Gegensatz zur Münchener Rück die Dividende. Die Ausschüttung soll um 20 Cent niedriger ausfallen, insgesamt 2,10 Euro je Aktie. Dass das Ergebnis im Vergleich zum Branchenprimus besser ausfiel, lag vor allem an einer Steuererstattung in Höhe von 128 Millionen Euro sowie einem um zehn Prozent höheren Kapitalanlageergebnis. Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen gab es keine. Die Belastungen aus Naturkatastrophen, die bei der Hannover Rück den zweithöchsten jemals erzielten Wert ausmachten, summierten sich auf 980,7 Millionen Euro, nach 661,9 Millionen Euro im Vorjahr.

Schweizer mit bestem Ergebnis

Auf der Ergebnisseite machte der zweitgrößte Rückversicherer Swiss Re die beste Figur. Trotz immenser Schadenzahlungen konnten die Schweizer ihren Gewinn gegenüber dem Vorjahr auf 2,6 Milliarden Dollar verdreifachen. „Es war das Jahr mit dem höchsten ökonomischen Schaden für den Planeten“, sagte Konzernchef Michael Lies bei der Vorstellung der Zahlen Ende Februar. Swiss Re kosteten die Naturkatastrophen 3,4 Milliarden Dollar

Wie viel Dividende die Konzerne zahlen
Dax-Werte Quelle: dapd
Adiddas Quelle: dapd
AllianzDer Versicherungsriese Allianz will an der Dividendenhöhe nicht rütteln und wie im Vorjahr 4,50 Euro je Aktie ausschütten. Angesichts der niedrigen Bewertungen der Finanzwerte an der Börse ist die Dividendenrendite relativ hoch: knapp 5,0 Prozent. Hauptversammlung ist am 9. Mai. 100 Prozent der Allianz-Aktien sind im Streubesitz. Auch hier hält die BlackRock Inc. mehr als fünf Prozent der Anteile. Zum aktuellen Kurs-Chart Quelle: dapd
BASFDer Chemiekonzern hat vom Aufschwung profitiert und will die Dividende von 2,20 Euro im Jahr 2011 in dieser Dividendensaison auf 2,50 Euro je Aktie erhöhen -das ist mehr als erwartet. Die Dividendenrendite läge dann bei 3,81Prozent (gemessen am Kurs vom 5.3.2012). Über den Dividendenvorschlag stimmen die Aktionäre am 27. April ab. BASF ist das DAX-30-Unternehmen mit dem zweithöchsten Privatanlegeranteil in Deutschland. Rund ein Viertel der Aktien sind in Privathand. Größter Einzelaktionär ist – richtig - BlackRock Inc. mit 5,35 Prozent.Zum aktuellen Kurs-Chart Quelle: dpa
Bayer Quelle: dpa
Beiersdorf Quelle: AP
BMW Quelle: dpa

Allerdings haben dem Konzern unter anderem eine außergewöhnlich niedrige Steuerquote infolge der Umstrukturierung des Konzerns sowie die Auflösung nicht mehr benötigter Schadenreserven in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar geholfen. 2010 hatte noch eine an den legendären US-Investor Warren Buffett gezahlte Entschädigung das Ergebnis verhagelt. Marode Euro-Staatsanleihen spielten anders als bei der Konkurrenz keine Rolle. „Wir haben richtig investiert“, sagte Finanzchef Quinn. Swiss Re hat in seinen 151 Milliarden Dollar Anlagen kaum Anleihen der von der Schuldenkrise betroffenen Euro-Länder. „Das Ergebnis war insgesamt solide, auch wenn die Reserveauflösungen im vierten Quartal beträchtlich waren“, erklärte Analyst Daniel Bischof vom Broker Helvea. Sein Kollege Martin Schwab von der Bank Sarasin kommentierte: „Obendrein dürften die überzeugende Dividende und die Erklärungen zu möglichen Sonderdividenden vom Markt positiv aufgenommen werden.“ Swiss Re hat eine Dividende von drei Franken je Aktie sowie Sonderausschüttungen angekündigt.

Wer hat die Kosten im Griff?

Im direkten Vergleich der drei größten Rückversicherer ist vor allem die sogenannte Schaden-Kosten-Quote interessant. Ein Wert von mehr als 100 Prozent im Schaden/Unfall-Bereich zeigt an, dass die aufgewendeten Summen für die Schadenregulierung und die Verwaltungskosten nicht mehr durch die eingenommenen Versicherungsprämien gedeckt sind.

Die schlechteste Schaden-Kosten-Quote hatte 2011 die Munich Re mit 113,6 Prozent. Im Vorjahr hatte sie noch bei 100,5 Prozent, im Jahr 2009 bei 95,3 Prozent gelegen. Für den Marktführer eine ungünstige Entwicklung. Allerdings ist Konzern-Chef Nikolaus vom Bomhard davon überzeugt, dass wieder bessere Zeiten kommen. Eine solche Häufung von Naturkatastrophen wie 2011 gebe es statistisch nur alle 50 Jahre. Für das laufende Jahr planen die Münchener daher auch nur 1,3 Milliarden Euro für Schäden aufgrund von Naturkatastrophen ein.

Die Zentral der Swiss Reinsurance Company, kurz Swiss Re, Zürich Quelle: dpa/dpaweb

Bei der Hannover Rück stieg die Schaden-Kosten-Quote von 98.2 Prozent im Jahr 2010 auf 104,3 Prozent im vergangenen Jahr. Den besten Wert konnte die Swiss Re vorweisen: 101,6 Prozent. Im Jahr davor hatte sie noch bei 93,9 Prozent gelegen. Zu diesem Wert wollen die Schweizer im laufenden Jahr zurückkehren.

Unter dem Strich sind die Unterschiede zwischen den drei größten Rückversicherern nicht allzu groß. Anleger sollten aber Kurs-Gewinn-Verhältnis, Dividendenrendite und Schaden-Kosten-Quote im Blick behalten.

Generell hohe Dividenden

Während bei der Swiss Re der Konzernumbau der vergangenen Jahre im Hinblick auf die Profitabilität offensichtlich Früchte trägt, wird das Ergebnis durch die Reservenauflösung und Steuergutschriften auch geschönt. Bei den deutschen Konkurrenten hängt hingegen viel von der Geldanlagepolitik ab, die im vergangenen Jahr von Schuldenkrise und niedrigen Zinsen deutlich geprägt war. Allen Rückversicherern gemein ist eine im Vergleich zu anderen Branchen ungewöhnlich hohe Dividende, an der auch in schwierigen Jahren festgehalten wird – ein eindeutiges Plus für Anleger in unruhigen Zeiten.

Was die Aussichten für die Zukunft deutlich verbessert, ist die Tatsache, das nach einem Rekordkatastrophenjahr wie 2011 „das Risikobewusstsein“, wie es Munich-Re-Chef Bomhard nennt, deutlich zunimmt. Dementsprechend können die großen Versicherer auch deutlich höhere Versicherungsbeiträge durchsetzen. In Japan etwa dürften Erdbebenversicherungen um bis zu 50 Prozent teurer werden, schätzt man bei der Münchener Rück.

Auch bei der Hannover Rück wird ein Zuwachs bei den Bruttoprämien von fünf bis sieben Prozent vorgenommen, nachdem der Zuwachs schon 2011 bei knapp sechs Prozent lag. Bei der Swiss Re lag das Prämienplus nach Vertragserneuerungen im Januar bereits bei 20 Prozent. Auch im April und Juli sollen neue Verträge verhandelt werden.

Zumindest für die Rückversicherer gilt also: Nach einem Katastrophenjahr kommen auch wieder gute Zeiten.

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