
Frankfurt Angesichts der Euro-Schuldenkrise dürfte der Markt für Unternehmensanleihen in den kommenden Jahren deutlich anziehen. Während Investoren Staatsanleihen der meisten Euro-Länder nur noch mit spitzen Fingern anfassen und deshalb dankbar für Alternativen sind, werden Unternehmen bei Banken als Kreditgebern wohl zunehmend auf Vorbehalte stoßen.
„Uns dürfte ein Boom bei Corporates Bonds bevorstehen, weil es Unternehmen immer schwieriger haben werden, bei den Banken noch an Geld zu kommen“, sagt Karsten Rosenkilde, Fondsmanager für Unternehmensanleihen bei der DWS. Um sich gegen eine Zuspitzung der Euro-Krise zu rüsten, müssen die europäischen Finanzinstitute ihr Kapitalpuffer aufstocken.
„Es ist daher zu erwarten, dass die Institute ihre Kreditgeschäft eher zurückfahren als ausweiten werden“, erklärt Michael Köhler, Kreditstratege bei der LBBW.
Unternehmen haben Hausaufgaben gemacht
Allerdings geht der Anleihenexperte nicht davon aus, dass das Emissionsvolumen so deutlich steigen wird wie im Krisenjahr 2009. Damals hatte sich das Volumen von Bonds im Euro-Raum im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise mit 300 Milliarden Euro mehr als verdoppelt, wie aus einer Statistik der LBBW hervorgeht. In diesem Jahr wurden bislang Anleihen für insgesamt 123,1 Milliarden Euro platziert.
„Auf eine Kreditklemme sind die Unternehmen anders als vor zwei Jahren besser vorbreitet“, prognostiziert Köhler. „Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht und aus der Krise gelernt: Die Verschuldung wurde deutlich reduziert, die Cash-Quote erhöht.“
Die Unternehmen seien heute nicht so unter Druck, dass sie sich unbedingt frisches Geld beschaffen und in Scharen Anleihen begeben müssten. Neben der drohenden Kreditklemme dürfte aber auch der Mangel an Anlagealternativen Investoren verstärkt in den Corporate-Bonds-Sektor treiben.
„Sicherheitsorientierte Anleger werden zunehmend Staatsanleihen meiden und sich liquiden Unternehmensanleihen zuwenden - vor allem von potenten und sicheren Emittenten, die eine größere Sicherheit versprechen als die Anleihen diverser bisher als sicher geltender Staaten“, sagt Eckart Keil vom Anlageberater Premium Pearls.
Misstrauen gegenüber Staatsanleihen wächst
Das Misstrauen vieler Investoren gegenüber dem Krisenmanagement der Politik hat inzwischen auch die Papiere der wirtschaftlich starken Länder Europas - Frankreich, Niederlande oder Österreich - erreicht. Am Dienstag hatten sich die Anleger in großem Stil von den Anleihen dieser Staaten getrennt.
In Anleihen großer Unternehmen dürften Anleger dagegen vor allem einen Vorteil sehen: „Sie wissen, das die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr Geld nicht wiedersehen, gering ist“, sagte DWS-Fondsmanager Rosenkilde.
Denn breit aufgestellte Unternehmen, wie bei vielen Dax-Konzernen der Fall, hängen nicht allein vom schuldenkrisengeplagten europäischen Heimatmarkt ab. „Sie haben zum Beispiel auch große Absatzmärkte in den Schwellenländern, die weiterhin starke Wachstumstreiber sind.