DSW-Watchlist Welche Konzerne das meiste Kapital vernichten

Von den Rekorden an der Börse profitieren längst nicht alle, wie die neue "Watchlist" der DSW-Anlegerschützer zeigt. Wo besonders viel Kapital in den Sand gesetzt wird.

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Die Lieblingsaktien der Privatanleger

Eigentlich herrschte an den Börsen zuletzt Hochstimmung. Der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sei dank erreichten die Indizes immer neue Höhepunkte. Grundsätzlich schwimmt es sich im Sog dieser allgemeinen Euphorie gut mit, das gute Kapitalmarktumfeld könnte so manche individuelle Schwäche überdecken.

Dass es auch langfristig Unternehmen gibt, an denen die Euphoriewelle vorbeizieht, zeigt die aktuelle Watchlist der Anlegerschutzvereinigung DSW. Dort finden sich die größten "Kapitalvernichter" wieder, also Konzerne, deren Aktienkurs sich zuletzt nur negativ entwickelt hat. Zum Vergleich: der Dax hat im vergangenen Jahr um vier Prozent zugelegt, innerhalb der vergangenen fünf Jahre liegt das Plus sogar bei mehr als 60 Prozent. Bei den Kapitalvernichtern dagegen liegt der Kursrückgang allein für 2014 bei 33 Prozent, über fünf Jahre sind es sogar 58 Prozent.

Die DSW Kapitalvernichter 2015

Seit 2001 stellt die Anlegerschutzvereinigung DSW eine sogenannte "Watchlist" zusammen, auf der die größten Kapitalvernichter der Börse aufgeführt werden - die 50 Konzerne, deren Kurse in den vergangenen Jahren am stärksten gesunken sind und die damit das meiste Kapital ihrer Anleger verbrannt haben. Gelistet werden nicht nur Konzerne aus den großen Börsenindizes wie Dax oder MDax, sondern aus dem gesamten Prime Standard-Segment der Deutschen Börse. Analysiert werden Unternehmen, die mindestens fünf Jahre dort gelistet sind, Hauptkriterium ist der Aktienkurs. Die langfristige Betrachtung über fünf Jahre soll sicherstellen, dass kurzfristige Schwankungen nicht mehr als nötig ins Gewicht fallen.

An der Spitze der Liste finden sich einmal mehr die Solarindustrie. Die rote Laterne hält Solarworld. Das Bonner Unternehmen drückte seinen Anteilseignern allein 2014 ein Kursminus von knapp 82 Prozent auf. Mit Aleo Solar und Phoenix Solar ist die Branche mehrfach unter den ersten zehn Kapitalvernichtern vertreten. Dabei wurden insolvente Unternehmen aus der Analyse herausgerechnet. Anderenfalls hätte Centrosolar den ersten Platz eingenommen, noch vor Solarworld.

Auf dem zweiten Platz liegen mit einem Minus von 97,4 Prozent im Fünfjahreszeitraum die Aktien von Asian Bamboo. "Das ist eine der Chinaaktien, von denen sich die Anteilseigner geradezu märchenhafte Gewinne versprachen", erklärt DSW-Geschäftsführer Tüngler. Die Zahlen zeigten aber, dass es dazu nicht gekommen sei. Der chinesische Agrarentwickler verwaltet unter anderem Bambusplantagen. Vor wenigen Tagen teilte das Unternehmen mit, dass beim Amtsgericht Hamburg mehrere Insolvenzanträge gegen Asian Bamboo gestellt wurden.

Mehrere Dax-Werte vertreten

Auch in diesem Jahr sind mehrere Konzerne aus der ersten Börsenliga in der Liste vertreten. Wie in den Vorjahren sind die Commerzbank, die Versorger RWE und E.On sowie K+S dabei. Retten konnte sich dagegen ThyssenKrupp, der Stahlriese ist 2014 nicht mehr auf der Watchlist vertreten.

Die Ausschüttungen der Dax-Konzerne

Gegenüber dem Vorjahr konnten sich allerdings alle Dax-Konzerne deutlich verbessern. Die Commerzbank lag 2014 noch auf Platz 9, mittlerweile findet sich die zweitgrößte deutsche Bank auf dem 32. Rang wieder. Was nach einem Erfolg klingt, ist wohl auch dem mittelmäßigen Abschneiden der Konkurrenz geschuldet. Denn trotz Rekordjagd an der Börse und einer expansiven Geldpolitik, die eigentlich gerade Finanzwerte antreiben sollte, stagniert die Aktie seit rund einem Jahr.

Zwar machte die Bank deutliche Fortschritte - der Gewinn konnte 2014 auf 264 Millionen Euro gesteigert werden -, allerdings bleibt es unruhig. Zuletzt sorgte ein Vergleich mit den US-Behörden wieder für Zuversicht bei den Anlegern. Die Strafe in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar für Sanktionsverstöße trifft das Geldinstitut zwar hart, Analysten sahen es aber als positiv an, dass dieser Streit aus der Welt geschaffen wurde und die Bank sich wieder auf ihr Geschäft konzentrieren könne.

Es sind weiterhin die regulatorisch betroffenen Branchen, deren Aktienkurse sich nicht so entwickeln, wie es sich die Anleger wünschen. Denn mit der Deutschen Bank kommt auch der Dax-Neueinsteiger der diesjährigen Watchlist aus der Finanzbranche. Erstmals ist auch die Deutsche Bank unter den Kapitalvernichtern, auf Platz 41 mit einem Kursminus von knapp 42 Prozent in den vergangenen fünf Jahren wird sie von der DSW aufgeführt.

von Anton Riedl, Frank Doll, Heike Schwerdtfeger

Traditionell gelten ausgewählte Papiere der Watchlist als gute Turnaround-Kandidaten. Wer schon im Keller ist, kann kaum noch anders, als nach oben klettern. Selbstverständlich gilt das nicht für alle Papiere, nur wenige Unternehmen mit funktionierenden Geschäftsmodellen können eine Wende schaffen.

Die Deutsche Bank könnte in diesem Jahr dazugehören. Derzeit verdichten sich die Gerüchte, die Bank könnte ihr Filialgeschäft inklusive der Postbank abspalten und möglicherweise an die Börse bringen. Anleger zeigten sich zunächst offen für dieses Modell, als am Montag dieser Woche entsprechende Meldungen aus einer Aufsichtsratssitzung der Bank über die Nachrichtenticker flimmerte, lag die Aktie gut zwei Prozent im Plus. Innerhalb der vergangenen sieben Tage kletterte das Papier um mehr als sechs Prozent und damit deutlich stärker als der Dax.

Dividendenaktien gefragt

Ein sicherer Turnaround-Kandidat ist die Bank damit aber längst nicht, zumal nicht feststeht, welche Strategie tatsächlich gewählt wird. Außerdem stehen weitere Rechtstreitigkeiten an, ab April steht unter anderem Co-Chef Jürgen Fitschen in München vor Gericht und muss sich dem Vorwurf des Prozessbetrugs im Fall Kirch stellen. Die zahlreichen Baustellen der Vergangenheit zeigen, dass eine "sichere Bank" aus Anlegersicht anders aussieht.

Diese Aktien schockieren Börsianer

Weiterhin ist die Liebe der deutschen Anleger für Aktien verhalten. 13,1 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren besitzen Aktien, rund 8,4 Millionen Deutsche. "Ich gehe davon aus, dass auch die Hausse der letzten Monate wieder weitgehend unter Ausschluss der deutschen Privatanleger stattgefunden hat", sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW. Die Deutschen sparten weiterhin vorwiegend mit verzinslichen Produkten und verlören damit viel Geld. Das sei gerade im Hinblick auf den notwendigen Aufbau einer privaten Altersvorsorge katastrophal.

Für sein Anlegerbarometer hat die DSW fast 650 Privatanleger zu ihrem Anlageverhalten befragt. Davon haben gut 53 Prozent ihren Aktienanteil im Portfolio gegenüber dem Vorjahr erhöht, die große Mehrheit gibt an, gute Erfahrungen mit Aktien gemacht zu haben. Da sich die Umfrage allerdings an erfahrene und aktienaffine Privatanleger richtete, sind die hohen Zustimmungswerte angesichts der Kursentwicklung in den vergangenen Monaten wenig überraschend.

Auf die Liste der Lieblingsaktien unter Privatanlegern haben es vor allem Konzerne geschafft, die für regelmäßige und hohe Ausschüttungen bekannt sind. Auf Rang 5 liegt die Münchener Rück, einer der verlässlichsten Zahler im Dax, ebenso wie Nestlé. Auch der Schweizer Nahrungsmittelkonzern wird von Anlegern wegen der hohen Dividenden geschätzt. An die Spitze der Lieblingsaktien hat es Chemiekonzern BASF geschafft, der Börsenkurs der Ludwigshafener klettert seit Jahresbeginn nahezu ohne Pause. Zuletzt wurde bekannt, dass der Konzern sein Ergebnis im vierten Quartal 2014 noch mal steigern konnte, auch das beflügelte die Aktie. Auf der Hauptversammlung Ende April will der Vorstand eine Dividende von 2,80 Euro je Aktie vorschlagen, gemessen am Jahresschlusskurs 2014 ergibt das eine Dividendenrendite von vier Prozent.

Besonders bei risikoaversen Anlegern sind dividendenstarke Aktien beliebt. Zuletzt wurden solche Dividendenaristokraten, also Aktien, die über viele Jahre hinweg eine regelmäßige und nennenswerte Ausschüttung lieferten, als Ersatz für Anleihen angepriesen, deren Zins aufgrund der expansiven Geldpolitik EZB stark gesunken ist.

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