Die Ökostrom-Förderung in Deutschland soll ab 2017 schrittweise umgestellt werden. Mit der Reform soll der Ökostrom-Anteil bis 2025 auf bis zu 45 Prozent steigen. Die Abhängigkeit der Ökostrombranche vom Wohlwollen der Politik ist noch immer gewaltig. Der Preiskampf mit der Konkurrenz aus Fernost erodiert die Margen.
Momentan werden Windkraftanlagen noch über einen festgelegten Abnahmepreis für Strom gefördert. Diese Subvention wird in den nächsten Jahren auf ein Ausschreibungsverfahren umgestellt: Wer die geringste öffentliche Unterstützung verlangt, erhält dann den Zuschlag. Bund und Länder haben sich geeinigt, an Land einen Zubau von 2800 Megawatt jährlich festzulegen. Das entspricht einer Menge von rund 1000 Windrädern.
Der gesamte Markt muss sich auf veränderte Bedingungen einstellen. Für Anleger, die in den Bereich erneuerbare Energien investieren wollen, liegen bei der Auswahl der aussichtsreichsten Aktien Chancen und Risiken dicht beieinander. Nach schwierigen Jahren ist es daher an der Zeit, sich die interessantesten Aktien genauer anzusehen.
Strohfeuer bei Windkraftaktien?
Die regulatorischen Veränderungen könnten in Deutschland kurzfristig einen Boom bei Neuinstallationen von Windkraftanlagen auslösen, um die mit der Umstellung verbundenen Unsicherheiten und Mehrkosten zu umgehen. Nach einer Phase der Konsolidierung mit vielen Pleiten teilen sich heute nur noch wenige globale Spieler den Markt auf. Größe am Markt zählt. Der deutsche Windturbinenbauer Nordex hat das erkannt und zur Strategie gemacht. Im Herbst vergangenen Jahres gab die Konzernführung bekannt, die Windkraftsparte AWP des spanischen Mischkonzerns Acciona für 785 Millionen Euro zu übernehmen. Seit der kartellrechtlichen Freigabe Anfang April ist das Geschäft in trockenen Tüchern, und die Branche hat einen neuen Riesen.
Für Nordex gab es am vergangenen Mittwoch noch mehr gute Nachrichten: Beflügelt von einem positiven Analystenkommentar hat die Nordex-Aktie am Mittwoch die Spitze des Technologieindex TecDax erobert. Goldman Sachs erhöhte das Kursziel auf 38 Euro von zuvor 31 Euro und nahm Nordex in die „Conviction Buy List“ besonders aussichtsreicher Aktien auf. Die Papiere legten am Mittwoch um bis zu 5,9 Prozent auf 27,07 Euro zu. Damit notierten sie so hoch wie seit zehn Wochen nicht mehr. Bis Freitagnachmittag stieg der Kurs auf 28 Euro..
Gefreut hat die Börsianer auch eine Personalentscheidung. Von Konkurrent Siemens wirbt Nordex einen neuen Finanzvorstand ab. Der 52 Jahre alte Christoph Burkhard werde am 1. September zu den Hamburgern stoßen, teilte das Unternehmen mit. Damit ist die Besetzung dieser wichtigen Position endlich geklärt.
Boom bei Windkraft erwartet
Vestas senkt Gewinnerwartung
Auch der dänische Hersteller Vestas, größter Windkraftanlagenbauer in Europa, hat volle Auftragsbücher. Wie Konkurrent Nordex verdienen die Dänen einen großen Teil ihres Geldes im Ausland. Ein Drittel des Umsatzes wurde zuletzt außerhalb Europas erzielt.
Goldman Sachs hat die Aktie Anfang der Woche allerdings von der "Conviction Buy List" gestrichen. Zwar wird die Kaufempfehlung aufrechterhalten, das Kursziel wurde aber von 580 auf 560 dänische Kronen (etwa 75,20 Euro) gesenkt. Derzeit notiert das Papier bei 64,67 Euro (Stand 3. Juni, 12:00 Uhr).
Zwar hat sich Vestas in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gut entwickelt. Das neue Kursziel geht aber auf die gesenkten Gewinnschätzungen zurück. Es fehlt kurzfristig an positiven Signalen. Am 18. August wird Vestas neue Zahlen zum operativen Geschäft vorlegen.
Steuervorteile in den USA
Auch die steuerliche Bevorzugung von Ökostrom-Unternehmen in den USA ist kürzlich bis mindestens 2020 verlängert worden. Unternehmen wie Vestas und Nordex könnten davon profitieren. Längerfristig sehen Branchenexperten die gesamte Windenergiebranche als Gewinner.
Niemand stellt derzeit mehr Windräder her als das Unternehmen Goldwind aus China. Die agieren aber fast nur am Heimatmarkt und sind sehr intransparent. Wie die Auftragsvergabe dort erfolgt, ist schwer zu durchblicken und die Abhängigkeit von der Staatsführung ist hoch. Für ein Investment scheint Goldwind daher eher ungeeignet. Mit Siemens und General Electric sind noch zwei alte Industriegiganten stark im Markt vertreten. In deren Windkraftsparten lässt sich aber nicht direkt investieren, sie sind nicht börsennotiert; der Anteil am Gesamtgeschäft der beiden fällt mit sieben Prozent Umsatzanteil bei Siemens zum Beispiel recht gering aus. Für Anleger mit Ökostromfokus scheiden diese Unternehmen daher aus.
Schwere Zeiten für Solar-Unternehmen
Die Solarstrom-Branche klagt
Solaraktien bleiben für Anleger vorerst noch ein vermintes Gebiet. Noch immer tut sich die Branche sehr schwer. Nach dem Treffen von Bund und Ländern zur Novelle des EEG fordert der Bundesverband für Solarwirtschaft die Politik auf, in den nächsten Wochen die Entwürfe deutlich nachzubessern. Auf der Basis der am Donnerstag im Kanzleramt erzielten Verhandlungsergebnisse sei die angestrebte Wiederbelebung der Photovoltaik-Nachfrage nicht erreichbar. In Deutschland gehen die Investitionen in kleine Photovoltaik-Anlagen zurück, seit die 20-jährige Einspeisevergütung gesenkt wurde. Wurden 2010 in Deutschland noch 18,5 Milliarden Euro investiert, waren es 2014 nur noch 2,3 Milliarden.
Vor einem weiteren Markteinbruch bei der Photovoltaik warnt auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig klagt: „Ausgerechnet jetzt, wo Solarenergie preiswert geworden ist und sie als unverzichtbarer Klimaschützer gefragt wäre, droht der Solarenergie in Deutschland ein Schattendasein.“
Einfach ist der Solar-Markt nicht. Viele derer, die zunächst als Gewinner des ersten Booms galten, sind heute verschwunden. Der Hype brachte enorme Investitionen, allzu großzügige Subventionen stimulierten die Nachfrage zusätzlich.
Solarworld nicht nachhaltig in der Gewinnzone
Mit Solarworld gibt es nur noch einen international gewichtigen Hersteller von Solar-Modulen in Deutschland. Auch die Speicherung von Solarstrom und die Elektromobilität gehören zum Geschäft der Bonner. Von Dezember 2004 bis März 2013 war die Aktie im TecDax notiert, inzwischen im ÖkoDax.
2014 erzielte der Konzern erstmals seit 2010 wieder einen Überschuss. Doch noch immer schafft Solarworld es nicht, nachhaltig Gewinne zu erwirtschaften. Und auch ein Prozess in den USA bedroht nun die Existenz von Solarworld. Der US-Konzern Hemlock Semiconductor hat eine Solarworld-Tochter auf rund 750 Millionen Dollar verklagt – Ausgang ungewiss. Der Ausblick für die Solarworld-Aktie ist durchwachsen.
SMA wieder profitabel
SMA Solar Technology mit Hauptsitz im nordhessischen Niesetal ist der weltweit umsatzstärkste Hersteller von Wechselrichtern für Photovoltaikanlagen. Diese wandeln den Gleichstrom der Solaranlage in haushaltsüblichen Wechselstrom um. Auch SMA ist im ÖkoDax gelistet. Die USA, wo SMA ein Produktionsstandort mit 400 Mitarbeitern betreibt, steht mittlerweile für 40 Prozent des Jahresumsatzes von rund einer Milliarde Euro. Nach verlustreichen Jahren und hartem Sanierungskurs ist SMA inzwischen wieder profitabel. Von den Analysten bei Independent Research gibt es weiterhin eine Kaufempfehlung.
JinkoSolar günstig bewertet
Mit einer Nennleistung von 2,94 Gigawatt ist der chinesische Hersteller JinkoSolar der weltweit drittgrößte Hersteller. In der vergangenen Woche konnte das Unternehmen mit sehr guten Zahlen für das erste Quartal glänzen. Die Erwartungen der Analysten wurden damit größtenteils übertroffen. Den Anlegern aber war das trotz optimistischer Prognosen für den weiteren Verlauf des Jahres offenbar zu wenig, die Aktie verlor drei Prozent.
Wegen seiner guten Position auf dem US-Markt dürfte JinkoSolar die momentane Nachfrageschwäche in China aber besser verkraften können als die Konkurrenz. Mit einem KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von etwa vier ist JinkoSolar noch immer sehr günstig bewertet. Riskant ist die Aktie dennoch, der Markt verändert sich mitunter sehr schnell und der Kostendruck lastet auf allen Bewerbern.