Elsässers Auslese

Gehört Ethik ins Aktiendepot?

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Blick in die abendliche Familienrunde

Die Nestlé-Aktie genießt einen guten Ruf als langfristige Anlage. Auf Facebook wird die Anzahl der Stimmen immer lauter, die den Aufkauf von Wasserquellen in den Entwicklungsländern und in den Vereinigten Staaten von Amerika kritisch beäugen. Nach dem Motto: „Nestlé gräbt den armen Menschen das Wasser ab, um es danach in teuren Flaschen zu verkaufen“. An der Börse sind solche Stimmungslagen durchaus ernst zu nehmen. Ich könnte mir vorstellen, dass ich in der nächsten Familien-Anlageausschuss-Sitzung mich mit meiner positiven Einschätzung der Nestlé-Aktien nicht mehr durchsetzen kann. Und so etwas kann ja auch in Kalifornien in der großen Pensionskasseneinrichtung passieren. Das hätte dann schon Auswirkung auf den Kurs der Nestlé-Aktie.

Der Verlauf der Nike-Aktie ist eine tolle Erfolgsstory. Doch was wird das FIFA-Debakel im Fußballgeschäft noch alles an das Tageslicht bringen? In Brasilien liegen erste Anschuldigungen gegen Nike vor.

Wäre es möglich, dass hier nicht nur die Verbandsspitze, sondern eine ganze Branche im Sumpf steckt? Was wäre dann mit Adidas? Aus meiner Erfahrung kommt es bei dem Umgang mit Kapital durchaus auf eine eigene und klare Linie an. Ohne feste Prinzipien und Grundsätze wird der Geldanleger und Aktionär auf Dauer hin und her geschüttelt. Ihm wird die Ruhe und Gelassenheit fehlen, da er ohne inneren Halt und vom außen gesteuert durch die Börsenwogen geschoben wird.

Es lohnt sich von daher, zu seinen eigenen ethischen Eckpfeilern zu kommen. Man weiß, wo man hingehört und wo eben nicht. Das trägt zu einem fundamentalen Wohlgefühl bei. Vorsichtig wäre ich immer dann, wenn bei Fonds, Banken oder Vermögensverwaltern die tolle „Ethik“ als Marketing Instrument im Vordergrund der Investmententscheidung steht. Das gesunde kaufmännische Wirtschaften muss immer die Basis der Aktienanlage sein. Dies kann nicht durch eine noch so gut gemeinte soziale Einstellung kombiniert mit wirtschaftlichem Misserfolg kompensiert werden. Wer partout bestimmte Projekte oder Entwicklungen fördern möchte, an denen man kein Geld verdienen kann, der sollte besser das Geld dafür spenden.

Zum Abschluss noch eine kleine Geschichte, die meinem Geschäftsfreund kürzlich passiert ist. Er hat seinen seit Jahren überdurchschnittlich erfolgreichen Value-Fonds einer kirchlichen Organisation vorgestellt. Die Vermögensrenditen liegen dort seit Jahren schlecht. Wegen der geringen Kapitalerträge müssen Kindergärten geschlossen werden, die Organisation hat Probleme mit dem jährlichen Cashflow.

Man war zunächst von dem Value-Fonds sehr angetan. Bis man im Anlageausschuss plötzlich stutzte. Der Value-Fonds meines Freundes hält im Portfolio seit Jahren die Aktie von Reckitt Benckiser (eine der besten und zuverlässigsten Aktien der letzten Jahre). Reckitt Benckiser verfügt über eine breite Palette von Konsum-Markenartikeln, wie zum Beispiel Calgon, Finish, Woolite, Hofmanns Stärke, Veed, Kukident, Scholl und viele andere etablierte Marken. Unter anderem aber auch die Marke „Durex“. Da hiess es: „Aber die stellen doch Kondome her! Nein, in so einen Aktienfonds können wir nicht investieren!“

Lieber lässt man das Kapital schlecht wirtschaften und kürzt die Ausgaben, nach Maßgabe einer beauftragten McKinsey Studie. So viel zum Thema: Ethik über alles! Und wie sieht es mit Ihrem Ethik-Modell bei Ihren Geldanlagen aus? Haben Sie sich schon Gedanken gemacht? Ihre Meinung interessiert mich.

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