Elsässers Auslese

Woran Anleger globale Champions erkennen

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Geschäftsführer und Eigentümer wollen oft nicht in neue Märkte

Viele Geschäftsführer oder auch Eigentümer von Unternehmen scheuen die langfristigen Anlaufverluste bei der Eroberung neuer Märkte. Besonders der Vorstandsvorsitzende, der in ein paar Jahren pensioniert und gleichzeitig stark gewinnabhängig vergütet wird, ist ein gefährlicher „Kantonist“. Hat er die freie Wahl, so wird er wenig Neigung verspüren, eine Kürzung seines Bonus-Schecks hinzunehmen – nur weil Burma nun erschlossen werden soll, mit einer Payback Periode von zehn Jahren.  

Das gleiche gilt für die Geschäftsführer, die nur „auf Zeit“ mit einer Söldnermentalität, von Job zu Job springen – als gern gesehene Lieblinge der Headhunter. Ich habe es selbst erlebt, wie der Einfallsreichtum auf höchster Organisationsebene, warum es sich eben nicht lohnt Burma „zu erobern“, keine Grenzen kannte.

Drei wichtige Erfolgsfaktoren

Gott lob, gibt es aber eine Vielzahl von Unternehmen, in denen doch weitsichtig und strategisch über den Tellerrand geschaut wird. Für den Aufbau einer internationalen Organisation sind dann drei Punkte zu beachten:

1.  Bei der Personalrekrutierung müssen im vorhin systematisch Mitarbeiter angeworben werden, die das Potential zum Auslandseinsatz besitzen. Hier gilt es, eine Art Personalreserve aufzubauen. Das kostet Geld.

2.  Durch jahrelanges Training, viele Reisen und Schulungen müssen diese Mitarbeiter an das Thema herangeführt werden. Zu empfehlen sind „Auslands-Testeinsätze“ für ein oder zwei Jahre bei Korrespondenzpartner-Unternehmen. Nur so lässt sich ein erfolgsversprechender Personaleinsatzplan entwickeln, der die Auslandstauglichkeit der Mitarbeiter berücksichtigt.

3.  Die Anreize, den wohlig warmen Herd der Heimat mit Familie zu verlassen, müssen ganz klar im Unternehmen gesetzt und kommuniziert werden. Wer sich in das Auslandsabenteuer in ferne Länder begibt, der muss finanziell großzügig entschädigt werden und sich gleichzeitig auf der „Karriereleiter“ befinden.  

Kosten sind Hauptthema bei der Expansion

Sie werden sagen, dass das doch selbstverständlich ist. Keineswegs. Ich werde nie vergessen, wie mir bei einem Zwischenstopp in Hong Kong ein deutscher Freund sein Leid klagte. Er war für ein DAX-Unternehmen in Peking leitend tätig. Er verfügte über exzellente Sprachkenntnisse (Chinesisch und Japanisch fließend!) und jahrzehntelange Asienerfahrung. Der Mann war genau der richtige auf dem Job.

Er hatte gerade den jährlichen Besuch seines Konzernvorstands hinter sich. Emotional aufgewühlt, berichtete er mir, wie er von seinem „Oberen“ in den Schwitzkasten genommen wurde. Der deutsche Vorstand war in seinem Leben nur zweimal umgezogen: Von Bonn ins Rhein-Main-Gebiet. Mit diesem Background war er kürzlich zum Auslands-Konzernvorstand ernannt worden.

In giftiger Atmosphäre wurde meinem Freund in Peking stundenlang zum Vorwurf gemacht, wie es sein könnte, dass seine Firmenwohnung in Peking weit mehr kostete, als das Einfamilienhaus des Vorstands im geliebten Bad Godesberg. Die Tatsache, dass der Auslandsmitarbeiter höhere Kosten verursachte, als das Vorstandsgehalt des Vorgesetzten in der Heimat, war das eigentliche Thema des Besuchs in Peking. Gespräche über das Kundengeschäft waren sekundär.

Dies ist eine Geschichte aus dem wahren Leben einer gut beleumundeten Aktiengesellschaft. Wenn Sie mir nicht glauben, gebe ich Ihnen gerne die Telefonnummer meines Freundes in Hong Kong. Sie haben richtig gelesen: Hong Kong. In Peking ist er zwischenzeitlich nicht mehr anzutreffen. Er arbeitet jetzt für ein amerikanisches Unternehmen als Asienchef.

Dr. Elsässer legt eine kreative Sommerschreibpause ein. Die nächste Auslese erscheint Ende August 2016.

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