Alfred Nobel war ein weitsichtiger Mann. Er hatte erkannt, dass eine Stiftung nur dann die Zeiten überstehen und wirken kann, wenn man sie nicht unter dem Eindruck des eigenen Zeitgeschehens einengt. Kein noch so erfolgreicher Unternehmer kann voraussehen, welche Konstellationen in 50 oder 100 Jahren vorliegen werden. In seinem Testament hat er nur wenige Details festgelegt.
Wer ein Stiftung ins Leben rufen möchte oder für die Geschicke einer Stiftung verantwortlich ist, sollte zunächst auf den richtigen Standort achten. Die staatlichen Rahmenbedingungen sind unterschiedlich. Eine Stiftung ist dort anzusiedeln, wo eine freie Kapitalanlage ohne gesetzliche Einschränkungen möglich ist und Rechtssicherheit geboten wird.
Am Beispiel der Nobel-Stiftung sieht man, wie wichtig Freiräume in den Statuen der Stiftung sind. Noch so gut gemeinte Vorgaben können nur unter dem Eindruck der aktuellen Lebensbedingungen gegeben werden, führen jedoch zu einer „Vergewaltigung“ des Kapitals.
Risiken aktiv entgegentreten
Während in Deutschland das Geld zweimal komplett entwertet wurde, durch kriegsbedingte Zerstörung und Enteignung die Kapitalien einer ganzen Bevölkerung vernichtet wurden, gelang es der Nobel-Stiftung zu überleben. Dies macht deutlich, wie wichtig eine Abkehr vom „Kirchturmdenken“ ist. Auch für Stiftungen gelten uralte, gesunde kaufmännische Regeln. Zu einem aktiven Umgang mit Risiken gehört ein systematischer Denkansatz „über den Tellerrand“ hinaus. „Nie alle Schiffe auf einer See“, lautet eine meiner Lieblingsregeln aus dem Kaufmann von Venedig. Nicht auf eine Detailversessenheit in Finanzmathematik und Indices kommt es an, sondern auf das rechte Augenmaß sowie die richtige Einschätzung der großen Bewegungen im Weltgeschehen. Nur so kann man dem schutzbefohlenen Kapital einer Stiftung gerecht werden.
Wer nicht bereit ist, sich mit großem Enthusiasmus und Einsatz einer solchen Aufgabe zu stellen, sollte von einer Gründung (oder Führung) einer Stiftung Abstand nehmen. Als Ernst zu nehmende Alternative bietet sich dann das gezielte, systematische Spenden an.
Mir imponiert die Ehefrau meines Schulfreundes. In Bezug auf ihr Vermögen in Höhe von vielen hundert Millionen Euro, sagt sie immer: „Am besten verschenken wir eines Tages alles“.
Beide Ansätze haben ihre Berechtigung und sind vielleicht einen Gedanken wert für Kapitalbesitzer, die im neuen Jahr Gutes vorhaben. Es ist gar nicht so schwer. Ehrlich mit sich selbst den eigenen Standpunkt klären und dann nur Mut. Alfred Nobel hat es geschafft. In diesem Sinne einen guten Start in ein spannendes 2016.