Emmanuel Roman bei Allianz-Tochter Pimcos Mann für neue Wege

1,5 Billionen Dollar Vermögen verwaltet Pimco. Emmanuel Roman soll als neuer Chef jetzt Mittelabflüsse stoppen – er führte bislang einen Hedgefonds. Diese Herausforderungen erwarten ihn bei der Allianz-Tochter.

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Ab November soll er die Geschicke von Pimco von Kalifornien aus lenken. Quelle: Jiri Rezac

Seinen Aufstieg bei seinem ersten Arbeitgeber Goldman Sachs hat er einst mit diesen Worten beschrieben: „Es ist manchmal gut, wenn man in seinem Job nicht sonderlich gut ist“, sagte Emmanuel Roman. Das habe dazu geführt, dass er schnell von einer Position zur nächsten gewechselt sei. Nach gut zehn Jahren, Ende der 1990er-Jahre, hatte Roman sich so zum Partner bei der US-Investmentbank hochgearbeitet.

Eine gehörige Portion Understatement hat sich der 52-Jährige bis heute bewahrt. Häufig spricht er in Interviews darüber, wie wichtig Glück ist und nicht Können allein, um erfolgreich zu sein. Doch Roman hat auch bewiesen, worin er richtig gut ist: Als Chef des weltweit größten börsennotierten Hedgefonds Man Group hat er das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren aus der Krise geführt – etwa mit einer Reihe von Zukäufen, mit denen er das Geschäft und das verwaltete Vermögen deutlich ausbaute.

Ein ähnliches Erfolgsrezept braucht er jetzt für seine neue Aufgabe: Roman wird Chef der Allianz-Tochter Pimco, wie das Unternehmen am Mittwoch verkündete. Die US-Fondsgesellschaft ist einer der weltweit größten Spezialisten für Staatsanleihen. Pimco hat sich allerdings bis heute nicht vom Abgang des Mitgründers Bill Gross und von Mohamed El-Erian, dem einstigen Vorstandschef, erholt. Beide überwarfen sich und verließen das Unternehmen 2014.

Zwar hat Pimco schon vorher geschwächelt. Vor allem das lange von Investorenlegende Gross verantwortete einstige Vorzeigeprodukt Total Return Fonds. Erstmals seit Jahrzehnten kämpfte der Fonds 2013 mit Verlusten. Als El-Erian und Gross das Unternehmen verließen, kam Pimco in schwere Turbulenzen. Innerhalb von drei Jahren haben Investoren rund 500 Milliarden Dollar Vermögen abgezogen. Derzeit verwaltet das Fondshaus 1,5 Billionen Dollar. Auch die Rendite des einstigen Stars der Allianz ist geschrumpft.

Pimcos Ruf ist durch einen Streit mit Gross über sein Vergütungspaket, Schlagzeilen über Intrigen und eine fragwürdige Führungskultur weiter ramponiert worden. Parallel dazu wurde das Geschäft wegen niedriger Zinsen schwieriger. In der Branche ist klar: „Eine Konzentration auf die Tiefzinsbereiche reicht nicht mehr“, sagt Matthias Hübner, Partner bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman und Experte für Vermögensverwaltung. „Man braucht heute das gesamte Anleihespektrum, alle Bonitäten, alle Laufzeiten, alle Regionen und Emittentengruppen.“ (siehe Interview).

Douglas Hodge, der El-Erian als Pimco-Chef nachfolgte, hat sich zwar um Schadensbegrenzung bemüht. Doch die Mittelabflüsse konnte er bisher nicht stoppen. Der Total Return Fund kämpft mittlerweile 38 Monate in Folge damit, dass Investoren mehr Geld abziehen, als neues hinzukommt. Pimco hat auch mit einer Sparwelle auf die Probleme reagiert und Stellen abgebaut. Derzeit beschäftigt der Vermögensverwalter etwa 2 300 Mitarbeiter. „Nach und nach ist die Einsicht gereift, dass wir jemanden an der Spitze brauchen, der neue Wege geht und mehr Schwung in das Unternehmen reinbringt“, heißt es aus dem Umfeld des Unternehmens. „Zudem sind die Lücken, die die Abgänge von Gross von El-Erian gerissen haben, nie richtig gefüllt worden.“

Die Entscheidung ist offenbar auch auf Druck des Mutterkonzerns gefällt worden. So hat die Allianz das Pimco-Management bereits vor einigen Monaten aufgefordert, im zweiten Halbjahr endlich den Mittelabfluss aus Pimco-Fonds zu stoppen. „Das ist Wunsch, Anspruch und Forderung an das Management, aber auch eine realistische Erwartung“, sagte Allianz-Finanzvorstand Dieter Wemmer damals.

In Kreisen des Versicherungskonzerns hieß es am Mittwoch, durch den Wechsel werde endlich wieder jemand mit Managementqualitäten an der Spitze stehen. Denn in den vergangenen Jahren habe sich die Chefetage von Pimco zu stark auf die Investitionsstrategien der jeweiligen Fonds versteift und dabei zu wenig Führungsstärke bewiesen. Es sei aber kein abrupter Strategiewechsel zu erwarten, Roman werde den bereits eingeschlagenen Weg in Richtung neuer Anlageklassen weitergehen.

Doch der verläuft bisher reichlich verhalten. So versucht Pimco zwar, sein Standbein bei Aktieninvestitionen auszubauen, und hat dafür vor zwei Jahren Virginie Maissoneuve von dem Konkurrenten Schroders abgeworben. Doch inzwischen hat sie Pimco wieder verlassen, und das Investitionsvolumen in Aktien fällt im Vergleich zu anderen Vermögensverwaltern überschaubar aus. Es liegt bei 30 bis 40 Milliarden Dollar, wie es in Konzernkreisen heißt.

Ökonom mit einfachen Devisen

Roman, der in Paris und Chicago Wirtschaftswissenschaft studiert hat, wird voraussichtlich im November seinen neuen Posten im kalifornischen Newport Beach antreten. Bei der Man Group hat er einiges von dem erreicht, woran zuvor seine Vorgänger gescheitert waren: So hat sich der Hedgefonds unter seiner Führung ein Standbein in den USA geschaffen und parallel dazu die institutionelle Kundenbasis deutlich vergrößert, die als stabiler gilt. Seine Zukäufe haben die Man Group unabhängiger von Sparten wie AHL gemacht, bei dem Computeralgorithmen über Investitionen entscheiden.

Sein Vorgehen hat der Franzose mit der großen Vorliebe für Europas Geschichte sowie Epochenromane wie Thomas Manns „Zauberberg“ mit stets einfach klingenden Devisen beschrieben: „Wenn wir gute Arbeit leisten, werden uns Investoren wieder Geld anvertrauen.“ Und weiter: „Wenn wir Leistung bringen, werden die Dinge einfach.“ Doch um diese Ziele zu erreichen, hat er von seinen Kunden und Aktionären auch Geduld eingefordert: Man müsse die Dinge über einen längeren Zeitraum beurteilen, etwa über drei Jahre, nicht von einem Quartal zum nächsten.

So ganz haben seine drei Jahre an der Spitze der Man Group aber nicht gereicht, um das Geschäft nachhaltig zu stabilisieren. Seit Anfang dieses Jahres ist der Aktienkurs um etwa ein Drittel eingebrochen. Die Man Group sei inzwischen zwar deutlich robuster als beim Jobantritt von Roman, doch noch immer sei die Abhängigkeit von AHL zu groß, kritisiert ein Man-Group-Investor.

Am Mittwoch setzte sich der Abwärtstrend beim Aktienkurs fort, als das Unternehmen verkündete, dass Roman die Man Group verlässt. Luke Ellis, der bisher im Führungsgremium mit Roman eng zusammengearbeitet hat, wird ab September neuer Vorstandschef. Er dürfte die Strategie von Roman fortsetzen, sagen Analysten der Bank of America voraus. So hat Roman vor zwei Monaten in einem Interview mit dem Handelsblatt weitere Zukäufe angekündigt. Nach denen dürfte er demnächst als neuer Pimco-Chef fahnden. „Akquisitionen könnten Pimco helfen, um sich breiter aufzustellen“, sagt ein Fondsmanager, der Allianz-Aktien hält. „Insgesamt dürfte die Aufgabe für Roman aber komplexer werden.“

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