Energieaktien Mega-Deal elektrisiert E.On, RWE und Innogy

RWE, E.on und Innogy verteilen den Energiemarkt neu. Quelle: dpa Picture-Alliance

Der geplante Umbau der Energiebranche hat für die Aktien der beteiligten Unternehmen erhebliche Vorteile. Warum E.On der große Gewinner ist – und auch RWE nicht schlecht abschneidet.

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Um fast fünf Milliarden Euro hat sich der Börsenwert von E.On, RWE und Innogy zusammen auf einen Schlag erhöht, nur weil die Energiekonzerne durch eine wechselseitige Verschiebung von Unternehmensteilen ihr Geschäft neu strukturieren wollen. Geht es nach den einvernehmlichen Plänen der beiden großen Energiekonzerne, bekommt E.On das Netzgeschäft von Innogy und wird damit der führende europäische Konzern für Strom- und Gasnetze. RWE konzentriert sich auf das Geschäft mit erneuerbare Energien und Strom aus Kohle, Gas und Atomkraft.

Den größten Sprung machten Innogy-Aktien, ihr Wert allein legte bisher um fast drei Milliarden Euro zu. Mit Kursen von knapp 40 Euro sind sie ziemlich genau auf das Niveau gestiegen, das freien Minderheitsaktionären als Abfindung geboten werden soll. Innogy insgesamt wird bei solchen Kursen mit 22 Milliarden Euro bewertet.

Innogy-Aktien notieren damit derzeit fast wieder so hoch im Herbst vergangenen Jahres, als der RWE-Ableger für erneuerbare Energien noch gute Aussichten versprach. Danach, Mitte Dezember, folgte der Kursschock nach überraschend schwachen Geschäftszahlen.

Geht es nach den Plänen von E.On und RWE, wird Innogy in den nächsten Monaten aufgeteilt. Der größte Teil, das lukrative Netzgeschäft, geht an E.On. Der kleinere Teil, die Sparte erneuerbare Energien, geht an RWE.

Die Umstrukturierung der Energiekonzerne muss noch von Aufsichtsgremien gebilligt werden. Hier könnte es bei den mächtigen kommunalen RWE-Aktionären, den Städten, Widerstand geben. Sie hängen am Netz-Geschäft von Innogy. Zudem müssen die Kartellbehörden zustimmen. Insgesamt dürften beide Stationen aber nicht zu einer Blockade des gesamten Deals führen, sondern allenfalls zu Feinjustierungen. Innogy wird damit wahrscheinlich zum größten Teil in E.On integriert, Innogy-Aktien dürften von der Börse verschwinden.

Wer heute Innogy-Aktien hat, kann das Angebot von 40 Euro annehmen. Eine Spekulation auf eine spätere, womöglich höhere Abfindung, ist in solchen Fällen immer möglich. Dennoch dürfte angesichts der bisherigen Kursentwicklung, den diffusen operativen Aussichten und der bilanziellen Substanz (11,2 Milliarden Euro Eigenkapital, 15,6 Milliarden Euro Nettoschulden, 3,6fache Nettoverschuldung zum bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation) schwerlich viel mehr möglich sein. Zudem dürfte es wenig wahrscheinlich sein, dass E.On und RWE sich hier durch ein zu niedriges Angebot selbst die eigentlichen Vorteile des Umbaus zunichtemachen.

Entscheidender Wachstumsschub für E.On

E.On dürfte im vergangenen Jahr etwa 38 Milliarden Euro Umsatz gemacht und dabei netto inklusive Sondererträgen aus rückgezahlter Brennelementesteuer drei Milliarden Euro verdient haben. Ohne die Rückzahlung dürften etwa 1,3 Milliarden Euro geblieben sein. Der aktuelle Börsenwert von knapp 20 Milliarden Euro wäre daran angemessen. Nur: Wenn der Energie-Deal wie geplant über die Bühne geht, wird die neue E.On wesentlich wertvoller sein.

Mit Netz und Infrastruktur hat Innogy bisher zehn Milliarden Euro Jahresumsatz gemacht, mit dem Vertrieb 30 Milliarden. Auf beide Sparten entfiel auch der Löwenanteil der operativen Gewinne. Überspitzt ausgedrückt: Innogy wurde zwar gern über das werbewirksame Label Erneuerbare Energien verkauft, substanziell aber war das Unternehmen vor allem ein Netz- und Infrastrukturunternehmen. Und genau auf das ist E.On scharf.

E.On-Chef Johannes Teyssen hat schon länger auf die großen Chancen des Netzgeschäfts hingewiesen, für Energie genauso wie für Daten. Das Netzgeschäft ist wegen der Regulierung stabil, großes Wachstum aber ist nur durch Zukäufe und Übernahmen möglich – eben genau durch einen Deal wie den geplanten.

Für alle drei Aktien ein Gewinn

Wenn das Netz- und Infrastrukturgeschäft von Innogy zu E.On kommt, könnte sich der Jahresumsatz auf über 70 Milliarden Euro erhöhen. Der operative Gewinn kann dann von fünf auf mehr als acht Milliarden Euro steigen. Langfristig könnte der Börsenwert von E.On damit leicht um gut die Hälfte auf 30 Milliarden Euro oder mehr steigen.

Für die Aussicht auf einen solchen Zuwachs muss E.On natürlich etwas zahlen. Zunächst geht das Geschäft mit erneuerbaren Energien, das bisher von E.On selbst aufgebaut wurde, an RWE. Die Sparte erneuerbare Energien hat bei E.On bisher rund zwei Milliarden Euro Jahresumsatz gebracht. Dazu könnte ein etwa ebenso großer Umsatzanteil durch alte Beteiligungen an Atomkraftwerken verloren gehen. Auch wenn E.On hier Gewinnträger verliert, sind die Vorteile größer: E.On hat das letztlich zu kleine Geschäft mit erneuerbaren Energien, in das noch viel Geld investiert werden müsste, genauso los wie ungeliebte Anteile an den Kernkraftwerken Emsland und Gundremmingen.

RWE bekommt eine aussichtsreiche Beteiligung in Milliardenhöhe

Für RWE sieht die Energie-Rochade auf den ersten Blick weniger gut aus. Größter Nachteil ist der Verlust des stabilen und durchaus ertragreichen Netzgeschäfts von Innogy. Allerdings, RWE hat dabei nicht nur im Netz-Geschäft weiterhin den Fuß in der Tür. Vielmehr – und das ist ein substanzieller Vorteil des Deals – wird RWE mit 16,7 Prozent Großaktionär der neuen E.On. Sollte E.On in den nächsten Jahren etwa einen Börsenwert von 30 Milliarden Euro erreichen, wäre die RWE-Beteiligung allein fünf Milliarden wert. Das wäre fast die Hälfte des Börsenwerts, den RWE heute hat.

Wenn man die Entwicklung der deutschen Energieaktien von Veba und Bayernwerk über Viag bis hin zu E.On betrachtet, liegt darin zudem ein säkularer Schub: Erstmals sind die beiden größten heimischen Energie- und Netzkonzerne keine Konkurrenten mehr, sondern Partner, die sich ihre Märkte bewusst aufteilen. Langfristig liegen darin für das Geschäft große Vorteile.

Gut möglich, dass genau aus diesem Grund die Kartellbehörden mit Argusaugen auf Überschneidungen achten. Gut möglich ist auch, dass deshalb die eine oder andere Umsatzmilliarde letztlich nicht so verteilt wird, wie es den Initiatoren des Deals vorschwebt. Doch gerade deshalb werden E.On und RWE ihre Neupositionierung schärfen: E.On als Netzkonzern und RWE als Stromproduzent mit dem Label erneuerbare Energien.

Natürlich: Dass RWE nach wie vor den größten Teil des Stroms aus Kohle, Gas und Atomkraft gewinnt und auch die langfristigen Lasten des Ausstiegs und Rückbaus schultern muss, ist ein Dämpfer für RWE-Aktien. Allerdings dürfte es sich vermehrt auszahlen, dass RWE-Aktien schon bisher gemessen am Umsatzvolumen (46 Milliarden Euro) und dem Eigenkapital (11,3 Milliarden Euro) mit einem Börsenwert von nicht einmal zwölf Milliarden Euro ziemlich günstig waren.

Wenn RWE jetzt das Zukunftsfeld erneuerbare Energien durch die weiten, internationalen Geschäfte von E.On verstärkt, die zuletzt enttäuschende Tochter Innogy los ist und dafür eine milliardenschwere Beteiligung an einer deutlich verstärken E.On hat, ist das für die Aktie ein klarer Vorteil.

Fazit: Der Energie-Deal ist für Aktionäre aller drei Aktien ein Gewinn. Innogy-Anleger bekommen noch einmal die hohen Kurse des vergangenen Herbsts. E.On-Aktionäre haben die Aussicht, bei einem der weltgrößten Infrastrukturkonzerne beteiligt zu sein. Und RWE muss zwar als integrierter Produzent für erneuerbare Energien sein Potenzial noch heben, dafür aber ist die Aktie mit der Bewertung wie der eines größeren MDax-Werts alles andere als teuer.

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