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Engelmanns Eigenhandel

Die Schuldenbremse als Hilferuf der Politik

Unser Kolumnist hadert mit dem deutschen Regulierungswahn. Die Schuldenbremse könnte man sehr viel einfacher und wirksamer konstruieren. Eines sei klar: Es sind nicht die Politiker allein, die Staatsschulden ausweiten und so den Euro gefährden – es sind letztlich alle, die überzogene Ansprüche an den Staat stellen. 

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Grenzeloser Ordnungssinn: In Deutschland ist fast alles gesetzlich geregelt Quelle: dpa/dpaweb

"(1) Ein Kleingarten ist ein Garten, der

1. dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und

2. in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefasst sind (Kleingartenanlage).

(2) Kein Kleingarten ist,

1. ein Garten, der zwar die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, aber vom Eigentümer oder einem seiner Haushaltsangehörigen im Sinne des §18 des Wohnraumförderungsgesetzes genutzt wird (Eigentümergarten);

2. ein Garten, der einem zur Nutzung einer Wohnung Berechtigten im Zusammenhang mit der Wohnung überlassen ist (Wohnungsgarten);

3. ein Garten, der einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag überlassen ist (Arbeitnehmergarten);

4. ein Grundstück, auf dem vertraglich nur bestimmte Gartenbauerzeugnisse angebaut werden dürfen;

5. ein Grundstück, das vertraglich nur mit einjährigen Pflanzen bestellt werden darf (Grabeland).

(3) Ein Dauerkleingarten ist ein Kleingarten auf einer Fläche, die im Bebauungsplan für Dauerkleingärten festgesetzt ist."

Sprachlich geschliffen, in der Form ebenso vollendet wie im Inhalt, so präsentiert sich der Paragraph 1 des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG) vom 28. Februar 1983, und wie der erste, so lassen auch die 19 anderen Paragraphen jenes Gesetzes die Herzen von Juristen höher schlagen. Von der Größe des Kleingartens über die der in ihm üblicherweise errichteten Laube bis zur Beendigung eines Kleingartenpachtvertrages bei Tod des Kleingärtners: Das BKleingG deckt so gut wie jeden Wechselfall im Leben eines deutschen Schrebergärnters ab.

Es ist alles geregelt

Dass selbst das bunte Treiben zwischen Gartenzwergen und Grillwürstchen durch einen für alle Beteiligten verbindlichen Rechtsrahmen geregelt ist, stellt wohl den treffendsten Beweis für den an Pedanterie grenzenden Ordnungssinn dar, der den besonderen Ruf unserer Nation als der einer in Präzision und Akkuratesse verliebten in der Welt zementiert hat. Und auch ihren Erfolg! Nach Angaben von Wikipedia umfasste das deutsche Recht auf Bundesebene gegen Ende des Jahres 2009 sage und schreibe 1.924 Gesetze und 3.440 Verordnungen. So kommt es, dass oft auch das, was sich eigentlich von selbst verstehen sollte, hierzulande gesetzlich geregelt ist.

Nicht mehr ausgeben…

Der Artikel 115 des Grundgesetzes (GG) bildet hierfür ein weiteres, schönes Beispiel:

"Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Diesem Grundsatz ist entsprochen, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Zusätzlich sind bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen. Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der nach den Sätzen 1 bis 3 zulässigen Kreditobergrenze werden auf einem Kontrollkonto erfasst; Belastungen, die den Schwellenwert von 1,5 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt überschreiten, sind konjunkturgerecht zurückzuführen. Näheres, insbesondere die Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen und das Verfahren zur Berechnung der Obergrenze der jährlichen Nettokreditaufnahme unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung auf der Grundlage eines Konjunkturbereinigungsverfahrens sowie die Kontrolle und den Ausgleich von Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der Regelgrenze, regelt ein Bundesgesetz. Im Falle von Naturkatastrophen oder von außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können diese Kreditobergrenzen auf Grund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages überschritten werden. Der Beschluss ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden. Die Rückführung der nach Satz 6 aufgenommenen Kredite hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zu erfolgen."

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