Engelmanns Eigenhandel Geburtstagsgrüße an den Alten Fritz

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Rettung auf Kredit

Eine zersägte Euro-Münze. Quelle: dpa

Da die Politik 1992 zwar eine gemeinsame europäische Währung, aber keine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik innerhalb des neuen Währungsraumes beschlossen hatte, verschuldete sich jeder Staat nach Belieben.

Eine über komplexe Finanzprodukte aus den Vereinigten Staaten von Amerika nach Europa schwappende Pleitewelle am U.S.-Immobilienmarkt machte in den Jahren 2008 und 2009 eine massive finanzielle Unterstützung des europäischen Bankensektors sowie milliardenschwere Programme zu Ankurbelung der Wirtschaft erforderlich, die in die Rezession abgeglitten war und dort zu verharren drohte. Beides wurde auf Kredit finanziert.

Mittlerweile hat sich die ganze Situation zu einer dramatischen Krise zugespitzt: Einige Staaten Europas können sich am Kapitalmarkt überhaupt nicht mehr verschulden, andere nur zu Zinssätzen, die auf Dauer nicht tragbar sind. Selbst die erstklassige Bonität wirtschaftlicher Schwergewichte wie die Frankreichs wird von Rating-Agenturen mittlerweile in Zweifel gezogen.

Die Politik kämpft derweilen verzweifelt um eine Lösung des Problems. Manchmal wünschte man sich, Euer Majestät würden den Sargdeckel hochklappen und noch einmal eine Kabinetssordre wie die vom 22. Juni 1769 verfassen.

Pfandbrief als „Vorschlag zur Abschaffung des Geldmangels“

Damals schrieben Sie dem "Etats-Ministre" von Carmer: "Ihr habt, wie ich mich erinnere, mir vor dem Jahre einen Vorschlag zu Abhelffung des Geldmangels unter dem Land-Adel gethan. Da ich diesen Vorschlag gern realisiret und den Credit des Adels, so wie in den hiesigen Provinzen durch Etablierung der Landschaft geschehen, erweitert und auf einen sichern Fus gebracht sehen möchte, so wird mir lieb seyn, wenn Ihr Eure Gedanken davon in einem ordentlichen detaillirten Plan entwerfen und mir solchen zur weiteren Einsicht und Entschließung zuschicken werdet."

Zwar steckte jener Arbeitsauftrag an von Carmer voller Rechtschreibfehler, trotzdem erfüllte er seinen Zweck, begründete er doch das deutsche Pfandbriefwesen und half zunächst dem Geldmangel der Adeligen, später dem von Staaten und Häuslebauern ab.

Doch dem Geldmangel mit Schulden zu begegnen, Schulden also mit immer neuen Schulden zu bekämpfen, scheint dieses Mal nicht angesagt. Zumal auch immer weniger Hypothekenbanken überhaupt noch Staatskredite vergeben und sich die Anleger im Streik zu befinden scheinen.

Geldentwertung, wieder einmal

Vielleicht würden Sie den Verantwortlichen heute aber auch eine viel einfachere Lösung des Problems empfehlen. Als der preußische Staatshaushalt 1758 in Folge ihrer kostspieligen kriegerischen Aktivitäten zerrüttet war, ließen Sie - wenn man der Geschichtsschreibung trauen darf - den Silbergehalt von Groschen und Talern heimlich senken - eine Methode zur Haushaltssanierung, der sich schon viele Herrscher vor Ihnen bedient hatten.

Eine solche "Lösung" des Problems wäre heutzutage sogar noch viel einfacher zu bewerkstelligen als im Jahre 1758. Denn unser Geld enthält schon lange kein Silber mehr, ist in letzter Konsequenz durch nichts mehr gedeckt als den guten Glauben der Menschen, die es verwenden. In modernen Volkswirtschaften sind Notenbanken für die Währung verantwortlich.

Und dass die Geld in beliebiger Menge "drucken" können, beweist die amerikanische Zentralbank Federal Reserve, die über den Umweg des "quantative easing" seit geraumer Zeit den Staatshaushalt der Vereinigten Staaten finanziert. Doch droht bei solcherlei Vorgehen die Gefahr einer Geldentwertung und es stellt sich die moralische Frage, ob es gerecht ist, Sparer über eine Inflation de facto zu enteignen.

Was würden Sie, der Philosoph auf dem Königsthron, wohl dazu sagen?

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