Euro/Dollar Euro nach Italien-Wahl unter Druck

Der deutliche Erfolg von 5-Sterne-Bewegung und der rechten Partei Lega lässt den Euro-Kurs fallen. Ökonomen fürchten eine Koalition der Kräfte.

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Euro Dollar, Währung, Devisen, Wechselkurs, EUR/USD Quelle: Reuters

Frankfurt Die zu erwartende Hängepartie nach der Italien-Wahl hat Euro-Anlegern am Montag die Laune verdorben. Auch die Zustimmung der SPD-Mitglieder zu einer großen Koalition mit CDU und CSU dürfte die europäische Gemeinschaftswährung nach Einschätzung von Experten nicht stützen. Ein weiterer Belastungsfaktor war der drohende Handelskrieg mit den USA. Der Euro fiel im frühen Handel um 0,4 Prozent auf 1,2267 Dollar zurück.

Bei den Parlamentswahlen in Italien am Sonntag legten eurokritische Parteien aus dem rechten Lager zu. Keine Partei kam jedoch auf die nötige Mehrheit für eine Regierungsbildung. „Für die Finanzmärkte und Europa wäre eine Koalition zwischen 5-Sterne-Bewegung und Lega das Schlimmste aller möglichen Szenarien“, sagte Volkswirt Carsten Brzeski von der Bank ING. Der Wahlausgang bedeute vor allem, dass neue Reformen für mehr Wachstum in Italien erst einmal in den Sternen stünden.

Von Seiten der deutschen Politik wird der Euro nach Ansicht von Commerzbank-Experte Ulrich Leuchtmann kaum Unterstützung bekommen. Es falle ihm schwer, im Referendum der SPD-Mitglieder ein positives Argument für die Gemeinschaftswährung zu sehen. „Ob die Sozialdemokraten nach der Selbstdemontage von Martin Schulz noch eine treibende Kraft im vom Markt Euro-positiv interpretierten europäischen Reformprozess werden, darf bezweifelt werden.“ Die Euphorie über die europäische Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron habe dem Euro im vergangenen Jahr geholfen. „Mehr und mehr dürfte diese Euphorie bröckeln.“

So reagieren Volkswirte auf die Italien-Wahl

Dirk Steffen, Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden, Deutsche Bank:

„Zwar ist erst heute Vormittag mit einem belastbaren Ergebnis zu rechnen. Zum Regieren dürfte die Mehrheit aber nicht ausreichen. Uns stehen also langwierige Koalitionsverhandlungen bevor. Italien verliert wichtige Zeit, die es eigentlich nicht hat.“

Holger Schmieding, Chefvolkswirt Berenberg Bank:

„Wenn die '5 Sterne' nicht positiv überraschen, dann sind die Aussichten für weitere wachstumsfördernde Reformen in Italien vorerst gering. Stattdessen könnte Italien auf eine teilweise Reformumkehr und einen Anstieg der öffentlichen Ausgaben zusteuern, was zu Konflikten mit den Partnern in der EU führen könnte. Sollten sich die '5 Sterne' mehr auf ihren Anti-Korruptions-Kurs konzentrieren als auf ihre teuren Ausgabenversprechen, dann sind die Aussichten weniger bedenklich.“

Ulrich Leuchtmann, Commerzbank-Analyst:

„Es war zu befürchten. Nach den Parlamentswahlen scheint es keine klaren politischen Verhältnisse in Italien zu geben. Auch wenn die Ergebnisse noch nicht feststehen, so legen die Umfragen derzeit nahe: Das schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten und das gute Abschneiden der Populisten zur Rechten wie zur Linken führt zu einem Ergebnis, das keine schnelle Regierungsbildung zu ermöglichen scheint.

Italien dürfte – egal unter welcher Regierung – in den nächsten Jahren vor allem egozentrisch auf Zugeständnisse beim Schuldenmachen pochen. Ein verlässlicher Partner in einem konstruktiven europäischen Reformprozess sieht anders aus.“

Thomas Altmann, Portfoliomanager QC Partners:

„Italien steht vor einer langen Hängepartie. Nach diesem Wahlergebnis ist nicht vorhersehbar, wie eine neue Regierung aussehen könnte. Die Themen Wachstum und Schuldenabbau rücken damit erst einmal in den Hintergrund. Das ist keine gute Nachricht für die italienische Wirtschaft.

Die Italienerinnen und Italiener sind unklare und instabile Verhältnisse zwar gewöhnt. Die Wirtschaft ist allerdings in keiner Verfassung, in der sie sich einen langen Stillstand leisten kann.“

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

„Eine Mehrheit gibt es derzeit für keines der verschiedenen Lager. Damit steht eine schwierige Regierungsbildung an. Das Mitte-Rechts-Bündnis wird versuchen eine Mehrheit unter Einschluss weiterer Parteien zu bekommen. Damit hat das Berlusconi-Lager wohl die größte Chance, eine regierungsfähige Mehrheit zu bekommen – leicht ist aber auch dies nicht.

An den Finanzmärkten dürfte man derweil zumindest froh sein, dass Deutschland eine neue Regierung hat. Worst-Case wäre gewesen, wenn zum Ergebnis der italienischen Parlamentswahlen auch noch ein 'Nein' der SPD gekommen wäre. Doch wenn es aus Europa nicht nur schlechte Nachrichten von politischer Seite gibt, belastet die sich verschärfende Rhetorik in den transatlantischen Handelsstreitigkeiten. Die Hoffnung ist groß, dass hier eine neue deutsch-französische Achse einen schlichtenden Weg mit Washington findet.“

Hier geht es zur Seite mit dem Euro-Dollar-Kurs, hier können Sie aktuelle Wechselkurse berechnen.

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