Euro-Krise Griechenland ist jetzt Schwellenland

Eine Industrienation war Griechenland nie, nun hat der Index-Anbieter MSCI das Land offiziell als Schwellenland eingestuft. Sicherheitsorientierte Anleger haben Griechenland-Aktien schon längst abgestoßen, Schwellenland-Investor Mark Mobius wittert jedoch Morgenluft.

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Stolz thront die griechische Göttin Athene in der hellenischen Hauptstadt - die nun offiziell Teil eines Schwellenlandes ist. Dazu stufte der Index-Anbieter MSCI den Krisenstaat herab. Quelle: dpa

Der Autobauer Daimler hat einen Börsenwert von rund  50 Milliarden Euro. Die Unternehmen im Leitindex der Athener Börse kommen zusammen gerade mal auf 47,2 Milliarden Euro. Dieser Zustand unter anderem bewegte den Index-Anbieter MSCI jetzt dazu, Griechenland herabzustufen: zu einem Schwellenland.  Dies gab das Unternehmen am Mittwoch bekannt und folgt damit dem Beispiel von Russel Indexes, die den Krisenstaat bereits im März zu einem Schwellenland gekürt haben. Index-Anbieter FTSE prüft einen ähnlichen Schritt.

Trotz der Bezeichnung, die im Englischen „Emerging Markets“ lautet, ist Griechenland damit nicht mit den aufstrebenden Tigerstaaten  Südostasiens oder den prosperierenden Ländern Lateinamerikas gleichzusetzen. „Wenn man sich das ganze Land mit seiner Infrastruktur anschaut, ist es natürlich kein Schwellenland mehr“, sagt Thorsten Winkler, Geschäftsführer von Advanced Dynamic Asset Management. „Aber wenn man sich die Mindestanforderungen für Aktienmärkten entwickelter Länder anschaut, dann gilt diese Einstufung durchaus.“ Denn diese Anforderungen erfüllt Griechenland nicht, sein Aktienmarkt besitzt Eigenschaften, wie sie in Schwellenländern üblich sind.

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Dazu gehören etwa die Beschränkungen für Leerverkäufe, aber auch für den Marktzugang. „Es geht um die Frage, wie leicht internationale Investoren in den Markt rein, aber auch raus kommen können“, sagt Fondsmanager Thorsten Winkler. Um sich nach der Finanzkrise 2008 zu schützen, leitete die damalige griechische Regierung einige protektionistische Maßnahmen ein – und reglementierte auch den Aktienmarkt streng. „Die Eingriffe waren nicht förderlich, wie die wirtschaftliche Entwicklung gezeigt hat“, sagt Winkler. „Gerade Leerverkaufsbeschränkungen entziehen dem Markt Liquidität.“

Auch MSCI beanstandete dieses Vorgehen in seiner offiziellen Erklärung.  Die nach 2008 eingeführten Regeln für den Transfer von Sachleistungen und für außerbörsliche Transaktionen seien derart restriktiv, dass sie praktisch unbrauchbar seien. Die Folgen der Herabstufung: Pensionsfonds oder andere sicherheitsorientierte Fonds, die Aktien aus Schwellenländern ausschließen, müssen sich  nun von Griechenland-Aktien trennen – sofern sie dies nicht schon getan haben. „Bei Kursverlusten würde schließlich jeder Kunde sagen: Wie konnten sie griechische Aktien halten? Sie wissen doch was da los ist“, sagt Winkler.

Chancen in Schwellenland-Fonds

Die Krise hat Griechenland fest im Griff. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass sie sich wegen der Herabstufung verschärft. Es könnten sich für Griechenland sogar Chancen in Schwellenland-Fonds ergeben. Quelle: dpa

Spätestens nach der Herabstufung Griechenlands durch die großen Rating-Agenturen, haben die meisten Fondsmanager schon reagiert, sagt Alexander Aldinger, Zinsstratege bei der Commerzbank. „Es wird noch ein paar Nachzügler geben, aber das Gros hat die Anpassungen schon vor Monaten vorgenommen.“ Den Abwärtskurs, den der Leitindex der Athener Börse seit dem 21. Mai hinlegt, habe die Schwellenland-Einstufung kaum beeinflusst. Am Mittwoch, dem Tag der Nachricht, sank das Börsenbarometer zwar um bis zu zwei Prozent auf ein Zwei-Monats-Tief von 879,01 Punkten – damit hat es seit Ende 2009 mehr als 60 Prozent eingebüßt. „In Griechenland hat aber nicht diese Nachricht für Kursverluste gesorgt, sondern die politischen Ereignisse, die Gefahr, dass die Regierung auseinander bricht und es zu Neuwahlen kommt“, sagt Commerzbank-Experte Aldinger.

So ist es um die Armut in Europa bestellt
Platz 27: Am wenigsten armutsgefährdet sind die Menschen in Dänemark. Das ergab eine Studie des Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Als armutsgefährdet gilt nach einer Definition der EU, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens eines Landes zur Verfügung hat. Das IW nahm diese Definition als Grundlage für ihre Forschung, kombinierte sie jedoch noch mit weiteren Faktoren, zum Beispiel die subjektive Einkommensarmut und die Deprivation, also das, worauf Menschen aus finanziellen Gründen verzichten müssen. Heraus kam: Nur ein Prozent der Bevölkerung in Dänemark ist arm. Auf Platz 26 schafft es Luxemburg. Quelle: REUTERS
Platz 25: Immer mehr Menschen sind von Armut betroffen - egal ob in Deutschland oder europaweit. In der EU gilt fast jeder Vierte als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Die Menschen in den Niederlanden kommen dabei noch gut weg und landen auf Platz 25: Nur jeder Neunte ist armutsgefährdet. Quelle: AP
Platz 24: Schweden. Nur ein Prozent der Bevölkerung in Schweden muss erhebliche materielle Entbehrungen hinnehmen. Auf Platz 23 und 22 folgen Finnland und Österreich. Quelle: dpa
Platz 21 für Deutschland - damit liegen wir im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld. Besonders betroffen von Armut sind in Deutschland Migranten, Alleinerziehende und Arbeitslose. 30 Prozent der Arbeitslosen sind einkommensarm. Quelle: dpa
Platz 20: Vereintes Königreich. Die Briten gehören ins Mittelfeld - ebenso wie Frankreich (Platz 19), die Tschechischen Republik (Platz 18), Belgien (Platz 17) und Slowenien (Platz 16). Doch es gibt deutliche Unterschiede: Während die Tschechen EU-weit die niedrigste Einkommensarmutsquote hat, sind die Briten bei der subjektiven Armut vorne. Quelle: REUTERS
Platz 15 bis 13: Slowakische Republik, Malta, Spanien. Die Länder gehören in Sachen Armut in das untere Mittelfeld. Quelle: AP
Auch die Iren gehören noch ins Mittelfeld, wenn auch ins untere - und belegen im Ranking Platz 12. Etwas größer ist die Armutsgefahr für Estland (Platz 11). Quelle: dpa

Auch Fondsmanager Thorsten Winkler sieht in der Herabstufung nicht den Hauptgrund für die Kursverluste. „Sie passen in die bisherige Struktur. Die Nachricht ist nur das i-Tüpfelchen und natürlich psychologisch ein negatives Signal für die Investoren.“ Das „Schwellenland“-Siegel kann sich für Griechenland jedoch noch positiv herausstellen – indem seine Aktien nun in Schwellenland-Fonds aufgenommen werden.

Investment-Legende Mark Mobius, der auf 40 Jahre Erfahrung in den Schwellenländern Asiens zurückblicken kann, wittert schon Morgenluft.  Laut dem Wirtschaftsnachrichtenportal Citywire habe seine Firma noch keine griechischen Aktien im Portofolio, aber er liebäugle damit. Allerdings seien die Aktien ihm noch zu teuer, um zuzuschlagen, sagte der 74-Jährige.

Eine weitere positive Facette hat die Bezeichnung Schwellenland ebenfalls:  Griechenland befindet sich damit dem Namen nach auf der Schwelle zum ausgereiften Wohlstandsland.

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