Europäische Aktien Perlentaucherin an Europas Börsen

Alexandra Hartmann ist seit 18 Jahren als Fondsmanagerin erfolgreich, vor allem mit Aktien der Euro-Zone. Wie für sie ein gutes Unternehmen aussieht und sie trotz Börsenhoch lohnende Papiere aufspürt.

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Alexandra Hartmann ist eine der erfolgreichsten deutschen Fondsmanagerinnen. Bei Fidelity managt sie den Euro Blue Chip Fund mit einem Anlagevolumen von mehr als 800 Millionen Euro. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche Online: Frau Hartmann, die Börsen Europas sind im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Die Rally geht an manchen Börsenplätzen nun schon ins dritte Jahr. Ihr Euro Blue Chip Fonds hatte ordentlich Rückenwind. Waren das nur Sonderprofite dank der Entspannung in der Schuldenkrise?

Alexandra Hartmann: Nein, das waren keine Sondereffekte sondern ist das Ergebnis meines aktiven Fondsmanagements. Deswegen ist uns wichtig, dass Anleger den Fonds länger halten. Denn letztlich geht es darum, wie lange ein Fondsmanager gute Ergebnisse liefert. Dass ein Fondsmanager immer den Vergleichsindex schlägt, ist höchst selten. Auch bei mir gibt mehr und weniger starke Jahre, was die Performance angeht. Wenn sie sich meine Performance seit meinem Start als Fondsmanagerin im Jahr 1996 ansehen, hätten sie mit mir beziehungsweise den von mir gemanagten Fonds aus 1.000 Euro bis heute 2.920 Euro gemacht, mit dem Vergleichsindex hätten sie 2.320 Euro und mit dem Durchschnitt der Konkurrenz 2.140 Euro geschafft. Das entspricht für meinen Fonds einer jährlichen Rendite von 6,1 Prozent, beim Index waren es hingegen nur 4,8 Prozent und bei den Wettbewerbern im Durchschnitt sogar nur 4,3 Prozent. Ich kann also mit der Performance ganz zufrieden sein.

Kursverlauf Fidelity Euro Blue Chip seit 2007

Aber kann das noch lange so weitergehen?

Politische Börsen haben eigentlich immer kurze Beine. Langfristig – also über mehr als ein Jahr hinaus - folgen die Aktienmärkte eher den fundamentalen Daten, also den Geschäftszahlen der Unternehmen. Und die Fundamentaldaten sind recht gut. In Europa peilen wir im Durchschnitt ein Gewinnwachstum von 11,5 Prozent pro Jahr für die nächsten zwei Jahre an. Das ist besser als die Erwartung für die USA von zehn Prozent. Gleichzeitig ist der europäische Aktienmarkt auch noch günstiger. Die Aktien sind im Schnitt mit dem 14-fachen ihrer Gewinne bewertet, in den USA ist es fast der 16fache Gewinn. Europa ist tatsächlich - wie auch der Weltdurchschnitt -  günstiger und wachstumsstärker als die Vereinigten Staaten.

Ist denn die noch immer nicht bewältigte Eurokrise kein großes Risiko für Anleger?

Die Eurokrise als solche ist noch nicht ausgestanden. Wir sind sicher noch auf Jahre mit der Genesung beschäftigt, das kann auch noch ein Jahrzehnt dauern. Ich erwarte keine Krisenbörse. Die könnte es höchstens geben, wenn das europäische Anleihen-Aufkaufprogramm OMT vom Europäischen Gerichtshof einen Riegel vorgeschoben bekommt. Aber das kann ich mir nicht vorstellen und andere ernsthafte Krisengefahren sehe ich nicht. Für Anleger ist viel wichtiger, dass die Börse immer die Veränderung kauft. Von ‚sehr schlecht‘ zu ‚nicht mehr ganz so schlecht‘ ist es schon ein Riesenschritt. Dass die ersten Krisenländer wieder Zugang zum Kapitalmarkt haben, dass es wieder ein wenig Vertrauen an Märkten gibt - das ist es, was für gute Stimmung an der Börse sorgt.

"Das richtige Umfeld, um chancenreiche Aktien zu kaufen"

Was Experten für den Kapitalmarkt 2014 erwarten
Jeden Winter veröffentlichen die internationalen Banken ihren Kapitalmarktausblick für das kommende Jahr: Wie entwickeln sich einzelne Währungen, Staatsanleihen, die Inflation, das Wirtschaftswachstum einzelner Länder und Wirtschaftsregionen oder die Leitindizes. Als Rückversicherung geben viele Geldhäuser neben ihren Prognosen aber auch gleich noch mit an, dass natürlich alles ganz anders kommen kann. So gab beispielsweise der Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, Uwe Burkert, zum Abschluss seines Kapitalmarktausblickes zu, dass gleich ein ganzes Bündel möglicher Gefahren die Zuversicht der Investoren ins Wanken bringen und sämtliche Aktienprognosen über den Haufen werfen könnte. So könnte die Angst vor dem Platzen von Preisblasen an den Finanzmärkten für Verunsicherung sorgen. Im Folgenden also die Analystenprognosen - wie immer ohne Gewähr. Quelle: Fotolia
Aktienprognose von SchroedersDie Experten der britischen Vermögensverwaltung Schroeders gehen davon aus, dass europäische Aktien auch 2014 ein starkes Aufwärtspotenzial haben. "Ein verbessertes Ertrags-Momentum dürfte als nächster Impulsgeber für einen Aufschwung bei europäischen Aktien dienen", sagt Rory Bateman, Leiter britische und europäische Aktien bei Schroders. Für ihn ist im kommenden Jahr ein Stockpicking-Ansatz der Schlüssel zum Erfolg, um die Gewinner unter den europäischen Werten zu ermitteln. "Anleger sollten sich nun darauf konzentrieren, zwischen den verschiedenen Grautönen innerhalb des europäischen Marktes zu unterscheiden. Allgemeingültige Anlagestrategien für bestimmte Sektoren oder Ländern sind nämlich nicht mehr angebracht. 2014 wird für den europäischen Aktienmarkt ein Jahr der Einzeltitelauswahl", ist der europäische Aktienexperte überzeugt. Er rät beispielsweise zu Papieren von Unternehmen aus dem Lebensmittel- und Getränkesektor sowie zu Konsumgüterherstellern. Quelle: Screenshot
Schroeders zur Entwicklung bei den BankenMit Blick auf die viel befürchtete Bankenkrise in Europa kann Bateman beruhigen: „Das Risiko einer systemischen Bankenkrise in Europa ist praktisch nicht mehr vorhanden. Die Banken in der Region haben den Fremdkapitalanteil und die Risikopositionen in ihren Bilanzen abgebaut und geben Aktien aus. Der Sektor ist also auf dem richtigen Weg, um die in Basel III festgelegte Kernkapitalquote von zehn Prozent bis Ende 2013 umzusetzen – weit vor der gesetzlich vorgesehenen Frist.“ Außerdem werde die Europäische Zentralbank (EZB) 2014 die Vermögensqualität im Bankensektor prüfen. Und auch wenn einzelne Banken vermutlich zusätzliches Kapital benötigen werden, geht der europäische Aktienexperte davon aus, dass das Vertrauen damit nicht nur wiederhergestellt, sondern auch signalisiert werde, dass die europäischen Banken kein systemisches Risiko mehr darstellen. Während spanische Banken aufgrund von Immobilienkrediten mit Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, würden notleidende Kredite auch den italienischen Banken gewisse Unsicherheiten bescheren. Quelle: dpa
DAX-Prognose der TargobankDer Targobank-Chefvolkswirt Otmar Lang blickt optimistisch in das kommende Börsenjahr: „Wir sehen für den DAX ein Rückschlagpotenzial bis 8.300 Indexpunkte, erwarten ihn aber zum Jahresende 2014 bei rund 10.700 Zählern“, sagt er. Obwohl der deutsche Leitindex in den letzten zwei Jahren gut 30 Prozent zugelegt habe, sei er noch nicht überwertet. "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt in der Nähe der langfristigen Durchschnitte", so Lang. Die große Skepsis der Vergangenheit, die sich in sehr niedrigen Bewertungen niederschlug, sei in hoffnungsvolle Erwartungen umgeschlagen. Quelle: obs
Rohstoffausblick der TargobankBei den Rohstoffmärkten werde sich auch 2014 nicht viel tun, so Lang. Jedenfalls lasse die Aufwärtsbewegung weiter auf sich warten. Quelle: dpa
Targobank zur Inflation und GeldpolitikChefvolkswirt Lang geht davon aus, dass die US-Notenbank FED unter neuer Führung eine Wende in der Geldpolitik einleiten, aber sehr, sehr viel Augenmaß walten lassen wird. "Die Notenbanken werden ihre Geldpolitik nur ändern, wenn die Konjunktur anzieht." Es sei dennoch möglich, dass die FED im Laufe des zweiten Quartals 2014 ihr Anleihen-Ankauf-Programm reduziere. Und weiter: "Je lockerer die europäische Geldpolitik wird, desto fester notiert der Euro." Der Glaube an mögliche Wunderwaffen der EZB und vor allem an den "Magier" Draghi erstaune, solle aber nicht beiseite gewischt werden. "Wir sind skeptisch, ob ein Zurückfahren der lockeren Geldpolitik, womit im ersten Halbjahr 2014 gerechnet werden sollte, in den USA wirklich einen stärkeren Dollar bedingt. Das gilt umso mehr, wenn Europa sich 2014 aus der Rezession befreien kann." Inflation spielt Lang zufolge 2014 keine Rolle. "Es ist sogar möglich, dass sich der Preisauftrieb für den gesamten Euroraum der Null-Linie nähert", prognostiziert er. "Das wird der EZB nicht gefallen." Auch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in den europäischen Südländern dürfte sie beunruhigen. Quelle: REUTERS
Targobank zur Weltkonjunktur und den Anleihemärkten"Die Weltkonjunktur wird sich in den kommenden sechs Monaten nur langsam erholen", sagt Lang. "Belebungseffekte gehen von den USA aus, aber weiter nur sehr verhalten von den Emerging Markets." So werde die chinesische Wirtschaft erst in der zweiten Hälfte 2014 Fahrt aufnehmen. Europa könne sich zwar aus der Rezession befreien, doch ein konjunktureller Aufwärtstrend werde sich frühestens Mitte 2014 herausbilden. "Deutschland kann mit positiven Wachstumsraten rechnen", glaubt der Experte. An den Rentenmärkten haben "Südeuropäische Anleihen Kurspotenzial, weil es der Politik gelingen sollte, die Euro-Krise weiter einzudämmen", sagt Lang. "Die jüngsten, wenn auch nur marginalen Rating-Verbesserungen für Griechenland und Spanien, sind Vorboten einer Stabilisierung in der Eurokrise." Das Schwerpunktinvestment der Targobank blieben aber dennoch Unternehmensanleihen mit kürzeren Laufzeiten. Quelle: dpa

Also erwarten Sie, dass es für die Aktienmärkte in Europa weiter aufwärts geht?

Der Markt ist im vergangenen Jahr schon ziemlich gut gelaufen. Ich würde aber sagen, das war nur der erste Schub. Jetzt gab es eine erste kleine Konsolidierung. Solche Rücksetzer sind genau das richtige Umfeld, um chancenreiche Aktien zu kaufen. Sicher, wir haben hier und da fallende Kurse gesehen, weil doch zu viel Euphorie im Kurs enthalten war. Das gehört zum Börsenalltag: Nach der Untertreibung kommt die Übertreibung. Mit der Zeit pendeln die Aktienbewertungen aber um ihr fundamental gerechtfertigtes Niveau entsprechend der Unternehmensergebnisse. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Unternehmen schon viel besser dastehen als die europäischen Volkswirtschaften insgesamt. Wir reden immer von der hohen Staatsverschuldung, aber die Unternehmen haben dieses Problem nicht. Die Bilanzen sind sauber und die Verschuldung liegt unter dem historischen Durchschnitt. Auch die Kreditnachfrage zeigt Erholungstendenzen. Die Nachfrage nach Konsumkrediten entwickelt sich weniger schlecht und bei den Krediten für Unternehmen sieht es nach einer Bodenbildung aus.

Befürchten Sie nicht, wichtige Absatzmärkte wie die USA, Japan, China oder andere Schwellenländer könnten einbrechen?

Es mangelt schon an starken Motoren. Aber ich rechne nicht mit einer massiven Enttäuschung. Ich vermute, dass die USA jetzt langsam schwächer werden, nachdem sie vier Jahre lang mit ihrer Geldpolitik massive Kapitalinvestments angeschoben haben. Die Skeptiker hängen sich jetzt nur daran auf, dass es in den vergangenen Jahren so gut gelaufen ist und fragen sich, warum das nicht so weitergehen kann. Aber die Gewinnmargen sind schon sehr hoch, weil sehr gut investiert worden ist. Und viele Kurse sind auch dank der massiven Aktienrückkäufe im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Dass diese Maßnahmen irgendwann enden, sollte niemanden verwundern und ist insofern auch schon in die Kurse eingepreist. China würde ich genauso beurteilen: es wächst, aber eben langsamer als vorher. Bei den Schwellenländern ist zwar damit gerechnet worden, dass die eine oder andere überbewertete Währung fällt, aber eben nicht bei allen Ländern, die jetzt eine Riesenabwertung erlitten haben. Das mag sich noch zwei Quartale so fortsetzen, aber die meisten Analysten bauen diese Risiken jetzt in ihre Modelle ein. Jetzt sind sich alle der Risiken bewusst.

Dennoch werden Unternehmen darunter leiden, wenn die Schwellenländer weiter unter Druck geraten.

Jetzt kommt es darauf an, welche Marktteilnehmer die Absatzmöglichkeiten für die betroffenen Unternehmen richtig einschätzen. Ändert ein Unternehmen seine Preisstrategie so, dass es seine Marktanteile in den jeweiligen Schwellenländern erhält oder sogar erweitern kann, weil es Wettbewerber verdrängen kann? Dann könnten sie in den nächsten drei oder vier Jahren davon profitieren, auch wenn es zunächst die Gewinne schmälert. Oder macht ein Unternehmen mit dem Festhalten an hohen Preisen weiter und verzichtet dafür auf Absatzvolumen? Das richtig einzuschätzen, bedeutet sehr viel Arbeit.

Wie kommen Sie denn zu einer fundierten Einschätzung über solche Fragen?

Wir betrachten jedes Unternehmen einzeln und sprechen diese Themen an. Ich habe drei Unternehmensgespräche pro Tag und kann dafür aus 20 Terminen täglich in ganz Europa auswählen. Wir fragen nach den verschiedenen Unternehmenssparten, in welchen Regionen sie präsent sind und warum sie glauben, schneller als der Markt wachsen zu können. Die Vielfalt der Unternehmen ist dabei groß. Die einen können ihre Geschäfte für die nächsten Monate gut voraussagen, andere planen nur von Tag zu Tag. Mir macht es Spaß, mir einzelne Unternehmen und ihre Aktien genauer anzusehen.

"Die Unternehmen müssen sich klar vom Rest unterscheiden"

Dennoch sind die guten Investmentchancen nach der Rekordrally bis zum Jahreswechsel schon weitgehend abgegrast. Wo werden sie fündig?

Der Vorteil von aktiv gemanagten Fonds ist eben, dass wir uns nicht nur den Durchschnitt rausgreifen, in dem bereits zu gut gelaufene Aktien ebenso stecken wie besonders günstige, sondern dass wir uns gezielt die Titel herauspicken, die noch viel Potenzial haben. Zum Glück gibt es immer wieder kaufenswerte Aktien und es gibt noch genügend Treiber in Europa. Viele Anleger denken, der Markt sei so effizient. Er ist es aber nur in Teilen und vor allem nicht immer. Das hat auch damit zu tun, dass sich das Personal auf der Seite der Broker in der Aktienanalyse permanent ändert. Dann sind Aktien mal besser und mal weniger gut abgedeckt. Einem neuen Broker fehlt vielleicht noch das Wissen und die Erfahrung mit einer Aktie. Das führt in der Aktienbewertung zu Diskrepanzen, die ich ausnutze.

Sie suchen laut Fondsrichtlinien nach Blue Chips. Das klingt nach den Klassikern aus den Leitindizes, die jeder Indexfonds auch kauft. Die sind kaum unterbewertet.

Für mich sind Blue Chips etwas anderes. Die Aktien müssen jedenfalls nicht in einem Index vertreten sein. Es gibt bei den Blue Chips für mich nur eine Untergrenze bei der Liquidität, also der Handelbarkeit der Aktie. Was Branchen, Marktkapitalisierung oder die Art des Unternehmens angeht, habe ich aber keine Beschränkungen. Für mich ist entscheidend, wie nachhaltig das Geschäftsmodell ist. Es müssen Unternehmen sein, die ihre Markttreiber selbst kontrollieren. Rein mit der Unternehmensgröße hat das für mich nichts zu tun.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Was macht für Sie dann eine Aktie zum Blue Chip?

Die ausgesuchten Unternehmen müssen sich erstens klar vom restlichen Markt unterscheiden. Das kann zum Beispiel ein innovatives Produkt sein, das für den Kunden einen wesentlichen Vorteil bringt, ohne dass der Mehrpreis den Absatz gefährdet. Es muss einen wichtigen Mehrwert besitzen, zum Beispiel für die Sicherheit eines Produktes. Damit hat ein solches Unternehmen einen Vorsprung vor der Konkurrenz, der nicht so leicht aufzuholen ist. Es besteht also eine Eintrittshürde für die Wettbewerber. Der zweite wichtige Punkt ist ein möglichst langjährig erfolgreiches und erfahrenes Management, das mich im Gespräch überzeugt. Sie müssen mir erklären können, wohin sie wollen, mit welchen Maßnahmen sie dorthin gelangen und wie realistisch ihre Ziele sind – auch im Vergleich zu den Konkurrenten. Mich interessiert, was sie mit dem Geld machen, das sie einnehmen. Der dritte Punkt ist dann Chance eines Unternehmens, von innen heraus zu wachsen – also nicht durch Zukäufe oder externe Faktoren, die das Unternehmen selbst nicht beeinflussen kann.

"Der Wettbewerb ist intensiv"

Diese Fonds haben Anleger 2013 glücklich gemacht

Gibt es Branchen, die sie aufgrund ihrer Auswahlkriterien grundsätzlich meiden?

Das pauschal zu sagen, ist schwierig. Ich gebe Ihnen ein Beispiel für das, was ich nicht suche: Banken, bei denen die Treiber von außen dominant sind. Das können etwa Wechselkurse, Zinsen oder das Konkurrenzumfeld sein. Anderes Beispiel: Ein gewöhnlicher Papiermaschinenhersteller arbeitet auf einem Markt mit geringen Zugangsbarrieren, der Wettbewerb ist intensiv. Dann ist das Unternehmen einfach vom Marktwachstum abhängig und für mich nicht von Interesse. Aber in jeder Branche gibt es auch attraktive Ausnahmen.

Der Fonds beinhaltet rund 60 verschiedene Titel. Wie oft schlagen Sie ihr Portfolio um?

60 bis 70 Prozent des Fonds werden pro Jahr ausgetauscht. Die übliche Haltedauer liegt bei eineinhalb Jahren. Manche Aktien halte ich über Jahre, andere nicht. Ein Beispiel: Der Vergleichsindex, der MSCI EMU, besteht zu einem Viertel aus Finanzwerten. Die passen mit meinem Ansatz inneren Wachstums allerdings nur selten gut ins Portfolio. Ich kann aber nicht so einfach 25 Prozent des Marktes ignorieren, wenn ich meinen Fonds mit dem Index vergleiche. Die Kurse der Banken können mitunter sehr schnell steigen und ebenso schnell wieder unter Druck geraten, weil ihr Geschäft eben oft von äußeren Einflüssen bestimmt wird. Also muss ich taktischer anlegen. Da sind die Haltedauern natürlich kürzer. Dann gibt es Firmen, die wollen sie sehr lange halten. Wenn deren Kurs aber zu weit voraus läuft und damit eigentlich schon das Wachstum für die nächsten zwei, drei Jahre eingepreist ist, dann schneide ich lieber mal auf die Hälfte der Position zurück und warte, bis sich das wieder etwas gesetzt hat. Wenn ich sehe, jetzt ist wieder zu wenig Wachstum eingepreist, baue ich die Position wieder auf.

Die stärksten Börsen der Welt
Die Börse in Paris Quelle: dpa
Die Börse in Zürich Quelle: REUTERS
Ein Mann betrachtet die Anzeigetafeln der Börse in Madrid Quelle: dapd
Die Börse in Kopenhagen Quelle: Wikimedia
Ein Mann passiert die Börse in Tokio Quelle: AP
Zwei Börsenhändler an der New Yorker Börser Quelle: AP
Hinter zwei Bullen aus Gummi ist auf einer Anzeigetafel in der Börse in Frankfurt am Main (Hessen) der Schriftzug «Deutsche Börse» zu sehen Quelle: dpa

Können Sie uns Beispiele für Aktien nennen, auf die Sie setzen?

Es gibt Aktien, deren Kurs nicht den wahren Wert des Unternehmens widerspiegelt, weil sie noch mit Altlasten behaftet ist. Die KBC aus Belgien ist beispielsweise so eine Aktie. Eine völlig solide Retailbank in zwei sehr oligopolistischen Märkten, nämlich Belgien und der Tschechischen Republik. Dort bestimmen vier Banken mit zusammen 80 Prozent Marktanteil den Markt – darunter KBC. Deren Aktie war jedoch stark unterbewertet, weil ihr der Markt Kapitalmangel unterstellt hat, weil der Staat involviert war und sie irische Problemkredite in der Bilanz hatte. Das alte Grundgeschäft war aber mit einer Eigenkapitalrendite von rund 30 Prozent sehr solide. Nachdem die Problemkredite abgeschrieben und eine Kapitalerhöhung Erfolg hatte, waren die Probleme behoben. KBC war aber noch immer so bewertet, als hätte sie noch ihre Altlasten. Das Aufwertungspotenzial war aus meiner Sicht sehr hoch und die Aktie für mich daher eine gute Kaufgelegenheit. Diese Aktie habe ich schon lange im Portfolio und fühle mich noch immer sehr wohl damit.

"Es ist ein Luxus, den wir uns mit diesem Aufwand gönnen."

Tipps fürs Börsenjahr 2014
Blick in die GlaskugelSelten waren Analysten bei ihrem jährlichen Blick in die Börsen-Glaskugel so optimistisch wie in diesem Jahr. Im Schnitt erwarten die Banken, dass der deutsche Leitindex Dax am Ende des Jahres bei rund 10.120 Punkten steht. Die größten Optimisten, in diesem Jahr die Analysten von Barclays, erwarten sogar einen Sprung auf 11.000 Punkte. Es gibt aber auch skeptische Stimmen. Die Helaba und die National Bank aus Essen rechnen damit, dass der Schlussstand 2014 etwas unter dem von 2013 liegen wird. "Das war eine ziemlich unglaubliche Rally und irgendwann werden wir eine Korrektur sehen müssen, wenn voraussichtlich auch noch nicht im Januar", prognostizierte Aktienstratege Peter Garnry von der Saxo Bank. Quelle: dpa
Geldpolitischer KurstreiberGrund zur Skepsis gibt es. Denn es sind weniger die fundamentalen Daten, die die Kurse in die Höhe schießen lassen, als die Handlungen der Notenbanker. Mit ihrer ultra-expansiven Geldpolitik haben EZB-Chef Mario Draghi und Fed-Chef Ben Bernanke den Grundstein für die Börsen-Rally 2013 gelegt. Bernanke kündigte kurz vor Weihnachten an, die Wertpapierkäufe der Fed langsam um 10 Milliarden Euro zurückzufahren. Damit sorgte er für ein Jahresend-Feuerwerk an den Börsen, der Dax kletterte auf über 9600 Punkte und damit auf den höchsten Stand aller Zeiten. Auch 2014 wird vieles an den Börsen von Draghi und Co. abhängen. Zieht die Fed ihr Tapering durch? Schafft auch die EZB die Kehrtwende? Oder senkt Draghi die Zinsen noch weiter? Genug Unruhepotenzial gibt es auf jeden Fall. Quelle: dpa
Einstieg verpasst?Um rund 25 Prozent hat der Dax im vergangenen Jahr zugelegt. Das Problem: Viele Privatanleger in Deutschland konnten davon nicht profitieren. Die Furcht vor Blasen am Aktienmarkt ist noch so präsent wie nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes. Nur langsam kehren Anleger an die Börse zurück, an den globalen Aktienmärkten war 2013 das erste Jahr seit 2006 mit einem Nettozufluss. Laut dem deutschen Fondsverband BVI wurden zwischen Januar und Oktober sogar über sechs Milliarden Euro aus Aktienfonds abgezogen. Dabei gibt es auch für sicherheitsbewusste Anleger passende Aktieninvestments. Quelle: AP
Für SicherheitsfansAuch sicherheitsbewusste Anleger müssen nicht auf Aktien verzichten. Allerdings birgt die Auswahl einzelner Aktien höhere Risiken, gewisse Marktkenntnisse sind erforderlich. Einfacher haben es Anleger mit Indexzertifikaten. Deren Entwicklung ist nicht an einzelne Papiere, sondern an jeweils einen ganzen Index wie beispielsweise den Dax geknüpft. Steigt der Leitindex, ist auch das Zertifikat mehr wert. Zwar ist mit einer Mischung aus Einzelaktien im Zweifel eine noch höhere Rendite drin, dafür ist das Risiko bei Indexzertifikaten aufgrund der Mischung vergleichsweise gering. Hinzu kommt, dass die Papiere im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds günstig sind. Quelle: AP
Überschaubares RisikoWer dennoch Geld für einen aktiv gemanagten Fonds investieren will und Wert legt auf ein überschaubares Risiko, setzt am besten auf Mischfonds. Hier wird nicht nur in Aktien, sondern auch in festverzinsliche Papiere wie Anleihen investiert. Bekannt für ausgewogene Mischfonds ist der Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch von Bert Flossbach und Kurt von Storch. Ihr Fonds Multiple Opportunities R investiert neben Aktien und Anleihen auch in Edelmetalle. Die Manager haben dabei keine Beschränkungen, was den Anteil von Aktien oder Anleihen angeht. Was zählt, ist die positive absolute Rendite. Auch DWS-Fondsmanager Klaus Kaldemorgen ist für seinen ausgewogenen Mischfonds bekannt. Quelle: dpa
DividendenjagdWer als sicherheitsverliebter Anleger auf Aktien setzen will, stürzt sich mit Vorliebe auf dividendenstarke Titel. Grundsätzlich kann die Strategie zum Erfolg führen. Allerdings ist auch da Vorsicht geboten. Denn nicht immer bedeutet eine hohe Dividende gleichzeitig ein florierendes Geschäftsmodell. Wird die Dividende aus der Substanz gezahlt statt aus erwirtschafteten Gewinnen, ist das kein gutes Zeichen. Dennoch gibt es einige Papiere, die sich auch aufgrund ihrer stabilen Ausschüttungen lohnen. Im Dax gehört dazu die Allianz. Die Versicherung ist für eine stetige Ausschüttungspolitik bekannt, außerdem ist die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von weniger als dem zehnfachen des Jahresgewinns vergleichsweise günstig. Ähnlich sieht es beim Rückversicherer Munich Re aus. Wem die Auswahl einzelner Aktien zu kompliziert ist, kann auch hier auf einen Fonds setzen. Einige investieren gezielt in Papiere mit hoher Dividendenrendite, etwa der DWS Top Dividende oder der M&G Global Dividend A. Quelle: dpa/dpaweb
Mittleres RisikoWer mit Zukäufen ins neue Jahr starten will und etwas risikofreudiger ist, kann auf einzelne Aktien setzen. Dabei muss immer auf den Preis geachtet werden. Gerade lukrative Papiere im MDax, der zweiten Börsenliga, sind oft schon sehr teuer - Anleger zahlen ein Vielfaches des Jahresgewinns für eine Aktie. Es gibt aber auch noch Aktien großer Dax-Konzerne, die erschwinglich sind. Dazu zählt unter anderem die VW-Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von unter zehn. Sollte die globale Konjunktur 2014 wie erwartet weiter anziehen, dürften die Wolfsburger davon profitieren. Insbesondere die Entwicklung in China ist entscheidend. Auch Vorzugsaktien von BMW punkten bei Privatanlegern mit einem niedrigen KGV bei gleichzeitig attraktiver Dividendenrendite. Wem die Rendite bei Mischfonds zu niedrig ausfällt, der kann auch auf spezialisierte Fonds setzen, die beispielsweise gezielt in deutsche, europäische oder US-Aktien investieren. Quelle: dpa

Finden Sie solche Geschichten auch bei bekannten Titeln?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus einem Markt, von dem ich glaube, dass er strukturell wachsen kann und wo die Eintrittsbarrieren für Konkurrenten tatsächlich höher sind, als sie zunächst erscheinen: Die Billig-Airline Ryanair. Die Aktie kann zwar recht schwankungsfreudig sein, aber die Branche hat noch viel Wachstumspotenzial hat. Billigfluglinien stehen aus meiner Sicht noch immer am Anfang und können sich weiter durchzusetzen, weil die Menschen immer preisbewusster werden. Daneben bestehen an den großen Flughäfen Überkapazitäten. Billigflieger sind dort also willkommen. Ryanair ist in diesem Umfeld besonders flexibel und agil. Als zum Beispiel eine ungarische Fluglinie Pleite ging, nahm Ryanair innerhalb von drei Wochen dort den Flugbetrieb auf. Ryanair ist zudem so kostengünstig, dass das Unternehmen die Preise nach unten setzen kann – und so die Wettbewerber und Druck setzt oder ganz aus dem Markt drängt. Die sehr gute Kostenkontrolle ist auch beim Kauf oder Leasing von Flugzeugen wichtig. Die Gewinnprognosen von Ryanair liegen regelmäßig über den Schätzungen der Analysten, die Cashflow-Generierung ist gut und die Aktie ist vernünftig bewertet. Für mich ein interessantes Investment.

Gibt es Branchen oder Länder, in denen Sie besonders häufig fündig werden?

Nein, Chancen gibt es eigentlich überall. Wenn Sie unseren Fonds ansehen, werden sie merken, dass wir sehr diversifiziert sind. Entscheidend ist lediglich, dass unsere Kriterien an einen Blue Chip erfüllt und die Aktien unterschätzt werden. Dafür müssen sie sich aber viele Aktien genau anschauen. Bei uns arbeiten rund 70 Aktienanalysten, darunter 45, die Europa abdecken – die mich in meiner Arbeit allesamt sehr unterstützen. Es ist nicht so, dass man da Themen oder eine Branche entdeckt, die noch keinem aufgefallen wären. So leicht ist es nicht.

Wie viele Unternehmen schauen Sie sich denn im Jahr an?

Ich habe ungefähr drei Einzelgespräche am Tag, die zwei Drittel meiner Arbeitszeit beanspruchen. Die Unternehmen, die ich im Fonds habe, sehe ich viermal jährlich. Insgesamt sind das fast 700 Gespräche im Jahr, die ich führe. Ich muss ungefähr sieben verschiedene Unternehmen treffen, um daraus eine neue Investmentidee zu generieren, die ins Portfolio wandert. Das ist viel, aber entspricht unserem hohen Anspruch. Es ist geradezu ein Luxus, den wir uns mit diesem Aufwand gönnen.

Haben Sie noch eine Prognose für Anleger?

Grundsätzlich bin ich verhalten optimistisch. Wir sehen eine Bodenbildung. Aber es gibt noch eine ganze Menge Unternehmen, die pro Jahr rund 15 Prozent wachsen. Ich rechne insgesamt mit steigenden Kursen.

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