Dax wieder über 13.000 Punkte
Ob des Zinsausblicks springen viele, oder zumindest einige, konsequent in den Aktienmarkt. „In der Geldanlage Aktien weiterhin erste Wahl – nicht zuletzt weil die Firmengewinne auch im kommenden Jahr steigen dürften. Ein Schwerpunkt sollte dabei der Euroraum sein mit dem Dax als prominentesten Profiteur der gut laufenden Weltkonjunktur“, so Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank.
Die Blue Chips im Deutschen Aktienindex rappelten sich denn nach der EZB-Sitzung auch auf und hievten den Leitindex wieder über die Marke von 13000 Punkte; noch stärker liefen die Nebenwerte, der MDax legte um mehr als ein Prozent zu. Das lag auch daran, dass Draghi mit seinem neuen Plan den Euro schwächte. „Die Entscheidung ist im Prinzip so ausgefallen wie erwartet, aber offenbar hatten einige Anleger mit einer deutlicheren Straffung der Geldpolitik gerechnet", so Ulrich Wortberg, Analyst der Landesbank Hessen-Thüringen. Die Gemeinschaftswährung fiel von 1,1813 auf 1,1755 Dollar und entfernte sich damit weiter von der 1,20-Dollar-Marke, bei deren nachhaltigem Überschreiten mit einem anhaltend starken Euro gerechnet werden müsste.
So bewerten Ökonomen den Kurswechsel der EZB
"Heureka - es ist vollbracht. Wir haben lange darauf gewartet, heute ist es endlich soweit. Die EZB hat angekündigt, das Kaufprogramm ab Januar auf 30 Milliarden Euro pro Monat zu reduzieren. In der Krise war es vielleicht notwendig, aber im Aufschwung sehe ich keinen Grund mehr, so massiv in den Markt einzugreifen. Die EZB tut gut daran, von 'Intensiv' auf 'Normal' umzuschalten. Angesichts starken Wachstums und solider Frühindikatoren sowie gesundem Abstand zur Null-Inflation ist die Therapie des Zurücknehmens der hohen Dosierung mehr als angebracht. Denn wie in der Medizin auch, ist es eine Frage der Dosierung und der Dauer der Anwendung, ob es dem Patienten nützt oder schadet."
"Der richtige Beschluss zur richtigen Zeit: Die Konjunktur läuft rund, die Kernrate der Inflation hat die Talsohle durchschritten. Deshalb kann die EZB ihre Anleihenkäufe ab Januar halbieren. Da Preisauftrieb und Kreditwachstum weiterhin verhalten sind und bisher nur in homöopathischen Dosen zulegen, kann die EZB ihre Abkehr vom Krisenmodus langsam vollziehen. Der Beschluss, das neue Tempo der Anleihenkäufe für mindestens neun Monate beizubehalten, gibt der Wirtschaft und den Märkten weitgehende Sicherheit über den geldpolitischen Kurs bis September 2018."
"Wir begrüßen die Entscheidung der EZB, die Anleihenkäufe zu reduzieren. Allerdings kann dies nur ein erster Schritt sein. Ziel muss die schnellstmögliche Beendigung der Käufe sein. Nur so besteht die Chance auf ein normaleres Zinsgefüge. Nach wie vor ist das extrem niedrige Zinsniveau eines der größten Stabilitätsrisiken. Je länger aber die Kapitalmarktzinsen in einem Umfeld steigender wirtschaftlicher Dynamik künstlich niedrig gehalten werden, desto größer wird die Gefahr eines abrupten Zinsanstiegs. Dies würde gravierende Folgen für die Konjunktur und die Finanzmärkte haben."
"Ich erwarte, dass die EZB im zweiten Halbjahr 2018 ihre Anleihekäufe komplett einstellen und dann frühestens 2019 die erste Zinserhöhung tätigen wird. Die EZB kann die geldpolitischen Zügel nur langsam anziehen, da sie sich nur langsam ihrem Mandat der Preisstabilität annähert."
Schwacher Euro erwünscht
Der fallende Euro ist ein von der EZB sicher gewünschter Effekt, dämpft doch ein starker Euro die Möglichkeit deutlich ein, tatsächlich mal an der Zinsschraube zu drehen Ein schwacher Euro ist auch gut für die exportlastige deutsche Wirtschaft, deren Waren dann günstiger werden.
Was gut für die Wirtschaft, ist gut für den Aktienmarkt, so simpel machten Investoren die Rechnung nach dem EZB-Entscheid auf. „Die Europäische Zentralbank hat kein Interesse daran, die Finanzmärkte zu überraschen. Das war auch heute wieder so“, so Targobank-Chefvolkswirt Lang. Diese Entscheidung impliziere „zwar weiterhin nicht die große Kurswende für Anleger, aber Feinanpassungen werden wichtiger“, so Lang.
Jetzt Risiken im Depot anpassen
Anleger haben jetzt Gelegenheit, sich rechtzeitig zu positionieren. Denn die EZB-Entscheidung dürfte noch weiter dazu beitragen, die Märkte zu verzerren. Die Verwerfungen sind offensichtlich, angefangen von einer nie dagewesenen Verschuldung bis hin zu Kredit-, Anleihe-, Aktien- und Immobilienmärkten, die keine Risiken mehr einpreisen.
Der Crash kommt jetzt noch nicht, aber wenn er kommt, wird eine Absicherung umso teurer. „Die Notenbank baut weiter Risiken für Anleger auf, indem sie diese bei der Suche nach auskömmlicher Rendite aus den etablierten und liquiden Märkten in unbekanntere und damit risikoreichere Marktregionen drängt“, so Christoph Kutt, Leiter Zinsstrategie und Staatsanleihen bei der DZ Bank in Frankfurt. „Für die weitere Geldpolitik besteht das Risiko, dass wir eine überraschend stark steigende Inflation erleben, die die EZB dazu zwingt, restriktiver zu werden und damit den Konjunkturmotor abwürgt, während die Finanzmarktteilnehmer alle gleichzeitig durch dieselbe Tür hinaus wollen“, so Kutt.
Was Anleger jetzt schon tun können, um sich rechtzeitig vor dem Gedrängel an der Tür zu positionieren, lesen Sie in unserer aktuellen Titelgeschichte.
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