
Die Konjunkturabkühlung in China und die Folgen der jüngsten Börsenturbulenzen können US-Notenbankchefin Janet Yellen zufolge die US-Wirtschaft von ihrem Erholungskurs abbringen. "Die Entwicklungen könnten, wenn sie fortbestehen, die Aussichten für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt belasten", sagte Yellen laut vorab veröffentlichtem Redetext am Mittwoch vor dem Finanzausschuss des Repräsentantenhauses.
Sie führte die heftigen Ausschläge an den Finanzmärkten vor allem auf die Unsicherheit über die Währungspolitik Chinas und die dortigen Wachstumsperspektiven zurück. Dies treffe Länder, die auf Exporte nach China angewiesen seien.
Stimmen zur Zinswende der Fed
"Die heutige Entscheidung der Fed, die Zinsen zum ersten Mal seit fast zehn Jahren zu erhöhen, ist ein historischer Moment. Die Zinsanhebung markiert das offizielle Ende der globalen Finanzkrise für die USA und bildet den Auftakt zu einer Normalisierung der amerikanischen Geldpolitik. Dieser Schritt wurde allgemein erwartet. Vor dem Hintergrund, dass auf dem US-Arbeitsmarkt nahezu Vollbeschäftigung herrscht und im kommenden Jahr ein Anstieg der Inflation erwartet wird, war eine Anhebung der Zinsen längst überfällig. Diejenigen, die die Zinsanpassung kritisch sehen, lassen außer Acht, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durchaus Zinssätze zwischen zwei und drei Prozent und eine Fed-Bilanz ohne Überschussreserven rechtfertigen - eine Zinspolitik, die weit entfernt vom Krisenmodus ist, der selbst heute noch dominiert."
"Diese Entscheidung der Fed war fällig. Angesichts der guten wirtschaftlichen Situation können die USA einen langsamen Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes gut verkraften. Die Auswirkungen auf die Schwellenmärkte dürften begrenzt bleiben, solange die Notenbank nur moderat an der Zinsschraube dreht. Insgesamt wird die Erhöhung zwar nicht ganz ohne kurzfristige Folgen bleiben. Allerdings sind diese leichter verkraftbar als die Risiken neuer Finanzmarktblasen.
Die Entscheidung der Amerikaner dürfte es zudem der EZB erleichtern, ihren übertriebenen Aktionismus der letzten Monate zu überdenken. Denn Geld zum Nulltarif allein lässt die Unternehmen hierzulande nicht investieren, dazu brauchen sie vielmehr bessere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen."
"Klar ist, dass sich im Zuge der Normalisierung des Zinsniveaus die Preisblasen an Anleihe-, Aktien- und Immobilienmärkten zurückbilden werden. Bei diesem Prozess lauern erhebliche Gefahren eines sprunghaften Verlaufs, nicht zuletzt auch für die Devisenmärkte und die in US-Dollar verschuldeten Schwellenländer. Es nützt aber nichts, aus Furcht davor den Ausstieg aus der ultra-expansiven Zentralbankgeldversorgung immer weiter hinauszuzögern. Je länger die künstlich niedrigen Zinsen bestehen bleiben, umso mehr Verzerrungen entstehen und desto schmerzhafter würde eine noch spätere Korrektur. Von einer Normalisierung ist die US-Geldpolitik immer noch meilenweit entfernt. Entscheidend wird jetzt sein, wann die Marktteilnehmer den nächsten Schritt erwarten."
"Wir sind auf dem Weg in die Normalität. Die US-Konjunktur läuft solide, der Arbeitsmarkt hat Vollbeschäftigung erreicht und die Kerninflation ist jetzt schon hoch genug, um mit dem Zinserhöhungszyklus zu starten. Mit dem Zinsschritt beginnt die Fed, Handlungsspielraum für neue Herausforderungen zurückzugewinnen. Denn ein langfristig starker Dollar und ein dauerhaft niedriger Ölpreis bringen durchaus Schwierigkeiten für die US-Wirtschaft."
"Mit der Zinsentscheidung der Fed ist der lange erwartete Einstieg in eine restriktivere Geldpolitik da. Für nächstes Jahr ist mit weiteren Zinsschritten zu rechnen. Gleichwohl wird die US-Zentralbank unter den Notenbanken der großen Volkswirtschaften wohl erst mal alleine bleiben - die EZB hat ja jüngst sogar ihre expansive Politik noch zeitlich ausgeweitet. Angesichts der Risiken für die Finanzstabilität wäre eine Abkehr von der Politik des billigen Geldes wünschenswert."
"Ich finde die Zinserhöhung angemessen, im Grunde überfällig. Der Pfad der Zinserhöhungen im kommenden Jahr dürfte relativ flach bleiben. Gegenwind von den Finanzmärkten, etwa auch ein stärkerer Dollar, dürften das Tempo der Zinserhöhungen drosseln. Für die EZB heißt der Schritt der Fed erst einmal nicht viel."
"Die Zinserhöhung spiegelt ein begründetes Vertrauen der Mehrheit der US-Notenbanker in die Beschäftigungslage und die Aussichten auf eine mittelfristige Rückkehr der Inflation zur Zielmarke von zwei Prozent wider. Die Fed dürfte jedoch mit einem zweiten Zinsschritt warten, bis sich die Inflation erhöht hat."
"Letztlich möchten die US-Währungshüter die Nullmarke bei den Zinsen hinter sich lassen, um beim nächsten Abschwung über die nötige Zinsmunition zu verfügen. Janet Yellen wird im kommenden Jahr sehr behutsam mit weiteren Zinserhöhungen vorgehen. In Anbetracht der fragilen Lage im verarbeitenden US-Gewerbe bleiben weitere Zinsschritte aber eine Gratwanderung."
"Man könnte sich jetzt darüber streiten, ob die sehr kleine Zinsveränderung tatsächlich die große Wende ist - oder nur ein kleines geldpolitisches Trostpflaster für die angespannte Weltwirtschaft. Wie geht es jetzt weiter? Drei Faktoren stehen im Fokus: die US-Inflation, die US-Konjunktur und die Weltwirtschaft."
"Für die EZB hat der Zinsentscheid der Fed keine Signalwirkung - dazu sind auch die konjunkturellen Rahmenbedingungen zu unterschiedlich. Die Kapitalmarktzinsen im Euroraum werden wohl noch für sehr lange Zeit auf ihrem extrem niedrigen Niveau verharren."
"Unstrittig ist (...), dass der Startschuss für die Leitzinserhöhungen das Ende eines historisch einmaligen geldpolitischen Experiments darstellt. Da es keine Blaupausen für die Rückabwicklung einer solch ultraexpansiven Kurssetzung gibt, ist diese per se mit Unsicherheit verbunden und dürfte für Schwankungen an Kapital- und Devisenmärkten sorgen. Anfällig sind dabei traditionell die Volkswirtschaften und Währungen der Schwellenländer."
"Die Entscheidung war längst überfällig. Allerdings hat die US-Notenbank signalisiert, dass sie nur sehr langsam die Zinsen in den kommenden Jahren erhöhen wird. Die Geschwindigkeit der erwarteten graduellen Zinserhöhung könnte sich als zu langsam erweisen und die Risiken für die Finanzstabilität in den USA erhöhen. Die Prognose für die US-Wirtschaft ist gut, die Geldpolitik der USA jedoch für die kommenden Jahre weiterhin sehr expansiv."
"Die Zinserhöhung der US-Notenbank ist eine gute Nachricht: Sie zeigt, dass die Fed dem konjunkturellen Aufschwung in den USA vertraut und die Folgen der Finanzkrise zum größten Teil als überwunden ansieht. Die amerikanische Notenbank hat die Marktteilnehmer sorgfältig auf den Zinsschritt vorbereitet."
"Die Fed betritt mit ihren Zinsschritt ganz klar Neuland: Noch nie hat sich eine US-Notenbank auf den Weg in einen Zinserhöhungszyklus gemacht, wenn die Raten für das Wirtschaftswachstum so niedrig waren und die eigene Bilanz so aufgeblasen. Die Tatsache, dass die Rücklagen von Finanzinstituten bei der Zentralbank seit 2007 von 15 Milliarden auf 2,5 Billionen Dollar angestiegen sind, macht den Weg für die Fed nicht einfacher. Wir erwarten aber nicht, dass die Fed ihre Bilanz zurückfahren wird, bevor sie nicht noch einige Zinsschritte gegangen ist.
Dass die Fed ihren Zinserhöhungszyklus startet, so kurz nachdem die EZB ihre Geldpolitik noch weiter gelockert hat, unterstreicht unseren positiven Ausblick für den US-Dollar, von dem wir glauben, dass er im kommenden Jahr die Parität zum Euro erreichen und auch unterschreiten wird."
"Die Entscheidung der Fed ist eindeutig ein Zeichen der Zuversicht in die US-Wirtschaft. In den kommenden Monaten wird die US-Notenbank genau beobachten, wie die Wirtschaft und die Märkte reagieren werden. Ein entscheidender Faktor wird die Reaktion des US-Dollar sein. Viele Beobachter erwarten, dass höhere Zinsen zu einem festeren Dollar führen. Diese Einschätzung teile ich nicht unbedingt: Sollten wir 2016 nur wenige, beispielsweise zwei Zinsschritte sehen, gehe ich von einem schwächeren US-Dollar aus."
"Die Fed hat endlich damit begonnen, die Zinsen anzuheben. Nachdem jetzt diese eine Unsicherheit aufgelöst wurde, werden sich die Fragen nun um die Geschwindigkeit der Erhöhungen im nächsten Jahr drehen. Die Fed hat für das kommende Jahr vier Erhöhungen in Aussicht gestellt, was bedeutend mehr ist als der Markt erwartet hat. In den vergangenen Jahren, waren es die Vorhersagen der Fed, die falsch waren, und der Markt hatte Recht behalten. Wir könnten letztlich am Wendepunkt stehen, an dem der Markt beginnt, die Vorhersagen der Fed ernster zu nehmen."
Die Notenbankchefin sagte zudem, die Schwächen in der Weltwirtschaft wirkten inzwischen selbstverstärkend. Eine gedämpfte Weltkonjunktur und die Probleme in China hätten die Finanzierungsbedingungen für US-Firmen verschärft. Die Wirtschaft der Volksrepublik war vergangenes Jahr so langsam gewachsen wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Zudem stehen viele Ölförder-Länder nach dem massiven Preisverfall des Rohstoffs unter Druck.
Doch die Rede der obersten US-Währungshüterin enthielt nicht nur Molltöne. Es gebe gute Gründe davon auszugehen, dass die USA auf ihrem moderaten Wachstumspfad blieben. Zuwächse bei Löhnen und der Beschäftigung sollten den Konsum stützen. Dies werde der Notenbank erlauben, ihren geldpolitischen Kurs allmählicher Anpassungen beizubehalten.
Die US-Zentralbank Fed hatte im Dezember erstmals seit rund zehn Jahren die Leitzinsen wieder angehoben - auf 0,25 bis 0,5 Prozent. Ende Januar entschied sie dann, den Schlüsselsatz zur Versorgung des Finanzsystems mit Geld nicht weiter nach oben zu setzen. Viele Fachleute gehen davon aus, dass die vermehrten Risiken die Fed zwingen werden, zunächst auf weitere Zinserhöhungen zu verzichten.