Wenn Hendrik Leber nach seinem großen Vorbild gefragt wird, muss er nicht lange überlegen. Der Investor hat vor 20 Jahren die Acatis Investmentgesellschaft in Frankfurt gegründet und orientiert sich an den Strategien des US-Investors Warren Buffett. Jährlicher Höhepunkt ist für ihn die Hauptversammlung von Berkshire Hathaway. Als begeisterter Hobbyfotograf hat er dort auch stets seine Kamera dabei. Beim Investieren setzt er aber nicht auf blindes Nachahmen, sondern hat seinen eigenen Kopf. Besonders beim Thema Technologie ist Leber moderner als der legendäre Investor.
Stimmungsvolle Landschaften, hübsche Frauen und herausragende Architektur – viele Hobby-Fotografen lieben solche Motive. Herr Leber, Sie dagegen fotografieren am liebsten einen alten Mann. Doch nicht irgendeinen, sondern Starinvestor Warren Buffett. Was fasziniert Sie so an ihm?
Warren Buffett ist ein Genie. Er ist jetzt gerade 84 geworden. Er ist der erfolgreichste Investor aller Zeiten. Und man kann jedes Jahr zu ihm fahren und sich Weisheiten erklären lassen – das finde ich genial. Er hat alle Investmentrekorde gebrochen und erzählt uns auch noch, wie er das macht.
Sie waren schon 19 Mal in Omaha bei der Hauptversammlung von Buffetts Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway. Allerdings sind da auch zig Tausend andere Investoren. Ist es einfach, Buffett vor die Linse zu bekommen?
Ich schleiche morgens immer rum, wenn er seinen Rundgang macht. Es gibt ja die Halle, wo all seine Firmen ausstellen. Meistens stelle ich mich an die Modelleisenbahn, wo seine Burlington Northern Eisenbahn herumfährt und habe dann wunderbare Gelegenheiten, ihn zu fotografieren. Aber eine halbe Stunde wartet man schon.
Was ist spannender, das Fotografieren oder seine Antworten auf die Fragen der Investoren?
Beim Fotografieren treibt mich ein Jagdinstinkt. Aber richtig spannend sind die sechs Stunden Fragen und Antworten. Das sind dann etwa 60 Fragen, ich schreibe alles mit und brauche dann Jahre, um zu deuten, was er wirklich gemeint hat.
10 Tipps für Börseneinsteiger
Bevor ein potentieller Anleger zum ersten Mal Aktien kauft, sollte er sich Gedanken darüber machen, welches Ziel er mit der Geldanlage verfolgt und für welchen Anlegertyp er sich hält. Wenn mit den Aktien später die Altersvorsorge aufgestockt oder das Studium der Kinder finanziert werden soll, muss an der Börse eine andere Taktik angewendet werden, als wenn es um kurzfristige Gewinne geht. Die grundlegende Frage ist: Sind Sie auf den Betrag angewiesen und investieren deshalb lieber mit möglichst geringem Risiko oder können Sie eventuelle Verluste verschmerzen und renditestärkere aber auch riskantere Papiere kaufen?
Wer die Frage nach der eigenen Risikoneigung mit "no risk, no fun!" beantwortet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er zwar sehr viel gewinnen, aber auch sehr viel verlieren kann. Für den Anfang schadet es nicht, auf eine langfristige Strategie zu setzen und die Entwicklungen an den Märkten zu beobachten. Kleine Zockereien für den Nervenkitzel sind dann im Verlustfall besser zu verschmerzen. Nach dem Geckoschen Leitsatz "Greed is good" sollten Börsenneulinge nicht handeln.
Was eine Aktie ist und wie sie funktioniert, dürfte jedem klar sein. Wer sein Depot auch mit Anleihen und Zertifikaten füllen möchte, sollte nur in Produkte investieren, die er auch versteht. Wer nur auf die Renditeversprechen hört und Produkte kauft, deren Vor- und Nachteile, beziehungsweise Funktionsweisen er nicht begreift, fällt über kurz oder lang auf die Nase.
Bevor Sie ein Depot eröffnen, vergleichen Sie die Gebühren der Banken. Je höher die Gebühren sind, desto geringer fällt die Rendite nachher aus. Direktbanken haben im Regelfall günstige Konditionen und bieten kostenlose Depots an.
Anleger sollten ihr Geld - und damit auch ihr Risiko - zumindest am Anfang möglichst breit streuen. Verteilen Sie Ihr Geld auf verschiedene Märkte wie Rohstoffe und Energie, sowie auf Aktien, Fonds und Anleihen.
Wer seinem Portfolio Fonds oder Zertifikaten beimischt, sollte auch innerhalb dieser Anlageklassen auf eine gute Mischung achten. Fondsanbieter und deren Produkte lassen sich online schnell vergleichen. Wer nicht nur in ein oder zwei Gesellschaften investiert, ist auf der sicheren Seite.
Besonders wichtig ist, dass Sie sich Zeit nehmen für Ihre Geldanlage und Ihr Depot regelmäßig überprüfen: Welche Anlageinstrumente haben sich wie entwickelt? Ist es Zeit, das Depot umzuschichten, oder läuft alles in meinem Sinne?
Bei der Überprüfung des Depots sollte man sich immer mal wieder fragen: Würde ich diese Aktie oder diesen Fonds heute noch kaufen? Lautet die Antwort ja, behalten Sie das Produkt. Sind Sie von der Qualität nicht mehr überzeugt, wird es Zeit zum Verkauf.
Entwickelt sich eine Aktie oder ein sonstiges Produkt nicht so, wie geplant, sollten Sie nicht zögern, es zu verkaufen. Sogenannte Stopp-Loss-Orders, also Untergrenzen, bei denen verkauft werden soll, können hilfreich sein. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn man den Kurs nicht permanent selbst im Auge behalten kann oder will.
Grundsätzlich gilt: Verlieren Sie nicht die Nerven. An der Börse gibt es Kursschwankungen, Aktienkurse können unerwartet einbrechen. Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf zu verlieren. Panische und unüberlegte Deals kosten meist mehr Geld als die Abwärtstrends.
Sie haben es also vor allem auf die Investment-Tipps abgesehen?
Es sind keine wirklichen Tipps. Er geht nicht in Aktiendetails, sondern teilt seine Beobachtungen, und man muss selbst Schlussfolgerungen daraus ziehen. Er gibt nie ein fertiges Kochrezept ab, sondern Hinweise auf etwas, das man besser beobachten sollte.
Also bestimmte Branchen?
Er hat zum Beispiel erklärt, dass Öl mit der Eisenbahn doppelt so schnell transportiert werden kann wie mit der Pipeline. Und plötzlich wurde mir klar, warum er eine Eisenbahnlinie hat. Als er die gekauft hatte, dachte ich noch, was macht er damit, was soll das? Aber dann ergab das alles einen Sinn.
Buffett wird auch das Orakel von Omaha genannt. Sind seine Antworten tatsächlich immer so gehaltvoll?
Man sieht oft das Bild eines älteren Herrn und denkt sich „netter Opa“. Aber der Eindruck ist vollkommen falsch. Der Mann ist hochgradig analytisch scharf. Wenn man die Schnelligkeit seiner Antworten erlebt, bekommt man eine Ahnung davon, was für ein überragender Kopf das ist. Oft klingen die Antworten zunächst trivial, aber es stecken sehr komplexe Gedanken dahinter. Das ist phänomenal.
„Durch Nachahmen kommt man nicht vom Fleck“
Sie sind ein großer Fan, in wieweit wird Ihre persönliche Anlagestrategie von Buffett beeinflusst?
Wenn wir investieren, stellen wir uns selbst oft die Frage, ist das nun früher Graham-, später Buffetstil – aus welcher Lebensphase nehmen wir gerade unsere Ideen? Buffett hatte ja ganz verschiedene Phasen. In den 50ern war er Hedgefonds-Manager, dann ein bisschen Raider, hat also Firmen aufgekauft und zerschlagen, bis er merkte, wie anstrengend das ist. Dann ist er lange Zeit auf der Graham-Schiene gefahren, die heißt: Kaufe viele billige Aktien und es wird irgendwas dabei herauskommen. Und 1972 hatte er diesen Saulus-zu-Paulus-Effekt – beim Kauf von See‘s Candy - und änderte seine Strategie weg von „billig und schlechte Qualität“ hin zu höheren Börsenkursen und besserer Qualität. Seitdem ist er ein Freund der sehr guten Geschäftsmodelle.
Und in welcher Phase sind Sie nun?
Wir haben uns im Team aufgeteilt, ein Kollege ist auf die Qualität fixiert, ein anderer hält nach Turnaround-Kandidaten Ausschau und ich mag lieber die schwierigen und die billigen Fälle, bin also eher früher Buffett. Ich werde nie sein Denken nachahmen können, denn Buffett ist wirklich genial, wie ein großer Naturwissenschaftler. Aber wir versuchen ein paar Grundideen für uns zu nutzen.
Können Sie ein konkretes Investment nennen, das Buffett auch so gemacht hätte?
Buffett findet es gut, wenn eine Firma Dinge verkauft, die man jeden Tag braucht. Deshalb haben wir in die IT-Unternehmen Qualcom und Oracle investiert. Die hätte Buffett jedoch nicht gekauft, weil er sich mit Technologie nicht auskennt und nur das kauft, was er versteht. Ihm entgeht dadurch etwas, denn in dieser Branche gibt es noch günstige Angebote. Wir verstehen uns als neue Generation und wenden seine Strategien auf die neue Zeit an. Den ganzen IT-Bereich mögen wir sehr.
Die Prognosen der Finanzprofis
„Ich glaube, die größte Gefahr ist tatsächlich, möglicherweise, ein Währungskrieg.“ (25.01.2013)
„Zum ersten Mal seit vier Jahren, seit dem Tief im März 2009, liebe ich den Markt wieder. Denn je höher es geht, desto wahrscheinlicher ist, dass es zu einem schönen Crash kommt, einem gewaltigen Crash.“ (31.1.2013)
„Der Countdown beginnt, wenn die investierbaren Anlagen zu viel Risiko für zu wenig Rendite darstellen.“ (01.02.2012)
„Ich sehe nichts von einer Normalisierung. Die strukturellen Probleme sind nach wie vor da, sie sind nur kaschiert worden und hat sie für eine gewisse Zeit in einem Meer von neugeschöpfter Liquidität ertränkt.“ (21.02.2013)
„Amerika ist die größte Schuldnernation in der Geschichte der Welt.“ (24.02.2012)
„Ich persönlich hatte sehr negative Erwartungen insbesondere bezüglich der Realwirtschaft und den Aktienmärkten. Bei der Wirtschaft lag ich richtig, bei den Aktienmärkten nicht. Aber sollten Aktienmärkte nicht eigentlich der Realwirtschaft folgen?“ (28.2.2103)
„Sicherlich, die nähere Zukunft ist unklar. Amerika blickt dem Unbekannten aber seit 1776 ins Auge.“ (01.03.2012)
„Die Risiken werden vom Markt derzeit zu niedrig eingeschätzt. Sie werden im ersten Halbjahr wohl eingedämmt bleiben, aber sie könnten wieder an die Oberfläche kommen.” (04.03.2013)
„Die Party kann noch für eine Weile so weitergehen. Ich weiß nicht, wann sie enden wird, aber ich schätze, dass sie sehr schlimm enden wird.“ (5.3.2013)
„Ich erwarte keine anhaltende Aufwärtsbewegung von dem derzeitigen Niveau, ohne dass es weitere Hinweise darauf gibt, dass die Wirtschaft in einem irrwitzig starken Tempo wächst.“ (18.03.2013)
Sie laufen also nicht blind dem Guru hinterher?
Das würde gar nicht funktionieren. Wir haben das mal über mehrere Jahre nachgerechnet und stets die aktuellen Käufe und Verkäufe der besten Investoren der Welt kopiert, dabei kommt aber nichts besonders Gutes raus. Durch Nachahmen kommt man nicht vom Fleck. Man muss vorher da sein oder eben das Denkmuster auf neue Situationen anwenden.
Die üppigen Renditen von früher konnte Buffett zuletzt aber nicht mehr erwirtschaften. Woran liegt das?
Das sagt er selbst ganz klar: Früher war das Volumen seiner Investments noch viel kleiner. Er konnte ganz leicht Gelegenheiten nutzen. Doch in seiner aktuellen Größenklasse gibt es solche Gelegenheiten und unbeobachtete Aktien nicht mehr. Er selbst sagt, wenn er kleiner wäre, könnte er locker 50 Prozent Rendite pro Jahr machen. Das glaube ich ihm auch.
Könnte er nicht einen Strohmann einsetzen, der seine Entscheidungen nachvollzieht, aber kein Riesenbudget hat?
Das sieht man schon so ein bisschen an seinen jüngeren Kollegen, die er eingestellt hat, Ted Weschler und Todd Combs. Die haben jeweils knapp drei Milliarden Dollar, mit denen sie spielen dürfen und ihre Investitionen sind tatsächlich interessanter als die von Buffett. Kleiner und durchaus witziger. Aber ich glaube nicht, dass ihnen Buffett da reinredet.
„Computer nehmen uns die Butter vom Brot“
Nicht bloß Buffett, sondern Value-Investoren insgesamt – und zu denen gehören Sie ja auch – müssen immer wieder Renditeeinbußen hinnehmen. Ist der Value-Ansatz trotzdem noch aktuell?
Am Kapitalmarkt gibt es Phasen und Wellenbewegungen. Bis 2007 hatte beinahe jede Bank eine Value-Abteilung aufgebaut und die Preise wurden nach oben getrieben. Dann hat es ab August 2007 nicht mehr geklappt und viele sind wieder rausgegangen. Da muss man drüberstehen. Meiner Meinung nach ist Value die einzig logische Anlageform: Billiger kaufen als der innere Wert, das funktioniert. Nur die Wellen lagern sich darüber und nehmen einem manchmal die Rendite weg und manchmal addieren sie was dazu.
Wie gehen Sie bei der Suche nach unterbewerteten Firmen vor?
Buffett würde einfach die Geschäftsberichte der Reihe nach durchlesen. Dass das ziemlich viel ist, hat auch mal jemand auf einer Hauptversammlung angemerkt. Und Buffett antwortete: ‚Dann fangen Sie bei A an.’ Also systematisch alles lesen. Wir machen das etwas anders, wir gehen zwar auch systematisch alle Bilanzen durch, aber mit Hilfe von Computern. In unserem System haben wir etwa 18.000 Bilanzen und ein Bewertungsschema und filtern jeden Monat durch. Dann kommen pro Monat 30 bis 50 interessante, billige Aktien heraus und etwa 20 davon schauen wir uns im Team genauer an. Was Buffett liest, analysiert bei uns der Computer.
Investieren ohne Computer geht also nicht mehr?
Moderne Computertechnologie wird für Investoren immer mehr zur Konkurrenz, die Computer nehmen uns die Butter vom Brot. Deshalb ist es nur logisch, dass ich die Computer für mich arbeiten lasse. Wir forschen gerade zum Thema künstliche Intelligenz: Was kann ich aus den Ziffern in einem Geschäftsbericht herauslesen? Welche Strukturen kann ich aus den Texten erkennen? Sehe ich irgendwelche Muster? Wie verhält sich das Management? Wir haben verschiedene Baustellen, an denen wir arbeiten, und die Computer sind unsere Assistenten.
Können Sie Ihren Computer irgendwann so programmieren, dass er handelt wie Warren Buffett?
Das wird gehen. Da bin ich mir ziemlich sicher und darauf arbeiten wir auch hin. Wir testen gerade verschiedene Modelle und neuronale Netze – das sind solche Dinger, die bei selbstfahrenden Autos, bei der Autovervollständigung von Google oder bei Schachcomputern zum Einsatz kommen. Da tut sich unglaublich viel. Wir wollen das so nutzen, dass wir das System mit Daten füttern und es uns am Ende sagt, ob sich ein Investment lohnt. Schon heute findet das System interessante Dinge, aber wir verstehen die noch nicht ganz, wir lernen noch.
Diese Anlagestrategien empfehlen die Finanzmarkt-Kenner
Die Pimco-Manager haben es nicht leicht. Einerseits arbeiten sie für den größten Anleihemanager der Welt, andererseits hält ihr Chef nichts mehr von US- und Euro-Land-Staatsanleihen, wie Pimco-Boss Bill Gross wiederholt betonte. Also legt auch Pimco möglichst schnell neue Aktienfonds auf und investiert in Rohstoffe, zu denen Pimco auch Öl und Gold zählt. Unter dem Strich packt Bosomworth die Hälfte des Anlegergeldes in Aktien. Schwellenländer hält er sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen für attraktiv. Als Länder nennt er Brasilien, Russland – dessen politische Stabilität ihm allerdings zunehmend Sorgen bereitet –, Indonesien, Südafrika. Die 15 Prozent Liquidität parkt er in kurzlaufenden Unternehmensanleihen. Einzelne Aktien empfiehlt Bosomworth nicht. Bei Anleihen bleibt Anlegern oft gar nichts anderes übrig, als Fonds zu kaufen: Viele attraktive Anleiheemissionen sind erst in Stückelungen zu 50.000 oder gar 100.000 Euro zu haben.
Mayer gibt als Volkswirt keine Anlageempfehlungen, lässt aber keinen Zweifel daran, wohin die Reise geht: in die finanzielle Repression. Die Zentralbanken halten die Zinsen im Zusammenspiel mit den Regulierungsbehörden niedrig, sie „legen den Zins einfach flach, wie ein Surfbrett im Wasser“. Gleichzeitig weiten sie die Geldmenge gigantisch aus, sodass höhere Inflation kommen wird. Ihr entgehen können Anleger mit Gold und Aktien. Ein Anleger sollte Gold als Währung sehen, rät Mayer, verfällt dann aber doch in ein Plädoyer für die Aktie. Das Wachstum in den Emerging Markets rät er über globale Unternehmen, die dort besonders exponiert seien, zu kaufen. Wer sich nicht mit Einzeltiteln beschäftigen wolle, solle in Misch- und Aktienfonds investieren. Klar sollten Anleger sich über ihre Vorstellung von Risiko sein. Für Mayer ist „Risiko nicht Volatilität, also heftige Kursschwankungen, sondern Risiko ist Verlust. Volatilität dazwischen kann ich nehmen.“ Soll heißen: Aktien können schwanken, dürften aber auf Dauer sicherer sein als viele Anleihen. Goldene Regel: Je jünger ein Anleger ist, desto länger kann er Schwankungen aussitzen.
Die 20 Prozent Anleiheanteil des Depots hat Flossbach in sichere Unternehmensanleihen gepackt und in Staatsanleihen von Staaten außerhalb des Euro-Raums, zuletzt etwa in kanadischen, neuseeländischen und australischen Dollar sowie in Polen und Chile. Ganz bewusst geht er raus aus den Gelddruck-Währungen Dollar, Euro, Yen und Pfund Sterling.
Von Immobilien rät er ab: Für Normalanleger sei die eigene Wohnung okay, darüber hinaus hätten aber nur Millionäre die Chance, vernünftig Risiken zu streuen: „Ein Mietnomade, und dann hat sich das tolle Apartment in München oder Hamburg nicht rentiert.“ Offene Immobilienfonds seien eindrucksvoll gescheitert und Immobilienaktien eben keine Immobilien, sondern Aktien: „Mit denen investieren Sie in Unternehmen, nicht in Immobilien.“ Skeptisch ist er auch bei Schwellenländeraktien. Bei denen stören ihn Korruption und der Einfluss der Regierungen auf Großunternehmen. „Wer die empfiehlt, macht sich selten die Mühe, die Firmen anzusehen.“
Von Anleihen hält Ehrhardt angesichts global weiter niedrig erwarteter Zinsen wenig. Der Fondsmanager würde Rentenfonds nur kaufen, um Geld zu parken; dazu allenfalls Fremdwährungsanleihen entwickelter Staaten wie jene des Rohstofflandes Kanada oder Papiere aus Singapur und dem ölreichen Norwegen. Bei höher verzinslichen Schwellenländeranleihen schreckt den Anlageprofi das Währungsrisiko. Unternehmensanleihen, die noch drei bis vier Prozent bringen, seien, wenn man kein hohes Ausfallrisiko auf sich nehme, schwer zu finden. Abseits seiner Liquiditätsreserve favorisiert Ehrhardt Aktien und Gold. Bei der Auswahl der Märkte schaut er zuerst auf die Entwicklung der Geldmengen – starke Geldschöpfung der Zentralbanken spricht dafür, dass Liquidität an die Börsen fließt und Aktienkurse steigen. Sein Geldmengenindikator spricht folglich primär für die USA sowie Deutschland, etwas weniger für Europa – und gegen China. Entsprechend ist Ehrhardt in einem seiner Fonds mit einer kleinen Position short auf China, wettet also auf fallende Indexstände, auch zur Absicherung preiswerter China-Aktien.
Roelli ist der typisch genaue Schweizer, der Wert darauf legt, dass seine Anlageverteilung ein „ausgewogenes Portfolio“ sei, also nichts für spekulative Investoren. 24 Prozent Bargeld ist viel, so viel hielt Pictet zuletzt im Dezember des Katastrophenjahrs 2008. Das Anleiheportfolio besteht aus soliden Unternehmensanleihen und einigen hochverzinslichen Junk-Bonds. Euro-Anlegern packt Pictet 30 Prozent des Vermögens in Fremdwährungen, „weil der Euro eher abwerten wird als aufwerten“. Anders als andere Teilnehmer der Runde vertraut er auf Hedgefonds, da gebe es einige sehr gute. Hinter „Alternativen Investments“ verbergen sich außerdem Rohstoffe und Immobilien. Bei Aktien sind die defensiven globalen Player stark vertreten, zehn Prozent nennt er „taktische Investments“, also Aktien, die nicht unbedingt über Jahre gehalten werden – zuletzt europäische Werte. Schwellenländeraktien mag er nicht, in China seien die letzten Gewinne enttäuschend ausgefallen. Das Schwellenländerthema spielt er lieber über europäische oder globale Aktien, etwa Swatch, die viel Umsatz in Asien machen. Neben Markenartiklern favorisiert er Technologiewerte, viele seien „so billig wie Anfang der Neunzigerjahre“.
Was ist denn heute schon machbar?
Wir machen zum Beispiel Textanalyse: Ein Kollege füttert den Computer mit Geschäftsberichten. Herauszufinden, ob sich in der Nähe bestimmter kritischer Worte interessante andere Worte befinden, ist Aufgabe der Künstlichen Intelligenz. Spannend – wenn auch ganz konventionell – ist auch das Benfordsche Gesetz: In einem Geschäftsbericht, wie in jedem Zahlenwerk, haben die Ziffern eine bestimmte Häufigkeit, die Eins kommt mit 30 Prozent Wahrscheinlichkeit vor, die Zwei mit 17 und so weiter. Wenn diese Häufigkeit nicht da ist, sind die Zahlen manipuliert. Das sind schöne Werkzeuge.
Die Leidenschaft für die Börse und die Finanzwelt merkt man Ihnen an. Auch Ihre Fotos sind keine Schnappschüsse. Was hatten Sie zuerst, eine Aktie oder eine Kamera?
Das war etwa zeitgleich, ich war zehn Jahre alt und habe meine erste Kamera und meine erste Aktie gekauft. Die Kamera war eine Adox Golf und die Aktie die Bayer AG. Die hat sich aber gar nicht bewegt. Wenn es danach gegangen wäre, wäre ich heute nicht Finanzinvestor. (lacht)
„Eigentlich bin ich ziemlich risikofreudig“
Wie haben Sie mit der Fotografie angefangen?
Meine Patentante hat mir ein Abonnement des Foto-Magazins geschenkt, da habe ich viel gelesen, Theorie gelernt, in der Schule einen Fotokurs besucht, Filme entwickelt, Bilder vergrößert. Als Kind habe ich schon früh fürs Herborner Tageblatt fotografiert und berichtet. Der Chefredakteur hatte mich damals an die Hand genommen. als ich älter war, habe ich das Auto meines Vaters ausgeliehen und bin zum Beispiel zu den Kaninchenzüchtern gefahren, um die Fotos für die Zeitung zu machen.
Dagegen ist Warren Buffett wirklich interessanter. Und was fotografieren Sie heute sonst noch?
Ziemlich konventionell, ich habe den Apparat häufig dabei, entweder den kleinen oder auf Reisen das große Kaliber. Ich fahre gerne in die kalten Regionen, in der Arktis habe ich zum Beispiel Eisbären fotografiert. Ich fotografiere alles, was schön ist, ich mag Ästhetik.
Und wie kamen Sie zur Börse?
Ich habe schon als Kind Tag jeden Tag den Wirtschaftsteil der Zeitung gelesen. Und ich erinnere mich noch an die Waldspaziergänge mit meinem Vater, auch ein Betriebswirt, der mir erklärt hat, wie man Kapitalerhöhungen, Bezugsrechte und Wandelanleihen berechnet.
Was war Ihr erstes richtig erfolgreiches Investment?
1978 habe ich mit Optionen angefangen. Die ersten Jahre habe ich relativ viel gezockt, ausprobiert und verloren. Einen wirklich tollen Erfolg hatte ich im Crash 1987. Ich hatte schon jahrelang vorher gemeinsam mit Freunden Put-Optionen gekauft und die haben sich dann grandios bezahlt gemacht. Von dem Geld haben wir gemeinsam eine Safari in Afrika gemacht.
Zocken Sie auch heute noch?
Man darf es ja nicht so laut sagen, aber eigentlich bin ich ziemlich risikofreudig. Ich habe ja auch den Datini Fonds. Das ist ein Fonds, bei dem ich keine Rechenschaft ablegen möchte, ich mache einfach, was ich spannend und manchmal auch ein bisschen heiß finde. Das ist mein Ferrari, der hat keine Dämpfung drin und in den Kurven schleudert’s ein bisschen. Aber die Renditen sind auch extrem. Trotz Rentenanteil von 20 bis 40 Prozent habe ich dieses Jahr schon 18 Prozent Rendite gemacht. Das ist ein gemischtes Portfolio und da mache ich dann auch mal eben zehn Call-Optionen.
Trotz dieser Begeisterung, könnten Sie sich vorstellen, den Finanzmärkten den Rücken zu kehren und die Fotografie zum Hauptberuf zu machen?
Es gibt Leute, die können das viel besser als ich. Und denen sollte man ihren Platz lassen. Ich werde immer ganz hübsche Bilder machen können, die man gerne anguckt. Aber ein Profi-Fotograf bringt da eine ganz andere Spannung rein und den Anspruch habe ich gar nicht. Ich bleibe Amateur, ich bleibe Liebhaber und meine wahre Berufung ist der Finanzmarkt. Die ganze Finanzwelt finde ich mysteriöser und spannender, das ist einer der interessantesten Lebensbereiche überhaupt.
Herr Leber, vielen Dank für das Interview.
Zur Person: Hendrik Leber hat Betriebswirtschaft in Saarbrücken, St. Gallen, Syracuse und Berkeley (USA) studiert. Bevor er 1994 die Acatis Investmentgesellschaft gründete, war er von 1989 bis 1994 für das Bankhaus Metzler und 1984 bis1989 für die Unternehmensberatung McKinsey tätig.