Finanzexperte einmal anders "Was Buffett liest, analysiert bei uns der Computer"

Hendrik Lebers größtes Vorbild heißt Warren Buffett. Im Interview erklärt der Gründer der Acatis Investmentgesellschaft, warum bloßes Nachahmen keine gute Strategie ist und ihm neue Technologien besonders wichtig sind.

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Welche Börsen an ihren Hochs kratzen
Dax, DeutschlandDer Deutsche Leitindex erreichte seinen Höchststand von 8.151,57 Punkten im Handelsverlauf am 13. Juli 2007. Obwohl sich die Krise am US-Immobilienmarkt bereits abzeichnete, schaffte der Dax 2007 ein Jahresplus von 23 Prozent. Momentan ist der Index ein gutes Stück vom Rekord entfernt – es fehlen über 450 Punkte. Beim Dax handelt es sich im Gegensatz zu den anderen großen Indizes wie dem Dow Jones um einen Performance-Index – in diesen werden die Dividenden der enthaltenen Unternehmen mit eingerechnet. Der Dow-Jones als Kursindex dagegen bildet nur die Kursentwicklung der Einzelwerte ab. Quelle: dapd
Dow Jones, USADas wichtigste Börsenbarometer der Welt ist an der New York Stock Exchange gelistet. Die Marktkapitalisierung aller im Dow Jones gelisteten Aktien beträgt mehr als drei Billionen Euro. Zum Vergleich: Im Dax beträgt die Marktkapitalisierung aller Aktien fast 880 Milliarden Euro. Der Dow Jones hat seinen Höchststand von 14.716,46 Punkten auf Verlaufsbasis am 09. April 2013 erreicht. Vor allem das billige Geld der Notenbanken treibe Anleger in Aktien, urteilen Analysten. Doch erste Anzeichen für ein baldiges Ende der lockeren Geldpolitik könnten den Dow Jones schnell wieder fallen lassen. Momentan notiert der Dow knapp unter seinem Hoch. Quelle: REUTERS
Nikkei 225, JapanAm 29. Dezember 1989 erreichte der Nikkei mit 38.957,44 Punkten im Handelsverlauf seinen Allzeithöchststand. Im April 2003 erreichte der wichtigste japanische Index den Tiefststand von 7.607 Punkten. Innerhalb von etwa viereinhalb Jahren hatte der Nikkei damit mehr als 80 Prozent eingebüßt. Schuld war unter anderem auch das Platzen der Spekulationsblase im Technologiesektor (Dotcom-Blase). Die Grenze von 30.000 Punkten fiel zum ersten Mal am 7. Dezember 1988 – davon ist trotz eines guten Kurses derzeit nicht einmal die Hälfte erreicht. Genauso wie der Dow-Jones-Index ist der Nikkei 225 kein Performance-Index, sondern ein preisgewichteter Kursindex. Quelle: dpa
Nasdaq 100, USADas amerikanische Pendant zum TecDax ist der Nasdaq 100, der die 100 größten Technologieunternehmen der Nasdaq enthält. Der Index listet unter anderem Börsenschwergewichte wie Apple, Google und Amazon. Seit Mai 2012 auch Facebook. Das Allzeithoch von 4.816,35 Punkten erreichte der Nasdaq 100 im Handelsverlauf des 24. März 2000. Dies verwundert wenig, da Technologieaktien um 2000 herum deutlich überbewertet waren, die sogenannte Dotcom-Blase. Deshalb notiert der Nasdaq in der vergangenen Zeit auch um rund 2000 Punkte niedriger. Quelle: REUTERS
S&P 500, USADer dritte wichtige Index aus den USA ist der S&P 500. Der von Standard & Poor's zusammengestellte Index umfasst die 500 größten US-Unternehmen und gehört damit zu den meistbeachtesten Indizes der Welt. Der klassische S&P, der auch in den Medien die meiste Beachtung findet, ist ein Kursindex. Er erreichte sein Allzeithoch von 1.576,09 Punkten im Handelsverlauf des 11. Oktober 2007. Momentan ist der Index nur wenige Punkte von seinem Rekord entfernt. Möchte man den Dax mit dem S&P vergleichen, so kann man auf den S&P 500 Total Return zurückgreifen, der wie der Dax ein Performance-Index ist. Seit dem 1. Januar 2000 hat sich der S&P 500 TR mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von 9,7 Prozent besser entwickelt als der Dax (8,5 Prozent). Quelle: REUTERS
Euro Stoxx 50, EuropaDer wohl wichtigste Index für Europa ist der noch recht junge Euro Stoxx 50, der die größten Unternehmen aus der Euro-Zone listet. Der erst 1998 eingeführte Index erreichte sein Handelsallzeithoch von 5.495,18 Punkten am 6. März 2000. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase ging es für den Euro Stoxx 50 deutlich nach unten. Nachdem er sich wieder aufgerappelt hatte, belastete ab 2007 die weltweite Finanzkrise und das Schuldenchaos in Europa den Kurs. Zurzeit notiert der Euro Stoxx in der Nähe von 2600 Punkten. Quelle: dapd
FTSE 100, GroßbritannienDer „Footsie“, wie er umgangssprachlich genannt wird, repräsentiert 80 Prozent der Marktkapitalisierung aller Aktien, die an der Börse in London gelistet sind. Sein Allzeithoch von 6.950,60 Punkten erreicht der Index am 30. Dezember 1999 – also wenige Monate vor dem Platzen der Dotcom-Blase. Erst acht Jahre später sollte der Kurs in ähnliche Höhen kommen, dann brach die Finanzkrise aus. Aktuell fehlen zum Höchststand etwa 500 Punkte. Quelle: AP

Wenn Hendrik Leber nach seinem großen Vorbild gefragt wird, muss er nicht lange überlegen. Der Investor hat vor 20 Jahren die Acatis Investmentgesellschaft in Frankfurt gegründet und orientiert sich an den Strategien des US-Investors Warren Buffett. Jährlicher Höhepunkt ist für ihn die Hauptversammlung von Berkshire Hathaway. Als begeisterter Hobbyfotograf hat er dort auch stets seine Kamera dabei. Beim Investieren setzt er aber nicht auf blindes Nachahmen, sondern hat seinen eigenen Kopf. Besonders beim Thema Technologie ist Leber moderner als der legendäre Investor.

Stimmungsvolle Landschaften, hübsche Frauen und herausragende Architektur – viele Hobby-Fotografen lieben solche Motive. Herr Leber, Sie dagegen fotografieren am liebsten einen alten Mann. Doch nicht irgendeinen, sondern Starinvestor Warren Buffett. Was fasziniert Sie so an ihm?
Warren Buffett ist ein Genie. Er ist jetzt gerade 84 geworden. Er ist der erfolgreichste Investor aller Zeiten. Und man kann jedes Jahr zu ihm fahren und sich Weisheiten erklären lassen – das finde ich genial. Er hat alle Investmentrekorde gebrochen und erzählt uns auch noch, wie er das macht.

Sie waren schon 19 Mal in Omaha bei der Hauptversammlung von Buffetts Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway. Allerdings sind da auch zig Tausend andere Investoren. Ist es einfach, Buffett vor die Linse zu bekommen?
Ich schleiche morgens immer rum, wenn er seinen Rundgang macht. Es gibt ja die Halle, wo all seine Firmen ausstellen. Meistens stelle ich mich an die Modelleisenbahn, wo seine Burlington Northern Eisenbahn herumfährt und habe dann wunderbare Gelegenheiten, ihn zu fotografieren. Aber eine halbe Stunde wartet man schon.

Was ist spannender, das Fotografieren oder seine Antworten auf die Fragen der Investoren?
Beim Fotografieren treibt mich ein Jagdinstinkt. Aber richtig spannend sind die sechs Stunden Fragen und Antworten. Das sind dann etwa 60 Fragen, ich schreibe alles mit und brauche dann Jahre, um zu deuten, was er wirklich gemeint hat.

10 Tipps für Börseneinsteiger

Sie haben es also vor allem auf die Investment-Tipps abgesehen?
Es sind keine wirklichen Tipps. Er geht nicht in Aktiendetails, sondern teilt seine Beobachtungen, und man muss selbst Schlussfolgerungen daraus ziehen. Er gibt nie ein fertiges Kochrezept ab, sondern Hinweise auf etwas, das man besser beobachten sollte.

Also bestimmte Branchen?
Er hat zum Beispiel erklärt, dass Öl mit der Eisenbahn doppelt so schnell transportiert werden kann wie mit der Pipeline. Und plötzlich wurde mir klar, warum er eine Eisenbahnlinie hat. Als er die gekauft hatte, dachte ich noch, was macht er damit, was soll das? Aber dann ergab das alles einen Sinn.

Buffett wird auch das Orakel von Omaha genannt. Sind seine Antworten tatsächlich immer so gehaltvoll?
Man sieht oft das Bild eines älteren Herrn und denkt sich „netter Opa“. Aber der Eindruck ist vollkommen falsch. Der Mann ist hochgradig analytisch scharf. Wenn man die Schnelligkeit seiner Antworten erlebt, bekommt man eine Ahnung davon, was für ein überragender Kopf das ist. Oft klingen die Antworten zunächst trivial, aber es stecken sehr komplexe Gedanken dahinter. Das ist phänomenal.

„Durch Nachahmen kommt man nicht vom Fleck“

Die besten Geldmanager Deutschlands
Hendrik Leber Quelle: Presse
Frankfurt Performance Management (Martin Wirth, Manfred Piontke) +47,9 ProzentPlatz 2 in der Kategorie "Aktien nach Ertrag"Anlageempfehlungen:Sto: Dämmstoffspezialist, profitiert vom Bau- und SanierungsboomSartorius: Laborausstatter, Gewinnziele mehrfach gehobenLeoni: Übernahmegerüchte halten sich hartnäckig, günstig bewertetNorma: Neu in den Portfolios, expandiert erfolgreich nach AsienFreenet: Strategie, auf mehr umsatzstarke Kunden zu setzen, greift „Gute Aktien ziehen weiteres Kapital an, schlechte Anlagen werden trotz Liquiditätsschwemme weiter vor sich hindümpeln“, formuliert Martin Wirth sein derzeitiges Anlage-Credo. Deswegen ist dem Spezialisten für kleine deutsche Aktien auch nicht bange, dass dem seit 2009 schon steigenden Markt bald die Puste ausgehen könnte. „Wer eine Wahl hat zwischen Aktien und Bonds und keinen strengen Regeln unterliegt, wird weiterhin zur Aktie greifen, denn dort bekommt er einen flüssig handelbaren, inflationsgeschützten Sachwert, der im Bestfall auch noch eine regelmäßige Rendite abwirft.“ Wirth und Piontke bevorzugen Aktien von Mittelständlern aus der näheren Umgebung, von denen sie sich vor Ort ein genaues Bild machen können. In den Fonds – individuell betreute Großkunden spielen bei ihnen eine Nebenrolle – halten sie nur deutsche Aktien. „Die kennen wir, die können wir einschätzen.“ Quelle: Klaus Weddig für WirtschaftsWoche
Stephan Simmroß Quelle: Presse
Jens Ehrhardt Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche
Bert Flossbach Quelle: LAIF/Thomas Rabsch
Tim Schmiel Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Michael Demmel, hadi Saidi, Rüdiger Fries Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

Sie sind ein großer Fan, in wieweit wird Ihre persönliche Anlagestrategie von Buffett beeinflusst?
Wenn wir investieren, stellen wir uns selbst oft die Frage, ist das nun früher Graham-, später Buffetstil – aus welcher Lebensphase nehmen wir gerade unsere Ideen? Buffett hatte ja ganz verschiedene Phasen. In den 50ern war er Hedgefonds-Manager, dann ein bisschen Raider, hat also Firmen aufgekauft und zerschlagen, bis er merkte, wie anstrengend das ist. Dann ist er lange Zeit auf der Graham-Schiene gefahren, die heißt: Kaufe viele billige Aktien und es wird irgendwas dabei herauskommen. Und 1972 hatte er diesen Saulus-zu-Paulus-Effekt – beim Kauf von See‘s Candy - und änderte seine Strategie weg von „billig und schlechte Qualität“ hin zu höheren Börsenkursen und besserer Qualität. Seitdem ist er ein Freund der sehr guten Geschäftsmodelle.

Und in welcher Phase sind Sie nun?
Wir haben uns im Team aufgeteilt, ein Kollege ist auf die Qualität fixiert, ein anderer hält nach Turnaround-Kandidaten Ausschau und ich mag lieber die schwierigen und die billigen Fälle, bin also eher früher Buffett. Ich werde nie sein Denken nachahmen können, denn Buffett ist wirklich genial, wie ein großer Naturwissenschaftler. Aber wir versuchen ein paar Grundideen für uns zu nutzen.

Können Sie ein konkretes Investment nennen, das Buffett auch so gemacht hätte?
Buffett findet es gut, wenn eine Firma Dinge verkauft, die man jeden Tag braucht. Deshalb haben wir in die IT-Unternehmen Qualcom und Oracle investiert. Die hätte Buffett jedoch nicht gekauft, weil er sich mit Technologie nicht auskennt und nur das kauft, was er versteht. Ihm entgeht dadurch etwas, denn in dieser Branche gibt es noch günstige Angebote. Wir verstehen uns als neue Generation und wenden seine Strategien auf die neue Zeit an. Den ganzen IT-Bereich mögen wir sehr.

Die Prognosen der Finanzprofis

Sie laufen also nicht blind dem Guru hinterher?
Das würde gar nicht funktionieren. Wir haben das mal über mehrere Jahre nachgerechnet und stets die aktuellen Käufe und Verkäufe der besten Investoren der Welt kopiert, dabei kommt aber nichts besonders Gutes raus. Durch Nachahmen kommt man nicht vom Fleck. Man muss vorher da sein oder eben das Denkmuster auf neue Situationen anwenden.

Die üppigen Renditen von früher konnte Buffett zuletzt aber nicht mehr erwirtschaften. Woran liegt das?
Das sagt er selbst ganz klar: Früher war das Volumen seiner Investments noch viel kleiner. Er konnte ganz leicht Gelegenheiten nutzen. Doch in seiner aktuellen Größenklasse gibt es solche Gelegenheiten und unbeobachtete Aktien nicht mehr. Er selbst sagt, wenn er kleiner wäre, könnte er locker 50 Prozent Rendite pro Jahr machen. Das glaube ich ihm auch.

Könnte er nicht einen Strohmann einsetzen, der seine Entscheidungen nachvollzieht, aber kein Riesenbudget hat?
Das sieht man schon so ein bisschen an seinen jüngeren Kollegen, die er eingestellt hat, Ted Weschler und Todd Combs. Die haben jeweils knapp drei Milliarden Dollar, mit denen sie spielen dürfen und ihre Investitionen sind tatsächlich interessanter als die von Buffett. Kleiner und durchaus witziger. Aber ich glaube nicht, dass ihnen Buffett da reinredet.

„Computer nehmen uns die Butter vom Brot“

Zehn Szenarien für 2013 - und was sie für Anleger bedeuten
Der Euro wird überlebenDie europäische Währung, Dauerpatient auf der Intensivstation, wird bis 2013 nicht sterben - davon gehen jedenfalls die Analysten der Research-Abteilung von HSBC Trinkaus aus. Ihre Prognose begründen sie mit den Treuebekundungen der europäischen Politiker zum Euro und dem Versprechen der EZB unbegrenzt Staatsanleihen klammer Staaten zu kaufen, die einen Hilfsantrag beim Euro-Rettungsschirm gestellt haben. Die Märkte werden sich langfristig beruhigen, sofern die Euro-Länder ihre Hausaufgaben machen. Quelle: dpa
Niedrige Zinsen, niedrige InflationDie Zinsen werden mittelfristig niedrig bleiben. Die Analysten der HSBC rechnen damit, dass die EZB ihre Niedrigzinspolitik auch noch 2013 fahren wird. Allerdings gehen sie auch von einer niedrigen Teuerungsrate aus. Paradox? Nein. Denn die Geldflut der EZB werde nicht über Kredite in die Realwirtschaft fließen und zwar wegen hoher Arbeitslosigkeit und Unterkapazitäten in der Euro-Zone. Ausnahme bleibe Deutschland: Hierzulande könnte die Inflation stärker anziehen - dank Lohnsteigerungen und robustem Arbeitsmarkt. Quelle: dpa
Keine ImmobilienblaseEine Immobilienblase in Deutschland sehen die Experten nicht. Das heißt aber nicht, dass Immobilien nicht gefragt sein werden. Dafür sprechen niedrige Zinsen und damit niedrige Finanzierungskosten. Zudem sei der Arbeitsmarkt robust - und wer einen sicheren Job hat, der will auch ein eigenes Häuschen. Doch Immobilien könnten auch als Anlageklasse interessanter werden – dank niedriger Renditen bei festverzinslichen Papieren und volatiler Aktienmärkte. Quelle: dpa
Dollar könnte unter die Räder kommenFür eine Belastung des Dollar-Kurses sehen die Analysten der HSBC für 2013 drei Faktoren. Erstens: Die lockere Geldpolitik der US-Notenbank und wahrscheinlich werden weitere quantitative Maßnahmen folgen. Zweitens driften die USA auf die Schuldenobergrenze zu. Wenn diese nicht erhöht wird, wird die US-Regierung zahlungsunfähig, was die Wirtschaft belasten und automatisch Steuererhöhungen mit sich bringen wird. Als dritten Grund sehen sie eine mögliche Verlagerung der Aufmerksamkeit. Während derzeit alle Welt auf die Staatsfinanzen der Euro-Länder schauen, könnte sich in Zukunft die Diskussion auf die USA konzentrieren. Quelle: dpa
Gold glänztDer Goldpreis wird weiter steigen. Weil Notenbanken Gold kaufen, die Realzinsen negativ sind und Währungen abgewertet werden, steigt die Beliebtheit des Edelmetalls weiter. Sorgen um eine wachsende Inflation verstärken diesen Trend noch. Die Geldflut dürfte außerdem ihren Weg zum Gold finden, das im Gegensatz zur Währung nicht beliebig vermehrt werden kann. Quelle: dpa
Unternehmensanleihen sind interessantAufgrund ihrer Prognosen für das Jahr 2013 hat die HSBC auch bestimmte Anlagestrategien empfohlen. Die Investmentgrade-Unternehmensanleihen gehören dazu. Denn selten sei der Aufschlag im Verhältnis zur Rendite so hoch gewesen. Langfristig sei das Chance-Risiko-Verhältnis besonders attraktiv. Gegen ein kurzfristiges Investment in diese Anlageklasse spreche dagegen vor allem die geringe Liquidität. Bei Staatsanleihen von Ländern mit einem guten Rating sind die Renditen kleiner als die Inflation und deshalb unattraktiv. Quelle: dpa
Spekulativ: Hoch-Zins-AnleihenIn Tagen der Niedrigzinspolitik ist bei Staatsanleihen wenig zu holen. Die Analysten der HSBC empfehlen deshalb spekulativen Investoren High-Yield-Anleihen - jedoch nur als Beimischung. Allerdings ist bei Unternehmens-Hochzins-Anleihen Vorsicht geboten: Die hohen Zinsen gibt es wegen der schlechten Kreditwürdigkeit der Unternehmen. HSBC empfiehlt deshalb, sich die Unternehmen genau anzuschauen und solche auszuwählen, die ein solides Geschäftsmodell und geringe Verschuldung. Quelle: dpa

Nicht bloß Buffett, sondern Value-Investoren insgesamt – und zu denen gehören Sie ja auch – müssen immer wieder Renditeeinbußen hinnehmen. Ist der Value-Ansatz trotzdem noch aktuell?
Am Kapitalmarkt gibt es Phasen und Wellenbewegungen. Bis 2007 hatte beinahe jede Bank eine Value-Abteilung aufgebaut und die Preise wurden nach oben getrieben. Dann hat es ab August 2007 nicht mehr geklappt und viele sind wieder rausgegangen. Da muss man drüberstehen. Meiner Meinung nach ist Value die einzig logische Anlageform: Billiger kaufen als der innere Wert, das funktioniert. Nur die Wellen lagern sich darüber und nehmen einem manchmal die Rendite weg und manchmal addieren sie was dazu.

Wie gehen Sie bei der Suche nach unterbewerteten Firmen vor?
Buffett würde einfach die Geschäftsberichte der Reihe nach durchlesen. Dass das ziemlich viel ist, hat auch mal jemand auf einer Hauptversammlung angemerkt. Und Buffett antwortete: ‚Dann fangen Sie bei A an.’ Also systematisch alles lesen. Wir machen das etwas anders, wir gehen zwar auch systematisch alle Bilanzen durch, aber mit Hilfe von Computern. In unserem System haben wir etwa 18.000 Bilanzen und ein Bewertungsschema und filtern jeden Monat durch. Dann kommen pro Monat 30 bis 50 interessante, billige Aktien heraus und etwa 20 davon schauen wir uns im Team genauer an. Was Buffett liest, analysiert bei uns der Computer.

Hendrik Leber, Fondsmanager und Value-Investor, sucht stets nach unterbewerteten Aktien - und wird etwa bei Solarunternehmen und in Japan fündig. Wo er beim nächsten Kursrutsch zuschlägt.
von Andreas Toller

Investieren ohne Computer geht also nicht mehr?
Moderne Computertechnologie wird für Investoren immer mehr zur Konkurrenz, die Computer nehmen uns die Butter vom Brot. Deshalb ist es nur logisch, dass ich die Computer für mich arbeiten lasse. Wir forschen gerade zum Thema künstliche Intelligenz: Was kann ich aus den Ziffern in einem Geschäftsbericht herauslesen? Welche Strukturen kann ich aus den Texten erkennen? Sehe ich irgendwelche Muster? Wie verhält sich das Management? Wir haben verschiedene Baustellen, an denen wir arbeiten, und die Computer sind unsere Assistenten.

Können Sie Ihren Computer irgendwann so programmieren, dass er handelt wie Warren Buffett?
Das wird gehen. Da bin ich mir ziemlich sicher und darauf arbeiten wir auch hin. Wir testen gerade verschiedene Modelle und neuronale Netze – das sind solche Dinger, die bei selbstfahrenden Autos, bei der Autovervollständigung von Google oder bei Schachcomputern zum Einsatz kommen. Da tut sich unglaublich viel. Wir wollen das so nutzen, dass wir das System mit Daten füttern und es uns am Ende sagt, ob sich ein Investment lohnt. Schon heute findet das System interessante Dinge, aber wir verstehen die noch nicht ganz, wir lernen noch.

Diese Anlagestrategien empfehlen die Finanzmarkt-Kenner

Was ist denn heute schon machbar?
Wir machen zum Beispiel Textanalyse: Ein Kollege füttert den Computer mit Geschäftsberichten. Herauszufinden, ob sich in der Nähe bestimmter kritischer Worte interessante andere Worte befinden, ist Aufgabe der Künstlichen Intelligenz. Spannend – wenn auch ganz konventionell – ist auch das Benfordsche Gesetz: In einem Geschäftsbericht, wie in jedem Zahlenwerk, haben die Ziffern eine bestimmte Häufigkeit, die Eins kommt mit 30 Prozent Wahrscheinlichkeit vor, die Zwei mit 17 und so weiter. Wenn diese Häufigkeit nicht da ist, sind die Zahlen manipuliert. Das sind schöne Werkzeuge.

Die Leidenschaft für die Börse und die Finanzwelt merkt man Ihnen an. Auch Ihre Fotos sind keine Schnappschüsse. Was hatten Sie zuerst, eine Aktie oder eine Kamera?
Das war etwa zeitgleich, ich war zehn Jahre alt und habe meine erste Kamera und meine erste Aktie gekauft. Die Kamera war eine Adox Golf und die Aktie die Bayer AG. Die hat sich aber gar nicht bewegt. Wenn es danach gegangen wäre, wäre ich heute nicht Finanzinvestor. (lacht)

„Eigentlich bin ich ziemlich risikofreudig“

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
Aktien waren 2012 der Renner an der Börse. Trotzdem griff gerade einmal jeder fünfte deutsche Anleger zu den Anteilsscheinen. Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bankenverbandes, die das Anlageverhalten der Deutschen untersuchte. Handelsblatt Online zeigt, wo die Deutschen 2012 ihr Geld investierten und welche Anlageprodukte die Anleger dieses Jahr im Visier haben. Quelle: gms
Senioren sind Top-AnlegerDer Anteil der Deutschen, die 2012 einen nennenswerten Geldbetrag angelegt haben, steigt mit zunehmenden Alter erkennbar an. Im Gesamtdurschnitt gibt mit 54 Prozent etwas mehr als die Hälfe der Befragten an, über entsprechende Finanzanlagen zu verfügen. Unter den Frauen beträgt der Anteil 53 Prozent, unter den Männern 55 Prozent. Mit 47 Prozent bilden Anleger im Alter von 18 bis 39 Jahren die kleinste Anlegergruppe. Die größte Gruppe bilden mit 65 Prozent Anleger ab 60 Jahren. Quelle: gms
Freud und Leid bei den AnlegernTrotz eines weiteren Euro-Krisenjahr stieg der Dax 2012 auf ein neues Allzeithoch. Auf das gesamte Jahr hochrechnet legte der Leitindex um gut 30 Prozent zu. Knapp die Hälfte (48 Prozent ) der deutschen Anleger zeigte sich trotz der guten Kursentwicklung mit der Werteentwicklung ihrer Finanzanlage unzufrieden. Quelle: dpa
Festgeld und Tagesgeld besonders beliebtIm laufenden Jahr 2012 waren bei den deutschen Anlegern Festgeld und Tagesgeld die beliebtesten Anlageprodukte. Obwohl der Dax in diesem Jahr um rund 30 Prozent zulegte, rangieren börsennotierte Finanzprodukte erst deutlich danach. Gerade einmal jeder fünfte Deutsche investierte sein Geld in Aktien. Darauf folgten Immobilien mit knapp 17 Prozent. Das in der Krise besonders beliebte Anlageobjekt Gold, war mit gerade einmal neun Prozent ebenfalls auf den hinteren Plätzen. Quelle: gms
Frauen mögen Festgeld und meiden AktienWährend Frauen tendenziell stärker in Festgeld sowie Tagesgeld investiert sind, meiden sie Aktienanlagen noch in stärkerem Maße als Männer. Bei Fonds sind hingegen nur geringfügige, bei Immobilien, Gold und anderen Edelmetallen sogar überhaupt keine Unterschiede im Anlageverhalten von Männern und Frauen feststellbar. Quelle: dpa
Potenzial für Immobilien und GoldNeben Festgeld und Tagesgeld würden die Verbraucher 2013 auch stärker in Immobilien, Gold und andere Edelmetalle investieren, wenn sie einen größeren Geldbetrag dafür zur Verfügung hätten. Den größten Zuwachs im Vergleich zu 2012 erleben Immobilien. 46 Prozent aller deutschen Anleger würden sich ein Haus oder eine Wohnung anschaffen. 2012 investierten gerade einmal 17 Prozent in Immobilien. Auch die Krisenwährung Gold ist 2013 deutlich beliebter. Knapp 30 Prozent der deutschen Anleger würden sich größere Goldbestände zulegen. Quelle: obs
Geringe Risikobereitschaft bei der AnlageTrotz des derzeit allgemein niedrigen Zinsniveaus können sich nur neun Prozent der Anleger vorstellen, bei künftigen Finanzanlagen mit einer höheren Risikobereitschaft gegebenenfalls eine höhere Renditen zu erzielen. Mit 91 Prozent legt die Mehrheit der deutschen Sparer einen großen Wert auf Sicherheit. Quelle: gms

Wie haben Sie mit der Fotografie angefangen?
Meine Patentante hat mir ein Abonnement des Foto-Magazins geschenkt, da habe ich viel gelesen, Theorie gelernt, in der Schule einen Fotokurs besucht, Filme entwickelt, Bilder vergrößert. Als Kind habe ich schon früh fürs Herborner Tageblatt fotografiert und berichtet. Der Chefredakteur hatte mich damals an die Hand genommen. als ich älter war, habe ich das Auto meines Vaters ausgeliehen und bin zum Beispiel zu den Kaninchenzüchtern gefahren, um die Fotos für die Zeitung zu machen.

Dagegen ist Warren Buffett wirklich interessanter. Und was fotografieren Sie heute sonst noch?
Ziemlich konventionell, ich habe den Apparat häufig dabei, entweder den kleinen oder auf Reisen das große Kaliber. Ich fahre gerne in die kalten Regionen, in der Arktis habe ich zum Beispiel Eisbären fotografiert. Ich fotografiere alles, was schön ist, ich mag Ästhetik.

Und wie kamen Sie zur Börse?
Ich habe schon als Kind Tag jeden Tag den Wirtschaftsteil der Zeitung gelesen. Und ich erinnere mich noch an die Waldspaziergänge mit meinem Vater, auch ein Betriebswirt, der mir erklärt hat, wie man Kapitalerhöhungen, Bezugsrechte und Wandelanleihen berechnet.

Was war Ihr erstes richtig erfolgreiches Investment?
1978 habe ich mit Optionen angefangen. Die ersten Jahre habe ich relativ viel gezockt, ausprobiert und verloren. Einen wirklich tollen Erfolg hatte ich im Crash 1987. Ich hatte schon jahrelang vorher gemeinsam mit Freunden Put-Optionen gekauft und die haben sich dann grandios bezahlt gemacht. Von dem Geld haben wir gemeinsam eine Safari in Afrika gemacht.

Zocken Sie auch heute noch?
Man darf es ja nicht so laut sagen, aber eigentlich bin ich ziemlich risikofreudig. Ich habe ja auch den Datini Fonds. Das ist ein Fonds, bei dem ich keine Rechenschaft ablegen möchte, ich mache einfach, was ich spannend und manchmal auch ein bisschen heiß finde. Das ist mein Ferrari, der hat keine Dämpfung drin und in den Kurven schleudert’s ein bisschen. Aber die Renditen sind auch extrem. Trotz Rentenanteil von 20 bis 40 Prozent habe ich dieses Jahr schon 18 Prozent Rendite gemacht. Das ist ein gemischtes Portfolio und da mache ich dann auch mal eben zehn Call-Optionen.

Trotz dieser Begeisterung, könnten Sie sich vorstellen, den Finanzmärkten den Rücken zu kehren und die Fotografie zum Hauptberuf zu machen?
Es gibt Leute, die können das viel besser als ich. Und denen sollte man ihren Platz lassen. Ich werde immer ganz hübsche Bilder machen können, die man gerne anguckt. Aber ein Profi-Fotograf bringt da eine ganz andere Spannung rein und den Anspruch habe ich gar nicht. Ich bleibe Amateur, ich bleibe Liebhaber und meine wahre Berufung ist der Finanzmarkt. Die ganze Finanzwelt finde ich mysteriöser und spannender, das ist einer der interessantesten Lebensbereiche überhaupt.

Herr Leber, vielen Dank für das Interview.

Zur Person: Hendrik Leber hat Betriebswirtschaft in Saarbrücken, St. Gallen, Syracuse und Berkeley (USA) studiert. Bevor er 1994 die Acatis Investmentgesellschaft gründete, war er von 1989 bis 1994 für das Bankhaus Metzler und 1984 bis1989 für die Unternehmensberatung McKinsey tätig.

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