Finanzstabilitätsbericht des IWF Gefährliche Banken

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor neuen Risiken für das globale Finanzsystem. Vor allem Europas Banken machen den Experten Sorgen.

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Vom 7. bis 9. Oktober treffen sich die Mitgliedsländer des Internationalen Währungsfonds zu ihrer Jahrestagung in Washington. Quelle: AFP

Die guten Nachrichten sind schnell abgehandelt im neuen Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) über den Zustand des Weltfinanzsystems. Zumindest kurzfristig seien keine akuten Schocks zu erwarten, argumentieren die Experten in ihrem stets beachteten Financial Stability Report. Angesichts der Angst um die italienischen Banken im Sommer und die Turbulenzen rund um die Deutsche Bank derzeit, ist das tatsächlich eine kleine Beruhigung. Aber eben nur eine kleine, denn tatsächlich sind es auch und vor allem Europas Banken, die dem IWF mittelfristig erhebliche Sorgen bereiten.

Im Prinzip sieht der Fonds die Finanzinstitute von allen Seiten in Bedrängnis: Schwaches Wachstum, chronisch niedrige Zinsen plus die immer strengeren Vorgaben der Regulierer stellten nicht nur Banken, sondern auch Versicherer und Pensionsfonds vor massive Herausforderungen, die mittelfristig die Finanzstabilität untergraben könnten, falls nicht schnell tiefgreifende Reformen eingeleitet werden.

In der Eurozone müssten die Banken dringend und gründlich ihre Geschäftsmodelle überholen, ihre Bilanzen entrümpeln, die Erblast der faulen Kredite tilgen und Kapitalschwächen angehen, fordert der IWF. Eine schnellere und effizientere Abarbeitung der notleidenden Darlehen könnte nach Schätzungen des Fonds 80 Milliarden Dollar an Kapital freisetzen. Sparprogramme, schlankere Filialnetze und ein optimierter Finanzierungsmix würden helfen, die Kosten der Geldhäuser um 40 Milliarden Dollar zu drücken, haben die Experten ausgerechnet. In einigen Fällen müssten schwächere Spieler allerdings aus dem Markt ausscheiden, denn die Banksysteme seien insgesamt überdimensioniert.

In diesem Sommer hatten die Probleme der italienischen Geldhäuser die Angst vor einer neuen Bankenkrise in Europa geschürt. Die Institute schieben einen Berg von faulen Krediten von insgesamt 200 Milliarden Euro vor sich her. Zuletzt war es aber vor allem die Deutsche Bank, die den Investoren die Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hat. An den Märkten geht die Angst um, dass eine drohende Milliardenstrafe aus den USA die vergleichsweise dünne Kapitaldecke des Instituts bedrohlich angreifen könnte. Zuletzt musste das Bundesfinanzministerium Spekulationen über eine staatliche Rettung dementieren. Die größte heimische Bank verlor in diesem Jahr rund die Hälfte ihres Börsenwerts. In der vergangenen Woche war der Kurs auf ein neues Allzeittief von 9,90 Euro gesackt, hat sich seither aber wieder deutlich erholt.


IWF kritisiert die lockere Geldpolitik

Bereits vor dem IWF war Bundesbankvorstand Andreas Dombret mit den Banken hart ins Gericht gegangen: „Weder ist die Größe einer einzelnen Bank ein Garant für ihr Überleben, noch kann die Größe des Sektors insgesamt vor Krisen schützen“, warnte Dombret in einer Rede Ende September. Der gesamte Sektor müsse sich gesundschrumpfen.

Auch Philipp Hildebrand, Vizechef des weltgrößten Investors Blackrock, der auch größter Aktionär der Deutschen Bank ist, glaubt, dass Europas Banken die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt haben. Die Geldhäuser „haben in einem großen Ausmaß versagt“, sagte Hildebrand der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die langfristige Erfolgsbilanz der Institute sei „schockierend“ schlecht. „Es ist frustrierend, dass sich in einer Reihe großer europäischer Banken, trotz aller Rhetorik, noch immer nicht klar genug die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass eine radikale Neuorientierung des Geschäftsmodells notwendig ist“, sagte der Blackrock-Vize, der gleichzeitig für internationale Fusionen in der Branche warb.

Eine Teilschuld an der Misere der europäischen Banken gibt der IWF zumindest indirekt auch der Europäischen Zentralbank. Einige geldpolitische Instrumente wie negative Zinsen „erreichen die Grenzen ihrer Wirksamkeit und die mittelfristigen Nebenwirkungen niedriger Zinsen für Banken und andere Finanzfirmen wachsen“, argumentieren die Experten. Deshalb müssten Fiskal- und Strukturpolitik dringend die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken ergänzen. Ende August hatte auch Deutsche-Bank-Chef John Cryan vor den „fatalen Folgen“ der EZB-Strategie gewarnt: „Inzwischen wirkt die Geldpolitik den Zielen entgegen, die Wirtschaft zu stärken und das europäische Bankensystem sicherer zu machen, warnte der Banker.

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