Fintechs Wenn der Roboter nicht reicht

Rund 20 Prozent der Finanzkunden in Deutschland hören auf den Rat vom Anlageroboter. Aber so ganz trauen sie den Maschinen doch nicht. Deshalb schlägt die Unternehmensberatung McKinsey jetzt ein anderes Modell vor.

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Roboter Myon des Forschungslabors Neurorobotik in Berlin: Anleger vertrauen den Maschinen immer mehr ihr Geld an. Quelle: dpa

Frankfurt. Die Anlage-Roboter sind in der Finanzbranche schon etabliert und haben bereits einen „Fan-Club“, der offenbar ganz ohne menschliche Berater auskommt. Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey bevorzugt nämlich mittlerweile jeder fünfte Kunde ein „komplett digitales Erlebnis“ – ihm reicht also ein standardisiertes, auf Algorithmen gestütztes Anlageportfolio vollkommen aus.

Für die Banken heißt das eigentlich „Alarmstufe Rot“. Es besteht akuter Handlungsbedarf, sonst verlieren Sie ihr traditionelles Stammgeschäft an die jungen Wilden aus der Fintech-Szene. „Rund ein Fünftel der Kunden sind echte Fans der Möglichkeiten eines virtuellen Robo-Beraters. Hier besteht die Gefahr, dass diese Klientel für die Banken dauerhaft verloren geht“, sagt Philipp Siebelt, Experte für das Thema Digital Banking bei McKinsey.

Die Top-Manager der Kreditinstitute, Privatbanken und Vermögensverwalter hätten nicht mehr jahrelang Zeit, um hier gegenzusteuern. Fast 40 Prozent der Bankkunden können sich laut McKinsey mittlerweile vorstellen, die Beratung und den Kauf von Finanzanlageprodukten über digitale Kanäle abzuschließen. Vor drei Jahren seien es erst 23 Prozent gewesen. Das könne man schon jetzt als Durchbruch für den Robo-Advisory-Markt bezeichnen.

Fast alle Berater und Fachleute prognostizieren für den Markt des „Robo-Advisory“ stürmische Wachstumsraten in den kommenden Jahren. Weltweit dürften im laufenden Jahr 95 Milliarden Dollar von den Anlage-Robotern verwaltet werden, bis 2020 sollen es bei einer durchschnittlichen Wachstumsrate von gut 50 Prozent bereits 430 Milliarden Dollar werden.

In Deutschland steckt die Branche der digitalen Vermögensverwaltung noch in den Kinderschuhen. Schätzungen zufolge verwalten etwa zehn deutsche Robo-Advisors heute erst insgesamt rund 200 Millionen Euro.


Das Beste aus beiden Welten

Die Anlage-Roboter bieten – basierend auf dem Risikoprofil der Kunden, den Zielen und dem Zeitplan – verschiedene Lösungen an. Dabei gibt es bisher einen starken Fokus auf kostengünstigen Indexfonds (ETFs), aber erste Anbieter wollen auch stärker aktiv gemanagte Fonds und sogar alternative Anlageklassen wie Beteiligungskapital und Immobilienpapiere berücksichtigen.

Obwohl die Anlage-Roboter auf dem Vormarsch sind, wollen die Kunden am liebsten das Beste aus beiden Welten – die virtuelle Auswahl und die menschliche Betreuung vor Ort. „Trotz der wachsenden Bereitschaft zu Online-Abschlüssen wünschen sich viele Kunden noch einen Berater, auf den sie im Notfall zurückgreifen können. Man will also eine Art Sicherheitsnetz aufgespannt wissen“, erklärt McKinsey-Berater Siebelt.

Das sei eine große Chance für die Banken, um mit digitalen Lösungen punkten zu können. „Solange Robo-Advice bei Privatkunden noch kein Massenphänomen sind, ist Kooperationen mit etablierten Finanzdienstleistern ein guter Weg, um Kunden an das Modell heranzuführen“, sagt Salome Preiswerk, eine der Whitebox-Gründerinnen – einem deutsch-schweizerischen Robo-Advisor.

Auf diesen „Hybrid-Kunden“ ruhen die Hoffnungen der klassischen Vermögensverwalter. Den jungen Fintechs fehle die kritische Masse an verwalteten Mitteln und Kunden, um profitabel arbeiten zu können. Die etablierten Banken wiederum litten unter ihrer veralteten Technik und den Konzernstrukturen. Ideal wäre deshalb eine Kombination beider Welten. „Dieses Modell hat die größten Chancen, als Sieger aus der Digitalisierung hervorzugehen“, heißt es bei McKinsey.

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