Förderkürzung Die Opec dreht den Ölhahn zu

Mit überwältigender Mehrheit hält die Opec ihre verabredeten Förderkürzungen ein. Diese Geschlossenheit des Ölkartells hätte vor einigen Wochen kaum ein Experte erwartet. Warum die Ölpreise am Montag dennoch fallen.

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Der Irak ist mit derzeit 4,5 Millionen Barrel pro Tag derzeit der zweitgrößte Ölförderer der Opec. Nur Saudi-Arabien fördert mehr (9,9 Millionen Barrel). Quelle: dpa

Frankfurt Was sich in den vergangenen Tagen bereits durch unabhängige Schätzungen abzeichnete, ist nun Gewissheit: Die Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) hat im Januar 890.000 Barrel Öl (à 159 Liter) weniger gefördert – und hält sich damit mehrheitlich an die verabredete Förderkürzung.

Im Dezember hatte sich das Ölkartell gemeinsam mit elf Nicht-Mitgliedsstaaten, darunter Russland, darauf verständigt, ab Januar 1,8 Millionen Barrel pro Tag weniger Öl zu fördern. Die Opec selbst werde um 1,2 Millionen Barrel kürzen. Die konzertierte Aktion soll das Überangebot am Ölmarkt in ein Defizit drücken.

Den größten Anteil an der Kürzung trägt Saudi-Arabien, das sogar noch über seine vorgesehene Einschränkung von 486.000 Barrel pro Tag hinausgeht. Dennoch bleiben die Saudis mit 9,9 Millionen Barrel pro Tag der mit Abstand größte Produzent der Opec. (Das zweitgrößte Mitglied ist mit 4,5 Millionen Barrel pro Tag der Irak.)

Damit kommt die Opec ihrem Ziel, das Überangebot am Ölmarkt abzubauen, näher. Dennoch fällt der Ölpreis am Montag. Experten rechnen auch in den kommenden Wochen nicht mit markanten Preissprüngen. Das hat gute Gründe, etwa die prall gefüllten Lagerbestände: Weltweit haben die Industrieländer noch knapp drei Milliarden Barrel im Vorrat. Bei einem weltweiten Verbrauch von derzeit rund 97 Millionen Barrel reicht das ungefähr, um die Welt dreißig Tage lang zu versorgen, und zwar rein aus den Lagerbeständen. Das Ölkartell klopft sich derweil selbst auf die Schulter. Schließlich würden die Lagerbestände ja abschmelzen. Die Vorräte der Industrieländer seien allein im Dezember um knapp 34 Millionen Barrel gesunken, geht aus dem Opec-Bericht hervor. Damit sinken die Bestände bereits seit fünf Monaten in Folge.

Daraus schöpft die Opec Selbstvertrauen, denn ein Abbau der Lager war eines der Hauptziele der Kürzung. Allerdings geht das in den kommenden Wochen wohl eher gemächlich vonstatten. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass die Bestände der Industrieländer täglich um 600.000 Fass fallen. Bei den hohen Lagerbeständen fällt das jedoch nur unwesentlich ins Gewicht. Zumal die Förderkürzung der Opec nur bis Ende Juni begrenzt ist. Heißt: Bleibt es bei dem aktuellen Tempo, fallen die Vorräte der Industrieländer um gerade einmal 90 Millionen Barrel, also drei Prozent. „Bis Ende des ersten Halbjahres werden sich die Lagerbestände deutlich über dem Durchschnittsniveau halten“, schlussfolgert denn auch die IEA.

Bereits am Freitag legte die IEA ihrerseits Schätzungen für den Ölmarkt vor. Sie urteilt, dass das Ölkartell seine geplanten Kürzungen offenbar zu 90 Prozent einhält – und sich damit so stark wie nie zuvor an seine Absprachen halte. Bei ähnlichen zurückliegenden Vereinbarungen kamen die Mitgliedsländer ihren Zusagen eher zu zwei Drittel nach.

Seit die Opec Ende November die Förderkürzung bekanntgab, sind die Ölpreise bereits um knapp ein Fünftel gestiegen. Das Level von 55 Dollar je Barrel (159 Liter) für die Nordseesorte Brent hatte der Markt allerdings schon seit Anfang des Jahres erreicht. Es wurde seitdem nicht merklich überstiegen.


Hindernisse in USA, Irak und Nigeria

Elf weitere Nicht-Mitgliedstaaten haben der Opec zudem ihrerseits Kürzungen von insgesamt 600.000 Fass versprochen. Russland allein will die Hälfte davon umsetzen, seine Produktion aber nur schrittweise drosseln.

Schon 2016 war zu erkennen, dass die Nicht-Opec-Staaten deutlich weniger Öl förderten. Doch nach Ansicht der IEA wird sich das in diesem Jahr schon wieder wenden. Im Jahresdurchschnitt werden die Nicht-Opec-Staaten demnach 400.000 Barrel mehr pro Tag fördern. Die Experten der IEA führen das vor allem auf die erhöhte Schieferölproduktion in den USA zurück. Denn die steigenden Preise begünstigten die unkonventionellen Ölproduzenten, die wieder mehr Öl förderten.

Bei der Opec dürfte das keine guten Erinnerungen wachrufen: Schon Mitte 2014 überschwemmte Öl aus den USA den Weltmarkt und schickte die Preise in den Keller. Das Angebot übertraf bei weitem die Nachfrage. Zeitweise kostete ein Fass Öl nur noch 27 Dollar. Hinzu kommt, dass die amerikanischen Schieferölproduzenten mittlerweile effizienter arbeiten: Brauchten sie im Oktober 2014 noch mehr als 1 500 Bohrlöcher, um knapp neun Millionen Barrel Öl zu fördern, benötigen sie aktuell gerade einmal ein Drittel der Bohrlöcher für dieselbe Menge.

Für Spencer Welch vom Marktforschungsinstitut IHS Markit könnte die US-Produktion die Zukunft des Opec-Abkommens infrage stellen. Bislang hatte die Opec offengehalten, ob sie ihre Kürzungen über den Juni hinaus bis Jahresende verlängert. Zudem gibt es innerhalb der Opec große Fragezeichen: „Sowohl Libyen als auch Nigeria wurden von der Kürzung ausgenommen, da sie weit weniger fördern als im historischen Vergleich“, erklärt Welch. „Falls eines der beiden Länder seine Produktion wieder auf sein übliches Niveau heben könnte, würde das den Opec-Deal zusätzlich unter Druck setzen.“

Diese Entwicklungen, gepaart mit den nach wie vor hohen Lagervorräten am Weltmarkt, führend zumindest im Fall der IEA dazu, dass vorerst nicht mit weiteren Preissprüngen gerechnet wird. Der Markt sei bis auf weiteres in einem „Abwarte-Modus“.

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