Fondsmanager Daniel Kröger "Europäische Aktien sind vergleichsweise günstig"

Die Börse hat eine eine dramatische Woche hinter sich. Fondsmanager Daniel Kröger erklärt, warum sein Europa-Aktien-Fonds gut durch die Turbulenzen kam und weshalb er lieber auf kleine Nebenwerte setzt.

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Daniel Kröger Quelle: Tom Hoenig

WirtschaftsWoche: Herr Kröger, viele Anleger sind nervös: Nach der vergangenen Woche mit Kursschwankungen von bis zu zehn Prozent – erst runter, dann wieder rauf – ist der Aktienmarkt angezählt. Wie haben Sie die Woche erlebt?

Kröger: Ich hatte eher gemischte Gefühle. Zum einen die Sorge, dass der Markt in Panik verfallen würde, was zum Glück ausgeblieben ist. Zum Anderen gab es hervorragende Chancen, Unternehmen mit einem großen Preisnachlass zu kaufen. Vor allem wurden auch Unternehmen abgestraft, die absolut nichts oder wenig mit der Krise in China zu tun haben. So habe ich die Gelegenheit genutzt, Titel wie U-Blox, Kontron oder Marine Harvest aufzustocken. Ich bin Stockpicker und grabe mich tief in Unternehmen ein. Damit ist so eine Woche eine hervorragende Chance für Value Investoren. Burburry war immer zu teuer, nun konnte man die Aktie mit einer Rendite von mehr als zehn Prozent kaufen. 

Zur Person

Warum hat sich Ihr Portfolio als vergleichsweise stabil erwiesen?

Geholfen haben Investments in Aktien wie Wüstenrot oder Globo, die in dem Crash am vergangenen Montag überhaupt nicht auf der Verkaufsseite standen – sondern im Gegenteil sogar gestiegen sind. Generell ist die Korrelation dieser Titel zu einer Benchmark sehr gering. Hinzu kommt, dass Wüstenrot-Aktien zum großen Teil in der Hand von Value Investoren sind, da verkauft niemand. Diese Woche hat dem Fonds eine Outperformance von sechs Prozent beschert, bei einer Volatilität von gerade mal 13 Prozent.

Aktien sind nicht mehr billig, Chinas Börse brach wiederholt ein, die Angst vor einer neuen globalen Rezession wächst. Ist die beste Zeit, in Aktien zu gehen, vorbei?

Das würde ich so pauschal nicht sagen. Aber es stimmt, dass die Blasensymptome weltweit zunehmen. Nur sind sie noch punktuell und nicht flächendeckend wie 1999. An der US-Westküste etwa gibt es sicherlich eine Bewertungsblase bei jungen Internet-Start-ups und Biotechnologiewerten. Anleger müssen aber genauer hinsehen: Technologie ist nicht pauschal zu teuer. Die Etablierten wie Oracle, Apple oder auch Cisco sind, gemessen an ihrem Wachstum, Cash-Flow und Gewinnmargen, sogar recht billig, erst recht im aktuellen Vergleich mit anderen Branchen.

Wie gefährlich ist die Situation in China nach den Einbrüchen am Aktienmarkt dort?

Das macht mir schon Sorgen; China hat enormen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft, auf die Autobauer sowieso, aber auch auf deren Zulieferer, wie den Chiphersteller Infineon. Dort läuft das Geschäft noch gut, aber man erkennt deutlich, dass das Management versucht, die Erwartungshaltung der Anleger für die nächsten Quartale etwas herunterzubremsen. Ich habe vergangene Woche mein Portfolio auf die Ansteckungsgefahren einer Rezession in China genau untersucht, Aktie für Aktie.

An diesen Märkten kracht es
Mit Chinas Aktienmarkt fing alles an: Jahrelang propagierte die Regierung in Peking den Einstieg in Aktien – ganz offiziell in den Staatsmedien. Der kleine Mann sollte an der Börse investieren und den chinesischen Unternehmen zu Kapital verhelfen. Doch mit dem stagnierenden Wirtschaftswachstum kamen Zweifel auf. Die Börsen in Schanghai und Shenzhen brachen innerhalb weniger Wochen drastisch ein. Und das Virus China begann, sich auszubreiten. Quelle: dpa
So zog Chinas Schwäche zum Beispiel auch das deutsche Aktienbarometer nach unten. Viele exportorientierte Dax-Unternehmen, vor allem die Autobauer, haben gelitten. Weil am Donnerstag die USA zusätzlich mit guten Konjunkturdaten aufwarten konnten und die Zinswende damit näher zu rücken scheint, ließ der Leitindex am Freitag weiter Federn. Zum Handelsschluss notierte er gut 300 Punkte tiefer bei 10.124 Punkten. Auf Wochensicht verlor der Dax knapp acht Prozent oder 861 Punkte. Quelle: REUTERS
Die voraussichtlich schlimmste Woche des Jahres für Aktien hat am Freitag auch die Wall Street nicht verschont. Nach enttäuschenden Konjunkturdaten aus China lagen die wichtigsten Indizes in New York zur Eröffnung deutlich im Minus. Der Dow-Jones-Index lag mit 16.815 Punkten ein Prozent im Minus. Der breiter gefasste S&P-500 tendierte mit 2.016 Zählern ebenfalls fast ein Prozent tiefer. Quelle: AP
Nicht nur an den Börsen, auch bei den Währungen ging es zuletzt deutlich bergab. Anfang der Woche gab die chinesische Zentralbank überraschend den Yuan-Wechselkurs frei – woraufhin dieser um mehrere Prozent nach unten rauschte. Auch in den Folgetagen konnte die Regierung den Kurs nur mit Mühe über Devisenverkäufe stabilisieren. Grundsätzlich will Peking daran festhalten, den Referenzkurs für den Wechselkurs nach Angebot und Nachfrage zu bestimmen. Quelle: dpa
Nicht nur der Yuan, auch die Schwellenländerwährungen allgemein haben in dieser Woche stark gelitten. Die türkische Lira, zum Beispiel, erreichte einen historischen Tiefstand nach dem anderen. Der Grund: Investoren ziehen ihr Geld aus den Schwellenländern ab und investieren es eher wieder im Dollar und Euro-Raum. Viele Schwellenländer hängen am Tropf Chinas. Das Vertrauen der Investoren schwindet daher. Quelle: REUTERS
Nach unten ging es diese Woche auch für den Ölpreis. Zuletzt kostete ein Barrel Brent noch 45,90 Dollar, ein Barrell der Sorte WTI noch knapp über 40 Dollar. Experten gehen längst davon aus, dass der Preisverfall weitergeht. Der Grund: Die USA hat durch die Schieferölförderung in nur vier Jahren die eigene Ölproduktion nahezu verdoppelt. Das dadurch steigende Angebot will und kann die Opec auch mittelfristig durch eigene Produktionskürzungen nicht kompensieren. Quelle: dpa
Doch nicht nur der Ölpreis leidet: Auch die Aktien der großen Ölunternehmen Exxon Mobil, Chevron, Royal Dutch Shell und Petrochina sind zuletzt deutlich eingebrochen. Experten warnen Anleger derzeit vor einem Wiedereinstieg. Quelle: dpa

Was kam dabei heraus?

Wir kaufen gerne kleine Nebenwerte, die möglichst wenig vom allgemeinen Börsentrend abhängen, sondern die Entwicklung des eigenen Geschäfts widerspiegeln. Viele haben kein direktes Chinageschäft. Insofern waren die direkten Schäden überschaubar. Aber die Situation in China sollte sich auch nicht weiter verschlechtern. Was bei einer neuen weltweiten Rezession passiert, weiß ich nicht, aber die erwarte ich, ehrlich gesagt, in den nächsten Quartalen nicht.

Das Thema Griechenland und Schuldenkrise scheint hingegen durch zu sein? Können die Anleger aufatmen?

Ich denke schon. Die Kursausschläge waren nicht mehr sehr groß, als sich dort die Situation Ende Juni dramatisch zuspitzte; die Anleger hatten den worst case, den Grexit, offenbar eingepreist. Allerdings erwartet niemand die nächste Stufe der Hausse, nur weil man sich in Athen gütlich einigt; die Probleme sind ja nicht gelöst. Nur ist der Einfluss Griechenlands auf die europäischen Aktien gering. Zumal die Verschuldung von den Banken zu staatlichen Trägern wie dem EFSM gewandert ist.

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