
Die Entwicklung an den asiatischen – und im Verbund natürlich auch an den europäischen – Börsen lässt viele Anleger zittern. Nach der herkömmlichen Definition, haben wir bereits einen erneuten Börsencrash. Der Dax ist um ein Fünftel von seinem Allzeithoch entfernt.
Man könnte also im Grunde davon sprechen, dass jetzt die nächste Blase geplatzt ist. Selbst wenn der Ausdruck übertreiben scheint, so ist ein Verfall der Aktienkurse in dieser Größenordnung schon besorgniserregend. Wie geht es weiter? Sinken die Kurse noch weiter? Um das zu verstehen, wäre eine Ursachenanalyse wichtig.
Widmen wir uns also zunächst der Frage, warum dieser Kursverfall gerade jetzt geschieht. Dazu gibt es natürlich viele Interpretationen. Von Gier der Spekulanten ist die Rede, die offenkundige Wachstumsschwäche Chinas in Verbindung mit dem dortigen, offenbar recht fragilen Finanzsystem wird genannt. Aber auch die sogenannte Sparschwemme “Savings Glut“ oder die sehr expansive Geldpolitik sind mögliche Erklärungen.
Vermutlich kommt alles zusammen. Beginnen wir mit China. Dort haben die reduzierten Wachstumsvorhersagen zunächst zu politischen Reaktionen wie der Abwertung des Renmimbi geführt, die dann das Vertrauen der Anleger nachhaltig unterminiert zu haben scheinen. So kam es zu einer Verkaufswelle, die nach Europa überschwappte.
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Hierzulande hat sich nichts geändert durch die Nachrichten aus China. Die deutsche Wirtschaft lässt verlauten, dass die Probleme in China nur geringe Auswirkungen auf sie haben werden. Der Dax-Absturz kann mit Ansteckung also nur zum Teil erklärt werden. Zwei weitere Stränge fallen sofort ins Auge.
Regierungen sind in der Pflicht
Da ist zunächst das Argument der Sparschwemme, also die vielen Ersparnisse in den Industrieländern (aber auch in China und anderen Schwellenländern). Diese – so das Kernargument – senken den Zins und machen Sachanlagen interessant. Denn es werde gemessen an den lukrativen Investitionsmöglichkeiten zu viel gespart. Dies ist aber nur die halbe Wahrheit – wenn überhaupt. Denn viele Ersparnisse finden zurzeit nur deshalb keine produktiven Anlagen, weil die Angebotsbedingungen nicht stimmen und weil die Regierungen selber zu wenig investieren und zu viel konsumieren.
Ständig stolpert man (im wahrsten Sinne des Wortes) über Beispiele für den Investitionsstau, zum Beispiel auf Straßen und Wegen; es gibt enormen Nachholbedarf bei Netzwerken aller Art, und die hohe Arbeitslosigkeit in der sogenannten europäischen Peripherie legt hohe privatwirtschaftliche Investitionen nahe. Insofern sind die Regierungen in die Pflicht zu nehmen.
Stichwort: Die schwärzesten Tage für den Dax seit 1987
Frankfurt, 24. Aug (Reuters) - Die Furcht vor einem deutlichen Konjunktureinbruch in China hat die Aktienmärkte am Montag auf Talfahrt geschickt. Der Frankfurter Leitindex Dax rutschte erstmals seit Mitte Januar wieder unter die Marke von 10.000 Punkten, zeitweise fiel er um bis 3,6 Prozent auf 9760 Zähler.
Eindeutige Kriterien für einen Crash gibt es nicht - außer Panik, hohe Umsätze und hohe Verluste. Beim bislang größten Börsenkrach der Nachkriegszeit am 19. Oktober 1987, als Spekulationen auf Zinserhöhungen den Dow-Jones-Index an der Wall Street um 23 Prozent einbrechen ließ, gab es den Dax noch nicht. Er wurde erst am 1. Juli 1988 erstmals berechnet.
Im folgenden eine Übersicht über die prozentual höchsten Verluste des Dax seither:
DIE 1990er JAHRE UND DIE ANSCHLÄGE VON 9/11
Der Dax fällt um rund 13 Prozent und folgt damit der Wall Street, wo Finanzierungs-Schwierigkeiten bei einem Unternehmensverkauf einen Ausverkauf auslösten.
Ein später gescheiterten Putsch gegen den damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow drückt den Dax um gut neun Prozent ins Minus.
Im Sog der Asienkrise sackt der Dax im Handelsverlauf um bis zu 13 Prozent ab und schließt mit 3567 Punkten acht Prozent niedriger.
Die Angst vor einem Flächenbrand im Bankenwesen nach der Schieflage eines Hedgefonds in den USA und einer Eskalation der Krisen in Asien, Japan, Lateinamerika und Russland drücken den Dax um acht Prozent ins Minus.
Nach den Terroranschlägen in den USA fällt der Dax um neun Prozent.
Sie hinterlässt tiefe Spuren im Dax.
Angst vor einer Rezession in den USA drückt den Dax um sieben Prozent auf 6790 Punkte ins Minus. Bei der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers am 15. September kommt er aber glimpflich davon und verliert nur moderate 2,7 Prozent.
Für den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate muss binnen einer Woche ein zweites Rettungspaket geschnürt werden. Der Dax verliert sieben Prozent.
Im Sog der Finanzkrise stürzt der Nikkei -Index um über neun Prozent ab. Der Dax verliert bis zu neun Prozent. Nach einer konzertierten Zinssenkungsrunde der großen Notenbanken erholen sich die Kurse nur leicht. Der Dax schließt mit einem Minus von sechs Prozent.
Rezessionsängste angesichts der Finanzkrise drücken den Nikkei-Index um zehn Prozent. Der Dax verliert ebenfalls sieben Prozent.
Ein erneuter Absturz der Tokioter Börse drückt den Dax in der Spitze um über elf Prozent.
Nachdem die USA bei der Ratingagentur Standard & Poor's ihre Bestnote als Kreditnehmer verlieren, brechen die Kurse ein: Der Dax verliert rund fünf Prozent.
Die Furcht der Anleger vor einer weltweiten Rezession und einer Ausweitung der Schuldenkrise in der Euro-Zone drückt den Dax um 5,3 Prozent ins Minus.
Der Dax verliert rund fünf Prozent. Auslöser ist die überraschende Ankündigung einer Volksabstimmung in Griechenland über ein Rettungspaket.
Das Scheitern der Gespräche zur Lösung der Schuldenkrise in Griechenland und die überraschende Ansetzung einer Volksabstimmung über die Forderungen der Gläubiger drückt den Dax gleich im frühen Handel um 4,6 Prozent auf 10.964,24 Punkte.
Weil diese aber ihre Aufgaben vernachlässigen, sucht sich die Ersparnis andere Anlagemöglichkeiten, beispielsweise Immobilien oder Aktien. Seit Beginn der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, in deren Verlauf der Dax bis auf 3.600 Punkte fiel, stieg er kontinuierlich (nur unterbrochen im Jahre 2011) bis zum April 2015 auf über 12.300 Punkte an. Seitdem hat er rund ein Fünftel an Wert verloren, den Großteil in den vergangenen zwei Wochen. Der schnell Rückzug der Sparmilliarden hat dazu vermutlich beigetragen.