Fusion mit der London Stock Exchange Bye-bye, Herr Kengeter

Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter steht vor einem Trümmerhaufen: Die Londoner Börse hat offenbar die Lust an dem Zusammenschluss verloren, der Deal ist so gut wie geplatzt. Zeit für einen Neuanfang. 

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Carsten-Kengeter Quelle: REUTERS

Völlig überraschend hat die London Stock Exchange (LSE) in der Nacht auf Montag mitgeteilt, dass sie den geplanten Zusammenschluss mit der Deutschen Börse "nicht mehr für wahrscheinlich" hält. Die EU Kommission wollte, dass die Londoner MTS, eine italienische, elektronische Handelsplattform für europäische Staatsanleihen, verkaufen. Doch die LSE lehnte das ab. 

Kengeter steht damit nun vor einem Trümmerhaufen: Er, der Investmentbanker, der vom Aufsichtsrat offenbar gerade für einen großen Deal wie den 25 Milliarden schweren Zusammenschluss geholt worden war. Doch nun wendet sich der Partner von Kengeter ab. 

Die Börse bemühte sich um Schadensbegrenzung: "Die Parteien sehen der weiteren Prüfung der Europäischen Kommission entgegen und erwarten derzeit eine Entscheidung der Europäischen Kommission über den Zusammenschluss", teilte die Börse in der Nacht mit. Dabei ist längst klar, dass Totgesagte in diesem Fall kaum länger leben dürften. Die EU Kommission wird den Deal ohne weitere Zugeständnisse wohl kaum durchwinken. 

Die gescheiterten Fusionspläne der Deutsche Börse AG

Kengeter ist krachend gescheitert - beruflich, wie persönlich. Persönlich, weil eine Meldung, die vor über zwei Wochen im "Spiegel" stand, bis heute nicht dementiert worden ist. Demnach soll Kengeter schon im November 2015 mit dem Kanzleramt gesprochen und gesagt haben, dass die Fusion mit der Börse London im Grundsatz stehe. Sollte es stimmen, was das Nachrichtenmagazin schreibt, dann muss Kengeter zurücktreten. Kengeter soll damals mit Lars-Hendrik Röller, dem Wirtschaftsberater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, über eine mögliche Fusion mit der LSE gesprochen haben. Er hat dort offenbar vorgefühlt, ob die Bundesregierung etwas gegen einen Zusammenschluss mit der Börse London hätte. Man sei sich mit der LSE „im Grundsatz einig“. Allerdings werde die britische Regierung nur zustimmen, wenn der Sitz der fusionierten Börse in London angesiedelt werde. Das klingt bereits sehr konkret. 

Pikant ist es deswegen: Kurz darauf, am 14. Dezember 2015, kaufte Kengeter dann Aktien der Deutschen Börse. Wert: 4,5 Millionen Euro. Fest steht: Aktien im gleichen Wert schenkte ihm die Börse zum Dank obendrauf. 

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von Hauke Reimer

Trotzdem gilt für Börsenchef Kengeter zunächst die Unschuldsvermutung. Auch, wenn die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Insiderhandel gegen ihn ermittelt. Auch, wenn die Behörde seine private Wohnung und die Konzernzentrale in Eschborn durchsucht hat.

Kengeter hält sich für unschuldig und sagt kürzlich auf der Bilanzpressekonferenz, dass diese Verdächtigung ihn „persönlich sehr getroffen“ habe. Insiderhandel widerspreche allem, wofür er stehe. Er bitte nun um Geduld. Er kooperiere mit der Staatsanwaltschaft. „Und ich bin mir sicher, dass sich die Vorwürfe nach eingehender Prüfung als unbegründet erweisen werden“, sagt er. Weitere Fragen zu dem Verfahren könne er daher nicht beantworten.

Börsenchef Kengeter in Schwierigkeiten

Doch auch der gescheiterte Zusammenschluss würde bereits für einen Rücktritt ausreichen. Was hat Kengeter Geld für teure Berater verschwendet. Es ist das Geld seiner Aktionäre, deren Aktie jetzt im Übrigen fällt. 

Unabhängig von dem möglichen Vorsprechen im Kanzleramt und des nun wohl gescheiterten Zusammenschlusses – es wird eng für Kengeter. Denn die Staatsanwaltschaft prüft auch, ob die Börse ihre Ad-hoc-Meldung zur Fusion am 23. Februar 2016 rechtzeitig veröffentlicht hat. Mit solchen Meldungen müssen Unternehmen kursbewegende Nachrichten sofort vermelden. Im Kern geht es bei der Pflicht, etwas ad-hoc zu melden, auch um Insiderinformationen. Hat ein Unternehmen eine solche Insiderinformation, die den Kurs stark bewegen kann, muss es sie veröffentlichen. Alle Anleger sollen die gleichen Informationen haben – das soll Insiderhandel unterbinden. Veröffentlicht der Vorstand Insiderinformationen zu spät, drohen ihm Ermittlungen wegen des Verdachts auf Marktmanipulation.

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