Fusion mit der London Stock Exchange Bye-bye, Herr Kengeter

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Es droht noch ein Verfahren wegen des Verdachts auf Marktmanipulation

Noch mal der Reihe nach: Im November 2015 soll Kengeter beim Kanzleramt vorgefühlt haben. Im Dezember 2015 hat er Aktien gekauft, im Januar 2016 hat seine Börse dann offiziell Gespräche aufgenommen und im Februar 2016 kam nach einem Informationsleck das Eingeständnis per ad-hoc: Ja, es gibt Verhandlungen mit London.

Ein Prestigeprojekt droht zu scheitern: Auch im dritten Anlauf sieht es nicht gut aus für die geplante Fusion der Börsen in Frankfurt und London. Wieder einmal könnten zu hohe Hürden aus Brüssel den Ausschlag geben.

Dass die Staatsanwaltschaft auch ein Verfahren wegen Marktmanipulation gegen Kengeter (und im schlimmsten Fall den gesamten damaligen Vorstand eröffnet), wäre daher plausibel. Denn die Behörde hat selbst schon mitgeteilt, dass man bei der Börse schon seit Sommer 2015 in Gesprächen über eine Fusion mit London gewesen sei. Die Fahnder werten die „bis dato nicht veröffentlichten Vertragsgespräche“ als geheime Insiderinformation und verfolgen Kengeter daher nun wegen seiner Aktienkäufe im Dezember. Und Dezember 2015 liegt im Kalender vor Februar 2016.

Ein Börsenkonzern, der von seiner Aufsicht in Wiesbaden die Erlaubnis bekommen hat, öffentlich-rechtliche Börsen zu betreiben, kann sich so einen Chef nicht erlauben. Zumal Kengeter Chef der fusionierten Superbörse werden soll. Möchte er mit seinem Rücktritt warten, bis feststeht, ob er angeklagt wird? Oder würde er erst gehen, wenn er verurteilt ist? Auf derlei Fragen wollte Kengeter auf der Jahrespressekonferenz lieber nicht antworten. 

Einige Börsenbarometer weltweit haben neue Höchstmarken erreicht. Sind die Kursniveaus noch gerechtfertigt? Vom Frühjahr an steigt das Risiko von Rückschlägen.

Was Kengeter nicht unterschätzen darf: Die Deutsche Börse ist kein normales Unternehmen, in dem man lange auf die Unschuldsvermutung pochen kann. Sie hat einen öffentlich-rechtlichen Kern und sie ist hochpolitisch. Und alle Beschäftigten in einem Unternehmen, das faktisch den Kapitalmarkt verkörpert, sollten dessen Regeln besonders streng auslegen – zuvorderst aber deren Chef. Der darf nicht nur nicht gegen Gesetze verstoßen, sondern sollte sich auch aus jeder rechtlichen Grauzone raushalten. 

Kengeter sollte den Weg daher frei machen - und sein Aufsichtsratschef Joachim Faber, der das Aktienpaket für ihn schnürte, am besten gleich mit. Auch Faber muss zudem Verantwortung für den gescheiterten Deal mittragen und einen Neuanfang für die Deutsche Börse ermöglichen. 

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