Fusionen und Übernahmen Chinesen kaufen am liebsten deutsche Firmen

In den USA und Europa wächst der Widerstand gegen Übernahmen aus China. Doch Deutschland ist weiterhin das attraktivste Land für Zukäufe. Besonders in einer Branche werden millionenschwere Deals erwartet.

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Chinesische Investoren haben 2017 eine Rekordsumme in deutsche Firmen investiert. Der Übernahmehunger dürfte sich im neuen Jahr fortsetzen, glauben Experten von EY. Quelle: dpa

Frankfurt Die protektionistische Stimmung in den USA hat im vergangenen Jahr die Zahl der Übernahmen chinesischer Unternehmen auf dem US-Markt deutlich gedrosselt. Der Transaktionswert der Zukäufe in den USA durch Firmen aus dem Reich der Mitte fiel 2017 drastisch auf gut zehn Milliarden Dollar zurück. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2016 waren es noch über 50 Milliarden Dollar gewesen.

Gleichzeitig wurden im vergangenen Jahr zwölf Deals durch die Chinesen zurückgezogen – 2016 wurden bereits zehn Rückzieher registriert –, wie aus Daten des Informationsdienstleisters Thomson Reuters hervorgeht. Kartellrechtliche und außenwirtschaftsrechtliche Prüfungen erweisen sich zunehmend als Hindernis für Akquisitionen. Eine besondere Rolle spielt dabei die US-amerikanische Außenhandelskommission CFIUS, die „aktiver ist als jemals zuvor“, beobachtet Rod Hunter von der Anwaltskanzlei Baker McKenzie.

Obwohl auch in Europa und Deutschland die Widerstände gegen Übernahmen aus Fernost gewachsen sind, haben chinesische Investoren 2017 mit 13,7 Milliarden Dollar eine Rekordsumme in deutsche Unternehmen investiert. Die absolute Zahl der Übernahmen ging jedoch um 21 Prozent auf 54 Transaktionen zurück, geht aus einer Studie der Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) hervor.

Zu den Gründen heißt es, dass die chinesischen Aufsichtsbehörden strengere Kontrollen für Übernahmen im Ausland eingeführt und Auflagen verabschiedet haben, um den Kapitalfluss ins Ausland zu kontrollieren. Auch auf europäischer Seite wurden die regulatorischen Anforderungen erhöht. Zudem schauen sich chinesische Unternehmen Übernahmekandidaten heute viel genauer an, die Prozesse dauern länger.

Deutsche Unternehmen standen 2017 zahlenmäßig ganz oben auf dem Einkaufszettel der Chinesen, gefolgt von Firmen in Großbritannien, Italien und Frankreich. Europaweit brachen die Übernahmen um 20 Prozent auf 247 Fälle ein, das Volumen der Fusionen und Übernahmen schrumpfte um ein Drittel auf 57,6 Milliarden Dollar.

Allerdings glauben die Experten bei EY, dass sich die Shopping-Tour der Chinesen fortsetzt. „Trotz politischen Gegenwinds bleibt die industrielle Logik intakt. In den kommenden zwölf Monaten werden wir daher wieder mehr Deals im hohen dreistelligen Millionenbereich mit chinesischer Beteiligung in Deutschland und Europa sehen“, glaubt Alexander Kron, Leiter Transaction Advisory Services bei EY für den deutschsprachigen Raum.

„Das Interesse gerade an deutschen Industrie- und High-Tech-Unternehmen ist ungebrochen“, sagt Yi Sun, Leiterin der China Business Services von EY in Deutschland. Neben den klassischen Industrieinvestitionen stünden auch die Bereiche Mode/Einzelhandel, Lebensmittel sowie Pharma zunehmend im Fokus. Langfristig seien die Perspektiven für Übernahmen mit chinesischer Beteiligung gut, meint ein Rechtsanwalt in einer internationalen Kanzlei. China werde sich ebenfalls stärker öffnen, sodass das M&A-Geschäft weniger einseitig verlaufen werde.

Der europaweit größte Deal war laut EY der Verkauf des Lagerhaus-Unternehmens Logicor für 13,7 Milliarden Dollar an den Staatsfonds China Investment durch den US-Finanzinvestor Blackstone, gefolgt vom Einstieg des chinesischen Energiekonzerns CEFC China beim russischen Ölkonzern Rosneft für 9,3 Milliarden Dollar. An dritter Stelle lag der Verkauf des Essener Energiedienstleisters Ista an Cheung Kong Property Holdings des Milliardärs Li Ka-shing für 6,7 Milliarden Dollar.

Die HNA-Gruppe gab für die Beteiligung an der Deutschen Bank schätzungsweise gut drei Milliarden Dollar aus. Zu den kleineren Übernahmen hierzulande zählten die Übernahme des Leverkusener Autozulieferers Carcoustics International GmbH durch Liaoning Dare (für 271 Millionen Dollar) sowie des Karlsruher Pharma-Verpackungsspezialisten Romaco Holding durch Truking (für 269 Millionen Dollar).

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