Fusionspläne Deutsche Börse und LSE machen Ernst

Die Deutsche Börse und die Londoner LSE machen Ernst mit ihren Fusionsplänen. Der Vorstand der Deutschen Börse hat eine Vereinbarung über "einen Zusammenschluss auf Augenhöhe" abgeschlossen.

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Die Deutsche Börse und die Londoner LSE machen Ernst mit ihren Fusionsplänen. Quelle: AP

Die Deutsche Börse und die London Stock Exchange (LSE) forcieren ihren Fusionsplan. Drei Wochen nach Bekanntwerden des Vorhabens konkretisierten die beiden Börsenbetreiber am Mittwoch ihre Bestrebungen zum Zusammenschluss auf Augenhöhe. Nun müssen Aktionäre und Aufseher entscheiden. Die Konzerne hoffen, das Geschäft Ende dieses Jahres oder spätestens im ersten Quartal 2017 erfolgreich abschließen zu können.

Beide Seiten werben mit großen Wachstumschancen und hohem Einsparpotenzial. Die Kosten könnten pro Jahr um 450 Millionen Euro gedrückt werden, das entspreche rund einem Fünftel des jährlichen Aufwands der Konzerne. Auch den Kunden brächte der Zusammenschluss große Vorteile, argumentierte das Management beider Häuser.

„Das ist der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt“, sagte Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter. LSE-Chef Xavier Rolet bekräftigte: „Ich unterstütze den Zusammenschluss zu 100 Prozent.“



Das Gemeinschaftsunternehmen werde in vielen Handelsfeldern wie Optionen, Aktien, Anleihen, Devisen und Energie eine führende Position einnehmen. Nach Erlösen entstünde der weltgrößte Börsenbetreiber mit einem Gesamtumsatz von 4,7 Milliarden Euro. Die beiden Partner kalkulieren mit Einmalkosten von 600 Millionen Euro. Details zu möglichen Stellenstreichungen stehen noch nicht fest.

„Wir stärken die Verbindung zwischen den beiden führenden Finanzplätzen Europas - Frankfurt und London - und bauen ein europäisches Netzwerk mit Luxemburg, Paris und Mailand“, sagte Kengeter. „Damit stärken wir die Kapitalmärkte in Gesamteuropa.“ Kunden könnten von einem besseren Zugang zu Kapital profitieren.

Auch von einem möglichen EU-Austritt Großbritanniens („Brexit“) wollen sich die Partner nicht von ihren Plänen abbringen lassen. „Das kombinierte Unternehmen wird unabhängig vom Ausgang des britischen Referendums erfolgreich sein“, sagte Kengeter. Am 23. Juni stimmen die Briten darüber ab, ob das Land weiter Mitglied in der Europäischen Union bleibt.

Kengeter soll TopCo leiten

Kengeter betonte, auch bei einem negative Votum werde nicht an den Bedingungen für die Fusion gerüttelt. Ein „Brexit“ könnte allerdings zu einer Umverteilung der Geschäfte in der neuen Gruppe führen. Ein gemeinsames Beratungsgremium soll die die Auswirkungen eines möglichen britischen EU-Austritts beleuchten.

Die neue europäische Superbörse soll ihren rechtlichen Sitz in London und Hauptsitze in der britischen Hauptstadt sowie in Frankfurt haben. Eine Verlagerung von Geschäften sei nicht vorgesehen, betonte Rolet. Die Vorteile lägen etwa darin, dass das fusionierte Unternehmen die jeweils besten IT-Systeme nutzen werde. Die Unternehmen erklärten, weiterhin ihre Steuern in den jeweiligen Gründungsländern zu zahlen.

Kengeter, der den Dax-Konzern Deutsche Börse seit Juni 2015 führt, soll das Gemeinschaftsunternehmen leiten. Rolet will sich zurückziehen, wenn der Deal glückt. LSE-Verwaltungsratschef Donald Brydon wird nach den Plänen diesen Posten auch im fusionierten Unternehmen übernehmen. Als sein Stellvertreter ist der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Börse, Joachim Faber, vorgesehen.

Angestrebt ist, dass nach dem Umtausch der Aktien die Anteilseigner der Deutschen Börse mit 54,4 Prozent eine Mehrheit an der fusionierten Börse halten. Die LSE-Aktionäre sollen 45,6 Prozent des Grundkapitals der britischen Holdinggesellschaft „UK TopCo“ halten.

Die Konzerne zeigten sich zuversichtlich, dass alle zuständigen Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden grünes Licht für die Mega-Fusion geben werden. Angebote, welche Bereiche die Börsen aus Wettbewerbsgründen abstoßen könnten, machten sie zunächst nicht. Analysten hatten zuletzt etwa im Geschäft mit der Abwicklung von Handelsgeschäften (Clearing) eine zu große Marktmacht befürchtet.

Kengeter wies das zurück. Er betonte, dass ein gemeinsames Geschäft zu niedrigen Gebühren führen werde. Zudem müssten die Aufseher ein Interesse an einem großen Clearingpool haben, weil dieser mit mehr Liquidität ausgestattet sei und so die Finanzstabilität erhöhe.

Die beiden Börsenbetreiber hatten nach Marktgerüchten am 23. Februar ihre Pläne öffentlich gemacht. Für die Deutsche Börse ist es der dritte Anlauf in Sachen LSE nach 2000 und 2005. Es wird erwartet, dass die beiden US-Schwergewichte ICE und CME versuchen werden, den Zusammenschluss mit Gegenangeboten zu torpedieren. Die ICE hatte bereits angekündigt, eine eigene Offerte für die LSE zu prüfen.

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