G20 drohen mit Regulierung Die Last-Minute-Überlebensstrategie der Krypto-Branche

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„Feuer mit Feuer bekämpfen“

Für die Branche heißt das: Noch ist es nicht zu spät, aktiv auf eine behutsame Regulierung zu dringen, um das Schlimmste zu verhindern. Der deutsche Vertreter des Ethereum-Netzwerks, Fabian Vogelsteller, erklärte auf einer Branchenkonferenz Ende Februar, man begrüße staatliche Regulierung ausdrücklich: „Diese macht unser System stärker.“

Professor Philipp Sandner, Leiter des Blockchain-Centers der Frankfurt School of Finance and Management, glaubt: „Maßnahmen von Regulierungsbehörden werden dazu beitragen, das Ökosystem der Krypto-Assets zu professionalisieren.“

Wie eine Regulierung mit Augenmaß aussehen könnte, hat am Dienstag Christine Lagarde skizziert. In einem Blogbeitrag auf der Seite des Internationalen Währungsfonds (IWF) schreibt die IWF-Chefin, Krypto-Assets seien aufgrund ihrer dezentralen Struktur und eines „Anonymitäts-Elements“ prädestiniert für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

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Die Warnung ist nicht neu, begleitet die Krypto-Welt seit Jahren. Neu ist der Lösungsvorschlag, den Lagarde macht. Zwar müssten einzelne kriminelle Marktplätze - wie „AlphaBay“ im Juli 2017 - verboten werden, ansonsten gelte aber: „Wir können Feuer mit Feuer bekämpfen.“ Mithilfe der Blockchain-Technologie könnten staatliche Regulierer Informationen schneller teilen und mit Anbietern in Kontakt treten. Auch die Transparenz ließe sich erhöhen: „Die Technologie, die sofortige globale Transaktionen ermöglicht, könnte dazu verwendet werden, Register mit standardisierten, überprüften Verbraucherinformationen aufzubauen“, erklärt Lagarde.

Helfen also schon bald Blockchain-Firmen mit Know-how und Software staatlichen Aufsehern bei der Verfolgung von Krypto-Verbrechern? Teile der Branche sehen ganz neue Betätigungsfelder.

Zu den umtriebigsten Vordenkern gehören die Winklevoss-Zwillinge, die an der Entwicklung von Facebook beteiligt waren. Nachdem ihr Plan, einen großen Krypto-Fonds aufzulegen, wiederholt von der US-Finanzaufsicht abgebügelt worden war, haben sie neue Ideen entwickelt. Analog zu Lagardes Vorschlag legten sie einen Masterplan für eine brancheneigene Krypto-Polizei auf den Tisch.

Die Brüder, die die Gemini-Börse für den Handel mit Bitcoin und Ether betreiben, schlagen die Gründung einer „Virtual Commodity Association“ vor, einer Selbstregulierungsstelle, die die Krypto-Märkte und -Händler überwachen soll. Die Non-Profit-Organisation könnte Industriestandards entwickeln, die Transparenz fördern und mit der Aufsicht zusammenzuarbeiten, um Betrugsfälle zu verhindern, so der Plan.

Der Einfluss von Krypto-Anlagen werde in Zukunft groß sein, „aber Individuen und Institutionen müssen sich sicher fühlen, wenn sie Transaktionen durchführen“, erklären die beiden Brüder. Schon heute arbeiten die US-Aufsichtsbehörden CFTC und SEC eng mit Selbstregulierungsstellen zusammen. Vonseiten der CFTC kommt bereits Zustimmung zum Winklevoss-Plan.

Wandelt sich die Branche also substanziell, weg von den anarchischen Wurzeln, hin zum Ansprechpartner auf Augenhöhe für Aufseher und Kunden? Eine gehörige Portion Skepsis bleibt angezeigt.

Dass staatlicher Druck disziplinierend wirken kann, zeigt das G20-Mitglied Japan. Dort greift die Aufsicht schon seit Jahren scharf durch, gleichzeitig professionalisiert sich die Branche. Exakt eine Woche vor Beginn des G20-Treffens hat die große japanische Börse Coincheck angekündigt, mit der Erstattung gestohlener Guthaben von 260.000 Kunden zu beginnen. Ab April soll außerdem eine Selbstregulierungsstelle 16 japanische Handelsplattformen überwachen. Die Pläne dürften auch in Buenos Aires diskutiert werden.

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