Vor sechs Wochen habe ich hier den Deutschen Aktienindex Dax verabschiedet. Zu früh, wie sich jetzt herausstellt, denn seitdem hat er rund zehn Prozent zugelegt. Insofern entschuldige ich mich bei allen Anlegern, die meiner Empfehlung zum teilweisen Abbau ihres Aktienbestands gefolgt sind. Allerdings – und das macht stutzig - sind sämtliche Argumente, die damals für den Abbau sprachen, nach wie vor gültig, unter anderem der auf niedrigem Niveau verharrende VDax (ein bewährtes kurstechnisches Signal), die gedämpften Konjunkturaussichten in Europa, die Abhängigkeit deutscher Exporte vom Euroraum und der Streit um die laxe Geldpolitik der Europäischen Zentralbank EZB.
Zwar könnten sich alle, die vom zehnprozentigen Kursanstieg seit Anfang November nicht mehr ganz profitiert haben, mit der Aussage eines alten Börsengurus trösten. Der antwortete auf die Frage, wie er reich geworden sei: „Ich habe meine Aktien immer zu früh verkauft.“ Aber falls Ihnen das zu billig erscheint, folgt hier ein weiterer Trostspender: Die deutschen, aber auch die anderen europäischen und die amerikanischen Aktienkurse werden primär vom reichlich vorhandenen Geld nach oben getrieben, das – symbolisch formuliert – aus den Druckerpressen der EZB und ihrer US-Schwester Fed stammt. Insofern sind sie hochgradig gefährdet, wenn der Spur des Geldes nicht schon bald Nachrichten über steigende Unternehmensgewinne folgen. Diese sind indes, falls überhaupt, erst ab Mitte Januar zu erwarten.
China und EU handeln jeden Tag für mehr als eine Milliarde Euro
China und Europa sind voneinander abhängig. Das Reich der Mitte wird in diesem Jahr zum größten Exportmarkt der Europäer aufsteigen und damit die USA überholen. Umgekehrt ist die Europäische Union der größte Abnehmer chinesischer Ausfuhren. Beide Seiten handeln jeden Tag mit Waren im Wert von mehr als einer Milliarde Euro.
Nach einem Zuwachs von 37 Prozent 2010 stiegen die europäischen Ausfuhren nach China im vergangenen Jahr von Januar bis November um 21 Prozent auf 124 Milliarden Euro. Deutschland hat mit deutlichem Abstand und knapp der Hälfte der EU-Ausfuhren nach China den größten Anteil daran, gefolgt von Frankreich und Großbritannien. 60 Prozent der EU-Ausfuhren waren Maschinen und Fahrzeuge.
Während die 27 EU-Länder im Jahr 2010 rund 19,8 Millionen Autos produzierten, waren es in China nicht viel weniger: rund 18,3 Fahrzeuge.
Die Importe aus China kletterten nach einem Anstieg von 31 Prozent 2010 im vergangenen Jahr bis November um weitere fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 244 Milliarden Euro. Seit Jahren gibt es ein großes europäisches Defizit im Handel mit China, das 2010 noch bei 168 Milliarden Euro lag. Aus diesem Überschuss sammelt China die Euros in seinen weltgrößten Devisenreserven im Wert von insgesamt 3,18 Billionen US-Dollar an. Rund ein Viertel sollen Euros sein.
Während die Leistungsbilanz der 27 EU-Länder im vergangenen Jahr bei minus 24 Milliarden Euro lag, konnte China einen deutlich positiven Saldo von 258 Milliarden Euro verbuchen. Auch das BIP der Chinesen war 2011 mit 12.900 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie das BIP der EU (5100 Milliarden Euro).
Die Wirtschaftskooperation zwischen Europa und China ist rasant gewachsen. Doch beklagen europäische Unternehmen in China schlechten Marktzugang, ungleiche Wettbewerbsbedingungen, mangelnde Transparenz und Rechtsunsicherheiten.
Schlechter Schutz des geistigen Eigentums ist unverändert ein großes Problem. Sieben von zehn in China tätigen europäischen Unternehmen wurden nach eigenen Angaben schon Opfer von Urheberrechtsverletzungen mit teils erheblichen Verlusten. Mehr als die Hälfte aller Raubkopien, die der Zoll in Europa sicherstellt, stammt aus China.
Die 27 EU-Staaten zählen mit 7,1 Milliarden Euro 2010 zu den fünf wichtigsten Investoren in China - neben Taiwan, Hongkong, USA und Japan. Rund 20 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in China stammen aus Europa. China investiert aber nur sehr zögerlich in Europa. Zwar stiegen die chinesischen Investitionen 2010 von 0,3 auf 0,9 Milliarden Euro, doch stammen nur 1,7 Prozent aller ausländischen Investitionen in Europa aus China.
China-Aktien auf doppeltem Boden
Ganz anders in China, wo der Aktienzyklus seit einigen Jahren konträr zu Europa und Amerika verläuft: Der Aktienindex der Börse Shanghai ist seit Sommer 2009 mit wenigen Unterbrechungen tendenziell abwärts gerichtet. Sein Verlauf spricht Bände: Nachdem er allein 2008 zwei Drittel an Wert verloren und sich dann nur ein halbes Jahr lang erholt hatte, tauchte er bis zuletzt fast auf sein Ende 2008 erreichtes niedriges Niveau von 2000 Punkten ab, bildete also einen doppelten Boden – für eine Börse mit gewaltigem Kurspotenzial fast schon ein Unding, aber durchaus schlüssig, weil die Geldpolitik von Chinas Zentralbank in der fraglichen Zeit weniger expansiv war als in der Zeit zuvor. Übrigens erinnert der Indexverlauf an die Entwicklung des Goldpreises vor dessen langjährigem Anstieg ab 2001, nur dass der doppelte Boden sich damals nicht über vier, sondern nur über eineinhalb Jahre erstreckte.
Anders als der Shanghai-Index erreichte der Hang Seng-Index der Börse Hongkong bis zuletzt bei Weitem nicht mehr sein niedriges Niveau von Ende 2008; seit einigen Monaten hebt er sogar nach oben ab. Wer mit chinesischen Aktien, sieht man von starken Kursschwankungen ab, auf Nummer sicher gehen will, bevorzugt Engagements in Hongkong. Der Hang Seng-Index umfasst 50 Aktien, darunter solche wie China Mobile oder Petrochina, die zeitweise auch an der Frankfurter Börse rege gehandelt werden, außerdem viele andere Standardwerte. Kunden von Direktbanken wie Cortalconsors, Comdirect und anderen finden alles Weitere dazu, indem sie zum Beispiel den Indexnamen bei „Kurssuche“ eingeben und dann auf „enthaltene Werte“ klicken. Dann sind deren Kursverläufe zu sehen.