
Wie geht es nach der weitgehend erwarteten Ja-Aber-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten des Rettungsschirms ESM an den Börsen weiter? Auf jeden Fall turbulent, dafür sorgt allein schon die schnelle Folge der nächsten Treffen auf hoher und höchster wirtschaftspolitischer Ebene: Zum Ende dieser Woche EU-Wirtschafts- und Finanzminister, am 22. September Merkel/Hollande (wobei die katastrophale Lage der französischen Wirtschaft zur Sprache kommen dürfte), am 8. und 9. Oktober schon wieder EU-Wirtschafts- und Finanzminister (unter anderem aus Anlass des dann stattfindenden ESM-Starts), vom 12. bis 14. Oktober Internationaler Währungsfonds, dieses Mal in Tokio und auf jeden Fall für Überraschungen gut.
Genug Zündstoff gibt es ja. Im Brennpunkt: das extrem reformbedürftige Bankensystem. Susanne Schmidt, eine kompetente Zeitzeugin, schreibt in ihrem neuen Bestseller „Das Gesetz der Krise“ unter anderem den folgenden Satz: „Den Ausdruck Euro-Krise haben sich die Banker vor zweieinhalb Jahren ausgedacht, um davon abzulenken, dass es bei Ausbruch der Griechenland-Krise um ihre eigene Existenz ging.“
In der Tat, der Euro erscheint, verglichen mit dem Dollar, zuletzt geradezu als Ausbund der Stärke. Schmidt weiter: „Sämtliche finanziellen Krisen und Krisengefahren, die wir zurzeit beobachten, sind direkte Folgen der Banken- und Finanzkrise beziehungsweise der zur Rettung des immer noch sehr ungesunden europäischen Bankensystems ergriffenen Maßnahmen.“
Kalte Enteignung
Warum das Bankensystem ungesund ist, lässt sich vielfach begründen. Dazu hier nur ein Argument von Schmidt: „Die Finanzinstitute tun alles, um sich von eigenen Risiken zu befreien und diese auf die Allgemeinheit abzuwälzen.“ Warum tut der Staat nichts dagegen? Weil er Banken ebenso wie Versicherer, Pensionskassen und sonstige institutionelle Anleger braucht, um seine als sicher geltenden (auf dem aktuellen Renditeniveau tatsächlich jedoch problematischen) Anleihen loszuwerden.
Diese Kungelei geht auf Dauer eindeutig zu Lasten der Sparer. Denn die vermeintlich sicheren Anleihen rentieren schon jetzt nominal so niedrig, dass nach Abzug der Geldentwertung unter dem Strich ein Minus steht. Dann fehlt nicht viel Phantasie zu der Annahme, dass diese kalte Enteignung, multipliziert mit so und so vielen Jahren, aus Sicht der Sparer ganze Systeme der Altersvorsorge real in die Verlustzone gleiten lässt.
Und nun kommt es noch schlimmer: Statt nach echten Alternativen Ausschau zu halten, weichen institutionelle Anleger zunehmend auf höher rentierliche Anleihen von immer fragwürdigerer Qualität aus. Hauptsache, die verheißen mit ihren festen Zinsen Sicherheit – in Wahrheit Scheinsicherheit.