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Gbureks Geld-Geklimper Nicht Aktien sind spekulativ, sondern Menschen

Der Umgang mit Aktien wird für die meisten Anleger zum Problem. Denn Erfolge zeigen sich wie auch sonst im Leben erst nachträglich, und dann sind die Kurse schon kräftig gestiegen.

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Zwei kleine Plastikbullen stehen in der Börse in Frankfurt am Main (Hessen) vor der Anzeigetafel für den DAX. Quelle: dpa

Der kommende Montag soll zum „Tag der Aktie“ werden. So wollen es jedenfalls die führenden deutschen Direktbanken einschließlich der Frankfurter Börse. Warum? Weil sie sich „für eine bessere Aktienkultur in Deutschland“ stark zu machen gedenken, um „das Thema stärker in den Köpfen der Deutschen zu verankern“. Aber warum gerade jetzt, nachdem die Aktienkurse bereits von Rekord zu Rekord geeilt sind? Die Antwort gibt es eher hinter vorgehaltener Hand: Weil der Erfolg der Geldanlage in Aktien nicht vor, sondern immer erst nach solchen Rekordläufen sichtbar wird. Mit Aktienfonds und ihrer Performance verhält es sich ja ähnlich.


Das ist das Dilemma bei allen Versuchen, Aktien populär zu machen. Entscheidend sind primär ihre Kursgewinne, sekundär die Dividenden. Sie müssten also antizyklisch beworben werden, damit Anleger ihre helle Freude an ihnen haben. Aber man stelle sich vor, Banken, die Frankfurter Börse oder das Deutsche Aktieninstitut hätten Ende 2008, als die Kurse im Gefolge der Lehman-Pleite darnieder lagen, Werbung für Aktien gemacht. Sie wären mit Hohn und Spott bedacht worden. Ähnlich hätten Anleger reagiert, nachdem die Kurse im Sommer 2011 plötzlich wie vom Blitz getroffen eingeknickt waren.

Rein rationales Verhalten ist selten

Das Thema ist indes viel zu ernst, als dass man es beim Bedauern über prozyklische Werbung und beim Anreiz zu antizyklischen Käufen belassen sollte. Alle Anleger, egal ob jung oder alt, sind gut beraten, sich mit Aktien zu beschäftigen: Die jungen, indem sie spekulativ ein- und aussteigen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Börse tickt. Und die alten, indem sie ihre Aktien in ruhigere Gewässer steuern, das heißt, den Aktienanteil abbauen oder sich zumindest auf weniger schwankende Aktien mit hohen Dividendenrenditen konzentrieren.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Solch rationales Verhalten ist leider wenig verbreitet. Das hat mehrere Ursachen. Um nur drei offenkundige zu nennen: Zum Ersten spielen Gefühle eine große Rolle; bei hohen Kursen herrscht Gier vor, bei niedrigen Kursen Angst. Zum Zweiten mangelt es an qualifizierter Beratung, nicht zuletzt deshalb, weil bürokratischer Unsinn in Form von Beipackzetteln und Beratungsprotokollen Anlegern und ihren Beratern Aktien eher vermiest als näher bringt. Und zum Dritten haftet Aktien in breiten Bevölkerungskreisen das Image von Spekulationspapieren an, deren Kurse von vermeintlich geheimnisvollen Mächten nach oben oder nach unten getrieben werden.

Direktbanken sorgen für Aktienkultur

Banken, Sparkassen und Fondsgesellschaften werben neuerdings wieder häufiger mit fertigen Konzepten zur Anlagestrategie. Blickt man dahinter, stellt sich jedoch schnell heraus, dass sie potenziellen Anlegern doch nur wieder provisionsträchtige Fonds oder Zertifikate verkaufen wollen. Die darauf basierende Beratung entpuppt sich schnell als Vertrieb. Daran wird sich nichts ändern. Arme Anleger zu beraten, lohnt sich nicht. Und die meisten reichen Anleger haben für die Geldanlage kaum Zeit, weil sie beruflich viel zu sehr eingespannt sind, sodass sie noch mehr als die armen zu Vertriebsopfern werden.

10 Tipps für Börseneinsteiger

Hinter der Initiative zum „Tag der Aktie“ stecken nicht von ungefähr Direktbanken. Denn sie sind wegen ihrer niedrigen Provisionen geradezu gezwungen, für einen hohen Umschlag zu sorgen, damit über die Masse der Aufträge noch ein Gewinn bei ihnen hängen bleibt. Zwar nehmen sie Daueraktionäre nebenbei mit, aber aus Anlegersicht besteht ihre Stärke vor allem darin, dass sie das kostensparende Umschichten von Aktien begünstigen. Daraus erwächst die eigentliche Aktienkultur: Indem Anleger die Chance erhalten, mit Aktien zu spekulieren, ohne in die Kostenfalle zu geraten.

Aktien als solche sind weder sicher noch unsicher

Wer im jungen Alter viele Erfahrungen mit der Spekulation gesammelt hat, weiß später erfolgreicher mit Aktien umzugehen als die große Schar derjenigen, die um Aktien einen Bogen machen. Junge Spekulanten sind gezwungenermaßen Autodidakten, weil es kein Lehrfach Aktien gibt und auch nie geben wird, höchstens unzählige Bücher und Tipps in allen erdenklichen Medien.

Deren Lektüre kann allerdings kein Ersatz für eigene Erfahrungen sein. Das hat viel mit der Psyche zu tun: Wer Aktien kauft und verkauft, ist in der Regel auch mit Gefühlen dabei: Freude, wenn eine Spekulation aufgeht, und Ärger, wenn sie floppt.


Schließlich gilt es noch zwei Missverständnisse aus dem Weg zu räumen: Dass private Anleger den institutionellen Profis unterlegen sind, weil sie über weniger Börsenwissen verfügen, und dass es sich bei Aktien grundsätzlich um unsichere Anlagen handelt. Zum ersten Punkt: Profis unterliegen so vielen gesetzlichen und regulatorischen Zwängen, dass sie zeitweise nicht einmal mehr zum gründlichen Recherchieren kommen. Sie bewegen sich üblicherweise im Herdentrott; Ausnahmen sind selten. Und zum zweiten Punkt: Den Aktien Unsicherheit anzudichten, nur weil ihre Kurse schwanken, ist falsch. Denn Unsicherheit entspringt fehlender Erfahrung und schlechtem Timing der Anleger, wirkt sich also auf deren Verhalten aus. Dagegen sind Aktien als solche weder sicher noch unsicher, sondern bei niedrigen Kursen eine sichere, bei hohen Kursen dagegen eine unsichere Anlage.

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