Gbureks Geld-Geklimper

Vorsicht, Kettenreaktion!

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Russland wirtschaftet besser als die USA

Die Größenordnung, in der Schwellenländer einschließlich ihrer Konzerne Dollaranleihen bedienen müssen, ist nur vage zu erfassen. Es geht auf jeden Fall eher um Billionen als nur um Milliarden Dollar, die auf dem Spiel stehen. Die Ansteckungsgefahr ist besonders wegen der erwähnten Verflechtung groß.

Kann oder will ein Fondsmanager zum Beispiel keine Russland-Dollaranleihen verkaufen, weil deren Kurse gerade abgestürzt sind, versucht er es mit Anleihen aus China oder Brasilien, Südafrika oder Indonesien. Das wiederum dürfte zur Ansteckung der betreffenden Aktienmärkte führen. Und je nervöser die Fondsmanager deshalb werden, desto größer ist die Gefahr einer Kettenreaktion.

 

Der Rubel schmiert ab, ausländische Investoren werden nervös, die Wirtschaft rutscht in die Rezession. Wie lange kann sich das Land noch über Wasser halten?

Das alles führt zu einem Nebeneffekt, der den USA gar nicht recht sein kann: Der Dollar bleibt stark, und das, obwohl seine fundamentale wirtschaftliche Basis eher schwach ist. Dadurch werden amerikanische Konzerne weniger wettbewerbsfähig. Und wenn US-Präsident Barack Obama mit seinen Sanktionen so wie bisher weiter macht, wird sich dieser Trend fortsetzen.

Was die schwache fundamentale Basis der USA angeht, sei hier nur Folker Hellmeyer zitiert, Chefanalyst der Bremer Landesbank mit internationaler Vernetzung. Er hat anhand der vom Internationalen Währungsfonds und von den Zentralbanken ermittelten Zahlen die volkswirtschaftlichen Daten Russlands und der USA gegenübergestellt und ist dabei zu höchst überraschenden Ergebnissen gekommen.

  • Staatsverschuldung in Prozent der Wirtschaftsleistung: Russland 13 Prozent, USA 108 Prozent

  • Haushaltssaldo in Prozent der Wirtschaftsleistung: Russland plus 1,5 Prozent, USA minus 5,5 Prozent

  • Handelsbilanz im vergangenen Monat: Russland plus 12 Milliarden Dollar, USA minus 43 Milliarden Dollar

  • Devisenreserven: Russland 420 Milliarden Dollar, USA 120 Milliarden Dollar

 Die nächste Flucht ins Gold rückt näher

Dieser Vergleich der beiden Supermächte gibt zu denken. Und er straft die Auguren Lügen, die bereits jetzt mit dem Gedanken an einen Bankrott Russlands spielen, wie er sich im Jahr 1998 ereignet, den berüchtigten Hedgefonds LTCM und obendrein die Aktienkurse weltweit in die Tiefe gerissen hat.

Derzeit deutet gar nichts auf einen russischen Staatsbankrott hin, erst recht nicht der gerade angestellte Datenvergleich. Und um noch ein weiteres Gedankenspiel zu beenden, das gerüchteweise in die Medien gelangte: Russland wird kein Gold verkaufen, zumal die Reserven in den vergangenen Jahren gerade sukzessive aufgestockt wurden.

Die derzeitige russische Krise ist in erster Linie politisch bedingt. Es geht um die Ukraine, die der Westen sich – wenn schon nicht als neues Nato-Mitglied, dann doch wenigstens als EU-Anhängsel – soweit wie möglich einverleiben möchte. Es geht um Öl und andere Rohstoffe, an denen Russland besonders reich, aber wegen der Abhängigkeit von ihnen auch verletzlich ist, was der Westen unter Führung der USA zu seinen Gunsten auszunutzen versucht.

Es geht aber auch darum, die bereits erwähnte mögliche Kettenreaktion an den Finanzmärkten zu verhindern. Sie wird umso wahrscheinlicher, je mehr Druck der Westen auf Russland ausübt, je mehr Dollaranleihen der Schwellenländer dadurch indirekt in Mitleidenschaft gezogen werden und am Ende auch die Aktienkurse weltweit in die Tiefe reißen. Dann wird die nächste Flucht ins Gold einsetzen.

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