




Am Mittwoch entschied die US-Notenbank Fed mal wieder, dass sie im Großen und Ganzen noch nicht entscheiden will, wann sie den Leitzins erhöht. Das liest sich dann so: Sie denke zwar an die Zinserhöhung bei ihrer Sitzung im Juni, könne die Entscheidung je nach Lage der Dinge allerdings auch weiter aufschieben. Und das nach zwei ganzen Sitzungstagen. In der Nicht-Entscheidung spiegelt sich viel Hoffnung auf die weitere Erholung der Wirtschaft wider, aber keine wirkliche Zuversicht. Was sich dann so äußert: Man werde handeln, sobald der Arbeitsmarkt zusätzliche Anzeichen der Besserung zeige und die Inflationsrate sich mittelfristig in Richtung zwei Prozent bewege.
Die Reaktion der Börsen ließ nicht lange auf sich warten: US-Aktien erholt, nachdem sie zuvor den Rückwärtsgang eingeschaltet hatten, Dollar schwach (bzw. Euro stark), Gold und Silber erholt. Aus dieser Reaktion kann man schließen, dass die relevanten Anleger wohl eher eine etwas schwächere Wirtschaftsentwicklung erwarten. Am Rande bemerkt: Die meisten Republikaner sind stinksauer auf die Fed, weil sie die konkrete Ankündigung eines höheren Leitzinses erwartet haben.
Doppelter Bremseffekt für die US-Wirtschaft
Nun folgen Fakten zum Hintergrund: Nicht erst seit Janet Yellens Antritt als Fed-Chefin dreht sich die amerikanische Geldpolitik um die Arbeitslosenquote, die als entscheidendes Kriterium dafür gilt, wann, in welchem Umfang und ob überhaupt etwas mit dem Leitzins passiert. Die aktuelle Quote von 5,5 Prozent – wobei nicht ganz klar ist, inwieweit mit statistischen Tricks nachgeholfen wurde – hätte die Ankündigung eines höheren Zinses gerechtfertigt.
Das sind die Gewinner und Verlierer der Währungsschwäche
Die Geldflut der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den Euro auf Talfahrt geschickt. Nach Einschätzung von Analysten könnte ein Euro schon bald weniger als ein US-Dollar kosten - erstmals seit mehr als zwölf Jahren. Ein schwacher Euro hilft Firmen aus der Eurozone, die Waren außerhalb des Währungsraums verkaufen wollen. Denn ihre Autos oder Maschinen werden auf den Weltmärkten günstiger - etwa in wichtigen Märkten wie Asien oder Amerika. Die Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“ oder anderen Euro-Staaten dürfte anziehen. Schon 2014 verkaufte Deutschland so viele Waren ins Ausland wie nie zuvor. Allerdings: Immerhin 37 Prozent der deutschen Exporte gehen in die Eurozone. Dort spielt der Wechselkurs keine Rolle.
Mehr Exporte = mehr Produktion = mehr Arbeitsplätze. Ganz so einfach geht es in der Praxis nicht, aber der EZB-Kurs mit Nullzins und Geldschwemme zielt auch in diese Richtung. Allein über den Preis werden Unternehmen aus dem Euroraum dank des niedrigen Eurokurses wettbewerbsfähiger. Somit stehen die Chancen gut, dass sie mehr verkaufen und ihre Fabriken besser ausgelastet sind. Das könnte mittelfristig auch neue Arbeitsplätze schaffen. All das bringt die heimische Wirtschaft voran.
„Das Milliarden-Geschenk“ titelte das „Handelsblatt“ am 22. Januar, als die EZB ihr gigantisches Anleihenkaufprogramm beschloss. Die lockere Geldpolitik der Notenbank könnte exportstarken deutschen Konzernen nach Berechnungen der Commerzbank im laufenden Jahr zwölf Milliarden Euro zusätzlich an Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in die Kassen spülen - allein weil der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verliert. Vom Euroverfall profitieren demnach vor allem jene Firmen, die Rechnungen und Löhne in Euro bezahlen, aber in Dollar abrechnen.
Wer Waren oder Rohstoffe aus dem Ausland bezieht, muss sich auf höhere Kosten einstellen. Denn wichtige Rohstoffe wie etwa Öl werden international in Dollar gehandelt. Wenn der Euro im Vergleich zum Dollar an Wert verliert, werden solche Importe für Abnehmer im Euroraum tendenziell teurer. Deshalb sei ein schwacher Euro für die Exportnation Deutschland auch nur auf den ersten Blick erfreulich, kommentiert der Außenhandelsverband BGA: „Ohne die niedrigen Rohstoffpreise würde der schwache Euro tiefe Spuren in unserer Importrechnung hinterlassen und somit auch die Verkaufspreise im Export erhöhen.“ In Deutschland wäre der Preisrückgang bei Benzin und Heizöl in den vergangenen Monaten noch deutlicher ausgefallen, wenn der Eurokurs nicht so stark nachgegeben hätte.
Urlaube in der Schweiz oder in die USA werden teurer, wenn der Euro gegenüber anderen wichtigen Währungen an Wert verliert. Ende Januar rechnete der Bundesverband deutscher Banken (BdB) vor: Die Kaufkraft eines Euro in der Schweiz betrage nur noch etwa 55 Cent. Das heißt: Waren und Dienstleistungen waren dort zu diesem Zeitpunkt im Schnitt fast doppelt so teuer wie in Deutschland. Auch für Reisen in andere Nicht-Euroländer wie Großbritannien oder die Türkei müssen Verbraucher aus Euroländern tiefer in die Tasche greifen. Auf der anderen Seite wird für Amerikaner oder Chinesen ein Trip nach Berlin, Athen oder an die Côte d'Azur attraktiver.
Für den Ausbau ihrer Geschäfte außerhalb des Euroraums müssen Unternehmen aus dem Euroraum tendenziell mehr Geld in die Hand nehmen. Wer etwa eine Fabrik in China oder in den USA errichten will und dies in der jeweiligen Landeswährung bezahlt, legt in Euro gerechnet künftig drauf.
Während die US-Notenbank Fed ihre Geldschleusen absehbar wieder schließen will, fährt die EZB einen genau entgegengesetzten Kurs. Das erhöht die Gefahr, dass es zu einem „Währungskrieg“ kommt. Mit ihren milliardenschweren Anleihenkäufen habe die EZB „eine Tür geöffnet, hinter der die Gefahr eines Abwertungswettlaufes lauert“, kritisierte BGA-Präsident Anton F. Börner. Die Erfahrung zeigt, dass es in solchen Fällen nur Verlierer gibt.
Doch die Löhne steigen in den USA nur geringfügig. Daraus kann man schließen, dass die Zahl der Beschäftigten nicht gerade himmelwärts strebt. Diesbezüglich kommt aus der Bauwirtschaft ein Warnsignal: Per Februar ging die Zahl der Baustarts im Jahresvergleich um 17 Prozent zurück. Und auch der Einzelhandel lässt zu wünschen übrig. Damit geht von zwei für die amerikanische Volkswirtschaft wichtigen Branchen ein Bremseffekt aus. Hinzu kommt die bisherige Dollar-Aufwertung als Exportbremse.
Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Fed-Geldpolitik ist die Inflationsrate. Stiege sie, hätte Yellen mit Fug und Recht laut über eine Zinserhöhung nachdenken können. Doch nicht zuletzt der gefallene Ölpreis hat dafür gesorgt, dass die von der Fed angestrebte Inflation in Höhe von zwei Prozent auf sich warten lässt. Dazu gesellt sich der preisdämpfende Effekt des aufgewerteten Dollars. Das heißt, die USA können Waren im Ausland wegen der Aufwertung günstiger einkaufen als noch vor einem halben Jahr. Das lässt die Inflationsrate etwas schrumpfen. Und noch ein Effekt: Der eine oder andere Großanleger außerhalb der USA hat den Dollar als sogenannten sicheren Hafen für sich entdeckt. Dafür spricht die Abwertung verschiedener Währungen, denen es bis zuletzt nicht viel besser ging als dem Euro.