
Platin ist in weiten Teilen der Bevölkerung vor allem als das teuerste Metall der Welt bekannt, Autofreunden überdies als wichtiger Bestandteil von Abgasfiltern, sprich Katalysatoren. Nun ist der Platinpreis auf den niedrigsten Stand sein Januar 2009 gefallen und mit einem Preis je Feinunze von 933 Dollar deutlich billiger als Gold, das bei 1131 Dollar je Unze notiert. Und für den jüngsten Kurssturz soll ausgerechtet Volkswagen verantwortlich sein.
Wissenwertes zu Palladium
Palladium gehört zur Gruppe der Platinum-Metalle und wird meist als Beiprodukt aus Nickel-, Blei-, Silber- und Kupfererzen, teilweise auch aus Golderzen sowie in Platinerzen gewonnen. Das Verfahren zur Gewinnung ist aufwendiger als bei Platin.
Russland gilt als größter Palladiumproduzent, mit mehr als 80 Tonnen Förderung pro Jahr. Weltweit liegt die Palladiumproduktion bei rund 200 Tonnen jährlich, was in etwa auch der Fördermenge des Schwestermetalls Platin entspricht. Heute steht Russland für gut 40 Prozent der weltweiten Fördermenge. Zweitgrößter Lieferant weltweit ist Südafrika mit knapp 39 Prozent der globalen Produktionsmenge.
Hauptabnehmer von Palladium ist die Autoindustrie, die für rund 80 der Nachfrage verantwortlich ist. Insbesondere als Beschichtung in Katalysatoren für Benzinmotoren ist das Edelmetall gefragt. Zudem ist es in der Schmuckindustrie Bestandteil von Weißgold und wird in Uhren verwendet.
In Form von Münzen oder Barren ist Palladium nur selten anzutreffen. Anleger greifen statt dessen häufiger auf börsengehandelt Rohstofffonds, sogenannten ETF oder ETC zurück. Diese Investorennachfrage ist vor allem für die kurzfristigen Preisschwankungen verantwortlich. Aufgrund seiner Seltenheit besitzt Palladium allerdings auch einen inneren Wert, der ein gewisses Niveau nicht unterschreiten sollte. Langfristig bleiben für den Preis die Förderkosten und -menge - sprich die Angebotsseite - sowie die Nachfrage der Autoindustrie maßgeblich.
Zuletzt hat der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland den Palladiumpreis gestützt. Viele Marktteilnehmer befürchten Sanktionen der westlichen Industriestaaten gegen Russland, die Lieferungen behindern könnten.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: VW wollte dem sauberen Dieselmotor zum Erfolg in den USA verhelfen und manipulierte dafür die Abgaswerte nach unten – offenbar nicht nur in den USA, sondern auch bei seinen Dieselautos in Europa. Der Imageschaden betrifft nicht nur die Wolfsburger, sondern Dieselfahrzeuge insgesamt, die nun als schmutziger und umweltschädlicher als gedacht dastehen.
Investoren an den Rohstoffbörsen spekulieren nun darauf, dass die Nachfrage nach Dieselautos im Zuge des VW-Skandals dramatisch sinken dürfte. Dann würde auch die Platin-Nachfrage sinken, denn die Katalysatoren in Dieselfahrzeugen benötigen viel Platin. 44 Prozent der Platinnachfrage weltweit entfällt auf die Autoindustrie, und hier vor allem für die Verwendung in Dieselkatalysatoren.
Wissenswertes zu Platin
Platin gilt gemeinhin als das wertvollste Edelmetall der Welt. Allerdings lag sein Preis pro Unze schon mehrfach unter dem Goldpreis. Im ausklingenden Goldboom 2012 und 2013, als der Goldpreis vom 2011er-Rekordhoch bei 1869 Dollar pro Feinunze schrittweise nach unten korrigierte, war Platin bereits billiger als das gelbe Edelmetall zu haben. Nach einer zwischenzeitlichen Erholung gegenüber dem Gold fiel der Platinpreis auch 2015 hinter den Goldpreis zurück.
Rund drei Viertel der weltweiten Platin-Förderung kommt aus südafrikanischen Bergwerken. Allein auf den größten Platinproduzenten Anglo American Platinum – eine Tochter des Rohstoffkonzerns Anglo American – entfallen 40 Prozent des weltweit geförderten Platins. Zusammen mit Lonmin und Impala Platinum sitzen die drei größten Hersteller in Südafrika.
Während jährlich etwa 2.500 Tonnen Gold und 20.000 Tonnen Silber aus dem Boden geholt werden, sind es bei Platin nur etwa 200 Tonnen. Das Metall ist seltener und schwerer als Gold.
Der Streik im Jahr 2014 der Mitarbeiter in den südafrikanischen Platin-Minen war der bislang längste und kostspieligste der Landesgeschichte. Mehr als 70.000 Minenarbeiter gingen im Januar 2014 in den Ausstand. Erst Ende Juni 2014 verständigten sich unter Einflussnahme der Regierung Südafrikas Minenbetreiber und Arbeiter auf eine Lohnerhöhung um 20 Prozent. Die Förderkosten für Platin sind dementsprechend gestiegen.
Die drei großen Platinproduzenten Anglo American Platinum, Lonmin Plc and Impala Platinum schätzten die Umsatzeinbußen durch den Streik auf knapp zwei Milliarden US-Dollar. Die Minenarbeiter verzichteten durch den fortgesetzten Streik Löhne in Höhe von 9,5 Milliarden Rand, umgerechnet 882 Millionen Dollar. Dennoch bewegte sich der Platinpreis trotz des Förderungsausfalls in dieser Zeit kaum aufwärts, weil Lagerbestände den Produktionsausfall kompensieren konnten. Das Beispiel zeigt, dass der Platinpreis kaum oder nur sehr langsam auf das Angebot reagiert, sondern vielmehr die Nachfrager die Preise bestimmen.
Platin wird vor allem in der Autoindustrie zur Herstellung von Katalysatoren für verwendet. Besonders für Dieselmotoren sind Katalysatoren mit Platinbeschichtung gefragt. Schätungsweise 44 Prozent des Gesamtverbrauchs entfallen auf die Verwendung in Katalysatoren. Andere Industrien sind für etwas mehr als 20 Prozent der Nachfrage verantwortlich. Zudem ist Platin auch in der Schmuckindustrie gefragt, sie steht für rund ein Drittel der Nachfrage. Für Anleger gibt es auch Münzen oder Barren – allerdings ist das Angebot deutlich geringer als bei Gold oder Silber. Lediglich neun Prozent der Nachfrage kommt von Investoren.
Platin wird allerdings auch in den Katalysatoren von Benzinfahrzeugen verwendet, wenn auch in weit geringerem Umfang. Hier wird für die Katalysatorenherstellung Palladium bevorzugt. Deshalb stieg das Platin-Schwestermetall – die Edelmetalle sind chemisch recht ähnlich – in Reaktion auf das VW-„Dieselgate“ am Mittwoch um sieben Prozent auf 660 Dollar je Feinunze und damit den höchsten Stand seit zwei Monaten. Bei Palladium macht die Nachfrage der Auto- und Katalysatorenhersteller sogar 80 Prozent der Gesamtnachfrage aus.
Langfristig steigende Preise
Kurzfristig sind die Preisschwankungen bei Platin und Palladium durchaus mit dem Skandal beim zweitgrößten Autohersteller der Welt begründbar. Langfristig sollten jedoch die Preise für beide Edelmetalle wieder steigen. „Bis sich so eine Nachfrageverschiebung im Automarkt bei den Rohstoffpreisen niederschlägt, dauert es in der Regel Jahre. Darüber hinaus ist die Nachfrage nach Platin und Palladium durchaus solide und langsam steigend“, sagt Rohstoffanalyst Daniel Briesemann von der Commerzbank. „Sollte der VW-Skandal allerdings nur die Spitze des Eisbergs sein und weiter Kreise ziehen, ist auch langfristig eine Verschiebung der Nachfrage zugunsten von Palladium möglich.“
Generell erwartet Briesemann jedoch eher positive Effekte für beide Metalle. „Sollten im Zuge der Abgasaffäre die Abgasnormen und –kontrollen weiter verschärft werden, sollte dies auch eine höhere Nachfrage nach Palladium und Platin nach sich ziehen.“ Die Platinnachfrage dürfte auch unterstützen, dass Dieselmotoren nach wie vor Standard in LKWs sind und der Frachtverkehr auf den Straßen immer weiter zunimmt.
Für ein mittel- bis langfristiges Anziehen der Platin- und Palladiumpreise spricht auch der deutliche Wertverlust in den vergangenen Monaten und Jahre. Die Platinpreise sind im Grunde schon seit 2011 auf Talfahrt, als das Edelmetall noch mehr als 2000 Dollar je Unze kostete. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat Platin rund die Hälfte an Wert verloren. Bei Palladium setzte der Abwärtstrend zwar erst im Sommer 2014 ein, nachdem es in der Spitze 895 Dollar kostete. Der Preis ist seitdem aber schon um mehr als ein Viertel gefallen.
Russland dankbar für Devisentransfer
Dass Palladium auf der Angebotsseite knapper wird, ist hingegen nicht erkennbar, obwohl die Edelmetallpreise die Produktionskosten jeder zweiten Mine nicht einmal decken. Zum einen ist Russland mit mehr als 40 Prozent der weltweiten Fördermenge der größte Produzent des Metalls. Bislang ist der Palladium-Export nicht von den EU-Sanktionen gegen Russland betroffen. Sicher wird die Autoindustrie alles versuchen, um zu verhindern, dass es dazu kommt. Russland wird für den Devisentransfer angesichts des schwachen Rubels dankbar sein.
Zum anderen dürfte auch im zweitgrößten Förderland Südafrika kein Interesse daran bestehen, das Palladium-Angebot durch Minenschließungen oder Produktionskürzungen zu verknappen, zumal sich die starken Gewerkschaften der Minenarbeiter dagegen zur Wehr setzen. Um die Produktionskosten halbwegs aufzufangen, bleibt die Angebotsmenge unverändert hoch. Preisimpulse müssten daher von der Nachfrageseite kommen. Kurzfristig sind sie nicht erkennbar, langfristig könnte VW-Skandal und seine Folgen allerdings dazu beitragen.