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Langfristig sorgt die Corona-Krise an der Börse für viele Chancen Quelle: imago images

Diese Zukunftstrends wird Covid-19 verstärken

Mark Haefele Quelle: PR
Mark Haefele Global Chief Investment Officer, UBS Global Wealth Management Zur Kolumnen-Übersicht: Geldanlage global

Die Covid-19-Pandemie wird dauerhafte Spuren in unserem Alltag hinterlassen. Sie wird nachhaltig beeinflussen, wie wir künftig leben, arbeiten, lernen, einkaufen. Und sie bietet eine Vielzahl an Chancen für Anleger.

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Innerhalb von wenigen Wochen hat der Ausbruch des Coronavirus und die von ihm verursachte Erkrankung Covid-19 die Weltwirtschaft, die Finanzmärkte und unser tägliches Leben auf den Kopf gestellt. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus – vom sogenannten Social Distancing bis hin zu staatlich angeordneten Betriebsschließungen – haben verheerende wirtschaftliche Folgen. Gleichzeitig kämpft das Gesundheitswesen mit einem Mangel an medizinischer Ausrüstung.

Viele der aktuellen Veränderungen werden unser Leben hoffentlich nur für relativ kurze Zeit beeinflussen. Allerdings wird die Covid-19-Pandemie unserer Ansicht nach auch einige längerfristige Trends beschleunigen. Dabei sind drei Bereiche besonders hervorzuheben: Investitionen in Gesundheitstechnologie, digitaler Wandel und Deglobalisierung. Alle diese Veränderungen bieten Chancen für langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger.

Eine der offensichtlichsten Auswirkungen der Pandemie ist die Aufdeckung der Grenzen der bestehenden Gesundheitssysteme, die sich in der Überlastung der Spitäler weltweit zeigen. Diese Grenzen erweisen sich jedoch gleichzeitig als Innovationstreiber.

Dank der Telemedizin etwa besteht die Möglichkeit, eine Routineversorgung anzubieten, ohne dass sich der Patient möglicherweise dem Virus aussetzt oder eine weitere Belastung für die Spitäler darstellt. Bei einer führenden medizinischen Beratungsplattform hat sich die Anzahl der in einem Monat aktiven Nutzer seit dem Virusausbruch um 1000 Prozent erhöht. Zudem meldete Teladoc, ein Anbieter von virtuellen Pflegediensten, für die zweite Märzwoche einen beispiellosen Anstieg der täglichen Online-Arztbesuche in den USA um 50 Prozent.

Ferner kann die Telemedizin möglicherweise zu einer Senkung der Pflegekosten beitragen, indem die Behandlung von teuren Spitalstandorten weg verlagert wird. Auch kann sie Menschen in unterversorgten Gemeinden unter Umständen einen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen. Zwar befinden sich die telemedizinischen Dienste noch in einem frühen Entwicklungsstadium, doch ihre Anwendung beziehungsweise ihre Akzeptanz könnte nach der Eindämmung des Coronavirus weiter steigen.

Es ist auch möglich, dass Covid-19 den Einsatz kostensparender Technologien im Gesundheitssektor ganz allgemein beschleunigen wird. Aufgrund der alternden Bevölkerung stehen die Gesundheitsbudgets weltweit bereits unter Druck. Dies treibt die Gesundheitsdienstleister an, neue Technologien zu erkunden, mit denen sich die Kosten senken und die Ergebnisse verbessern lassen – so etwa robotergestützte Operationstechniken. Wenn die Krise einmal vorüber ist, werden die Regierungen – die dann mit wesentlich höheren Schuldenständen konfrontiert sein werden – wahrscheinlich noch mehr Interesse an kostensparenden Technologien haben.

Das Social Distancing hat unsere Arbeits- und Lebensweise verändert. Selbst wenn wir zu unserem „normalen“ Leben zurückkehren, werden wir möglicherweise im Vergleich zu früher einen höheren Anteil an virtuellen Aktivitäten – vom Online-Studium bis zum Einkaufen – feststellen. Zunächst einmal hat der Online-Handel, der bereits ein schnell wachsender Teil des Einzelhandelssektors ist, durch Covid-19 zusätzlichen Auftrieb erhalten, da die Ladenlokale geschlossen wurden. Berichte aus mehreren Ländern deuten auf eine merkliche Belebung des Online-Shoppings hin, was die E-Commerce-Plattformen dazu zwingt, Hunderttausende von Mitarbeitern für die Abwicklung der Aufträge zu rekrutieren.

Auch die Akzeptanz von Online-Bildung und Telearbeit könnte durch die Covid-19-Pandemie einen starken Impuls erfahren. Die aktuelle Pandemie bietet einen groß angelegten globalen Test dafür, ob die Produktivität und das Lernen beeinträchtigt werden, wenn die Arbeitnehmer, Schüler und Studenten online und nicht in Büros und Klassenzimmern arbeiten. Unternehmen und akademische Einrichtungen werden wahrscheinlich verstärkt in die entsprechenden Technologien investieren, entweder um die Kosten zu senken oder um die Reaktionsbereitschaft im Falle künftiger Krisen zu verbessern.

Ein weiterer Nutznießer dieses Daheimbleibe-Trends dürften die Fintech-Firmen sein. Die Verbraucher nutzen zur Begleichung der neuen Dienstleistungen – ob Online-Einkäufe, Video-Streaming, Lebensmittellieferungen oder Online-Bildung – in der Regel Fintech-Lösungen. Sprich: Sie zahlen per Internet oder Mobiltelefon. Letztlich wird ein Lebensstil, der stärker auf Online-Dienstleistungen abgestützt ist, auch mehr Investitionen in die 5G-Infrastruktur erfordern. Gegenwärtig weisen Unternehmen für Netzwerkausrüstung und Mobilfunkinfrastruktur, die am 5G-Ausbau beteiligt sind, die attraktivsten Bewertungen auf.

von Sebastian Kirsch, Hauke Reimer, Heike Schwerdtfeger

Die Covid-19-Pandemie hat sich für Industrieunternehmen als besonders disruptiv erwiesen: Die Lieferung wichtiger Materialien wurde unterbrochen und aufgrund des Social Distancing mussten Werke stillgelegt werden. Das könnte für diese Unternehmen aus zwei wichtigen Gründen ein starker Anreiz sein, in Robotik und Automatisierung zu investieren: Erstens rechnen wir damit, dass mehr Unternehmen die Produktion in ihr Heimatland beziehungsweise in die Nähe verlagern werden. Für Unternehmen mit Sitz in Hochlohnländern – etwa in Europa oder den USA – werden Automatisierung und Robotik eine Möglichkeit sein, die Kosten unter Kontrolle zu halten.

Zweitens sehen Industrieunternehmen Investitionen in die Automatisierung unter Umständen als eine Form von Risikomanagement für den Fall einer erneuten Pandemie. In stärker automatisierten Fabriken kann der Betrieb auch dann aufrechterhalten werden, wenn Regierungen auf Social Distancing bestehen. So hat das Unternehmen Siemens kürzlich bei Investorentreffen erklärt, dass es seine Produktion dank des hohen Automatisierungsgrades seiner Fabriken (weniger menschliche Interaktion) weitgehend aufrechterhalten kann. Unseres Erachtens wird sich dieser Trend fortsetzen und sogar an Bedeutung gewinnen. Fabrikautomatisierungssysteme, Roboter und Automatisierungssoftware werden eine wichtige Rolle spielen, um einen höheren Automatisierungsgrad zu erreichen.

Unser Fazit lautet, dass Krisen eine Vielzahl an Chancen für Anleger bieten. Auf kürzere Sicht können Anleger nach Aktien, Sektoren und Anleihen Ausschau halten, die im von Angst geprägten Umfeld überverkauft sind. Auch wir halten Ausschau nach solchen Chancen und machen unsere Kunden darauf aufmerksam. Allerdings dürfte die Covid-19-Pandemie voraussichtlich stärker als die meisten vorherigen Krisen dauerhafte Spuren in unserem Alltag hinterlassen und nachhaltig beeinflussen, wie wir künftig leben, arbeiten, lernen, die Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen, einkaufen und so weiter. Anlegern, die unter Berücksichtigung eines diversifizierten Ansatzes potenzielle Nutznießer der Krise identifizieren, bietet sich daher die Möglichkeit, ihre Portfolios langfristig auf Wachstum auszurichten.

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