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Im November sind die Aktien weltweit gestiegen. Quelle: Bloomberg

Technik und Nachhaltigkeit gehören ins Depot

Mark Haefele Quelle: PR
Mark Haefele Global Chief Investment Officer, UBS Global Wealth Management Zur Kolumnen-Übersicht: Geldanlage global

Im November sind die Aktien weltweit gestiegen. Doch nun müssen die Anleger ihre Investments diversifizieren. Nur mit dem richtigen Mix ist auch weiterhin eine gute Performance möglich.

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Im November stiegen global Aktien um 12,2 Prozent (MSCI AC World Index). Dies war das beste monatliche Ergebnis seit Beginn der Aufzeichnungen und übertraf sogar den Anstieg um 11,5 Prozent vom April 2009. Der Dow Jones kletterte unterdessen zum ersten Mal überhaupt über die Marke von 30.000 Punkten. Seither haben globale Aktien weitere 2,4 Prozent zugelegt, da die Anleger weiter über den kurzfristigen Anstieg der Covid-19-Fälle in den USA und anderen Regionen hinausblicken. Sie konzentrierten sich stattdessen auf eine mögliche Rückkehr zu normalen sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten nach einer breitangelegten Einführung wirksamer Impfstoffe im 1. Halbjahr 2021, die geringere politische Unsicherheit in den USA und die Aussicht auf ein neues US-Konjunkturpaket.

Großbritannien begann als erstes Industrieland in dieser Woche mit dem massenhaften Impfen der eigenen Bevölkerung. Der Impfstoff des US-Pharmariesen Pfizer und seines deutschen Partners BioNTech wird seit Dienstag britischen Bürgern verabreicht. Zulassungen in den USA und Europa dürften bald folgen. Daneben gibt es noch weitere vielversprechende Impfstoffkandidaten von Moderna und AstraZeneca/Oxford, die sich derzeit in Phase-3-Studien bzw. im Zulassungsprozess befinden.

Nachdem die Wahlen in den USA vorbei sind, hat sich auch die politische Unsicherheit verringert, die zu den Marktschwankungen im Vorfeld der Wahl beigetragen hatte. Ich glaube auch nicht, dass eine gespaltene US-Regierung – meines Erachtens wohl das wahrscheinlichste Ergebnis der Wahl – ein Hindernis für einen Marktanstieg sein wird. Seit 1928 liegen die mittleren jährlichen Renditen für den S&P 500 sowohl bei einer „einheitlichen“ US-Regierung – also wenn dieselbe Partei das Weiße Haus und beide Kammern des US-Kongresses kontrolliert – als auch bei einer gespaltenen Regierung stets bei annähernd zwölf Prozent.

Die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Verabschiedung eines zusätzlichen Konjunkturpakets in den USA hat indes zugenommen. Zeitungsberichten zufolge steht zum Zeitpunkt der Niederschrift eine überparteiliche Gruppe von Senatoren und Abgeordneten kurz vor der Einigung auf Coronavirus-Hilfsmaßnahmen in Höhe von 900 Milliarden US-Dollar. Dies läge am oberen Ende der Prognosen.

Während die Märkte weiter stiegen, begann sich die Marktführung zu verlagern. Im bisherigen Verlauf des Jahres 2020 sind die größten, extrem hoch kapitalisierten US-Technologiewerte („Mega Caps“) – Facebook, Apple, Amazon, Microsoft und Google – um 49 Prozent gestiegen, während der US-Markt um 14,5 Prozent zulegte. In der nächsten Phase rechne ich mit einer Ausweitung der Rally und einer Fortsetzung des jüngsten Führungswechsels an den Märkten.

Rotation von Wachstumstiteln in zyklische Aktien und Substanzwerte

Vor dem Hintergrund der wachsenden Impfstoffhoffnungen haben zyklische Aktien und Substanzwerte begonnen, Wachstumsaktien zu überflügeln. Ich erwarte eine Fortsetzung dieses Trends. Der eher zyklisch ausgerichtete MSCI EMU Index ist seit dem 8. November (dem Tag vor der Bekanntgabe der positiven Impfstoffdaten von Pfizer) um 10,4 Prozent gestiegen, verglichen mit 5,4 Prozent für den S&P 500, in dem wachstumsstarke Technologieaktien ein höheres Gewicht haben. Selbst nach dieser relativen Outperformance liegt Europa seit Jahresbeginn um rund 17 Prozentpunkte hinter den USA zurück.

In den USA verzeichnete der Small-Cap-Index Russell 2000, der ebenfalls eine eher zyklische Tendenz aufweist, mit einer Gesamtrendite von 18,4 Prozent das beste Monatsergebnis seit 1979. Doch auch er liegt seit Jahresbeginn um vier Prozentpunkte hinter den Large Caps zurück. Der Russell Value Index stieg im November um 14 Prozent (Gesamtertrag) und der Russell Growth Index um zehn Prozent. Dennoch haben Substanzwerte seit Jahresbeginn um 32 Prozent schlechter abgeschnitten als Wachstumsaktien. Im kommenden Jahr 2021 rechnen wir mit einer Outperformance von US-Mid-Caps sowie Small und Mid Caps der Eurozone.

Nach der „nächsten großen Sache“ im Technologiesektor Ausschau halten

Seit 1973 ist zu beobachten, dass ein US-Aktiensektor, der in einem Zeitraum von zehn Jahren zu den beiden größten Gewinnern zählte, mit einer Wahrscheinlichkeit von nur acht Prozent auch in den folgenden zehn Jahren dort zu finden war. Dagegen bestand eine Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent, dass dieser nur noch zu den zwei schwächsten Sektoren zählte. Dieses Muster deutet darauf hin, dass „die nächste große Sache“ wohl nicht aus den beiden besten Sektoren der vergangenen zehn Jahre – Technologie und Nicht-Basiskonsumgüter – kommen wird.

Das vergangene Jahrzehnt stand im Zeichen von Anlagen im Technologiesektor selbst, doch im nächsten dürfte es sich lohnen, auf Disruptoren in einzelnen Sektoren im technologischen Wandel zu investieren. Das größte Wachstumspotenzial besitzen aus unserer Sicht Unternehmen mit Engagements in den Bereichen 5G-Einführung, Fintech, Greentech und Healthtech.

Die grüne Agenda des designierten Präsidenten Joe Biden

Die künftige US-Regierung des designierten Präsidenten Joe Biden dürfte der grünen Agenda mehr Dynamik verleihen. Dies sollte im kommenden Jahrzehnt Chancen für nachhaltige Anlagen eröffnen. Wenn die Republikaner, wie ich annehme, die Kontrolle im Senat behalten, wird es Biden zwar vermutlich nicht gelingen, sich die Zustimmung für die geplanten Investitionen in grüne Energien in Höhe von zwei Biollionen Dollar zu sichern. Doch die frühzeitige Ernennung des früheren US-Außenministers John Kerry zum Klimabeauftragten lässt erwarten, dass grüne Investitionen für das Weiße Haus Priorität genießen werden. Die Regierung dürfte Dekrete und andere regulatorische Instrumente nutzen, um die Nachhaltigkeit zu fördern. US-Bundesstaaten und Regierungen weltweit machen derweil die Emissionsminderung immer mehr zu einem Kernpunkt ihrer Politik.


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Alles in allem erkenne ich weiteres Aufwärtspotenzial für die Aktienmärkte. Ich glaube aber, dass Anleger diversifizieren müssen, um in der nächsten Aufwärtsetappe die bestmögliche Performance zu erzielen. Wichtig sind auch ein langfristiger thematischer Ansatz im Technologiebereich und die Einbeziehung von Nachhaltigkeit in das Portfolio.

Mehr zum Thema: Die WirtschaftsWoche hatte die Fondsmanager-Elite Jens Ehrhardt, Bert Flossbach, Jochen Felsenheimer, Ilga Haubelt und Hendrik Leber zum Roundtable geladen.

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