Geldanlage Plant die EU einen Anleger-Führerschein?

Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, stellt am Mittwoch die EU-Kleinanlegerstrategie vor. Quelle: REUTERS

Am Mittwoch stellt die Europäische Union vor, wie sie die Rechte von Kleinanlegern stärken will. Nun gibt es Sorgen, dass sie dabei übers Ziel hinausschießt.

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Bald ist es so weit: Diesen Mittwoch stellt die EU-Kommission ihre Pläne vor, wie sie die Aktienkultur in Europa und die Rechte von Kleinanlegern stärken will. Ein zentraler – und im Vorfeld heiß diskutierter – Punkt ist bereits vom Tisch: Ein allgemeines Provisionsverbot wird es nicht geben. Einige Sätze im Entwurf der sogenannten EU-Kleinanlegerstrategie sorgen allerdings bei Start-ups aus der Finanzbranche für Unruhe. Die Frage ist: Plant die EU-Kommission etwa eine Art Anleger-Führerschein?

Im Entwurf heißt es unter anderem: „Die Mitgliedsstaaten sollten formelle und informelle Lernmaßnahmen fördern, die die Finanzkompetenz von Kleinanlegern […] in Bezug auf verantwortungsvolles Investieren unterstützen.“ Mit verantwortungsvollem Investieren sind hier Anlageentscheidungen gemeint, die zu den persönlichen und finanziellen Zielen des Anlegers passen. Die Frage ist, wie „formelle Lernmaßnahmen“ aussehen könnten.

Müssten Anleger eine Art Prüfung absolvieren, ehe sie bestimmte Anlageprodukte kaufen können, könnte das der Vielzahl junger Unternehmen einen Dämpfer versetzen, die sich an Selbstentscheider richten. Immer mehr – vor allem junge – Anleger lassen sich in Geldfragen nicht mehr bei ihrer Hausbank oder unabhängig gegen Honorar beraten, sondern bilden sich selbst fort und treffen ihre Anlageentscheidungen allein. Und immer mehr Unternehmen bieten ihnen die Möglichkeit, diese Entscheidungen simpel und günstig umzusetzen – zum Beispiel Neobroker.

Nichts für Privatanleger

Einige Anlageprodukte sind bereits heute für Privatanleger kaum zu erwerben. Etwa diverse Anleihen: Privatanleger dürfen nur Zinspapiere kaufen, die über ein Basisinformationsblatt (BIB) verfügen. Das ist bei zahlreichen Anleihen nicht der Fall. Sollte das Universum der für Privatanleger problemlos erhältlichen Finanzprodukte weiter schrumpfen, dürfte das den Boom der Selbstentscheider-Angebote ausbremsen.

Umso pikanter wäre das, weil die EU-Kommission kein generelles Provisionsverbot plant. Die Honorarberatung dürfte so in Deutschland weiter ein Nischendasein fristen. Anleger könnten, statt umständlich einen Wissenstest zu absolvieren, für den Kauf von Anlageprodukten doch wieder häufiger zu Bankberatern gehen, die nicht unabhängig beraten. Damit würde die EU das Gegenteil dessen erreichen, was sie mit der Kleinanlegerstrategie eigentlich anstrebt.

Ob tatsächlich eine Art Anleger-Führerschein kommt, ist aber alles andere als gewiss. Der Entwurf wird lediglich dort konkreter, wo es darum geht, wie Anbieter von Finanzprodukten Profi-Anleger identifizieren sollen. Unter anderem heißt es: Bei der Identifizierung sollten „Erfahrungen außerhalb des Finanzdienstleistungssektors sowie zertifizierte Aus- und Weiterbildungen berücksichtigt werden, die der Kunde absolviert hat“. Wer als Profi statt als Laie klassifiziert werden will, muss also mehr nachweisen als nur langjährige Erfahrung am Kapitalmarkt. Das ist aber in der Regel auch heute schon so.

Alberto del Pozo, Geschäftsführer von myPension, gibt sich deshalb entspannt. MyPension bietet ETF-basierte Altersvorsorgelösungen im Versicherungsmantel an. Das Portal zielt auf Selbstentscheider ab, wäre von einem Anleger-Führerschein wohl betroffen. 

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„Kenntnisse und Erfahrungen werden heute schon abgefragt, wenn auch recht rudimentär“, sagt del Pozo und verweist auf die sogenannte Geeignetheitsprüfung. Damit müssen Finanzdienstleister sicherstellen, dass ein Anlageprodukt zum Anleger passt. „Man kann mit der heutigen Regelung schon sehr gut arbeiten“, findet del Pozo. Mit einem Anleger-Führerschein rechnet er daher nicht. Zwar könne mehr Finanzwissen bei Privatanlegern nicht schaden. Darum sollten sich aber Schulen kümmern, nicht Finanzaufseher.

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