Geldanlage Profi-Anleger sind heiß auf Aktien

Die Börsen laufen gut und die Aktienanleger sind so optimistisch wie seit Jahren nicht mehr. Eine Umfrage zeigt: Finanzprofis steigen jetzt ein. Welche Märkte und Anlageklassen besonders beliebt sind.

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In Wallung: Händler an der Wall Street. Quelle: dpa

Frankfurt Internationale Investoren sind so optimistisch für Aktien wie seit mindestens dreieinhalb Jahren nicht mehr. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer an einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg wollen in den nächsten sechs Monaten ihre Positionen erhöhen.

Zum Weltwirtschaftsforum in Davos, wo sich die Wirtschafts- und Finanzelite jährlich trifft, sagen 53 Prozent der Teilnehmer an der weltweiten Umfrage, dass Aktien im nächsten Jahr die höchsten Erträge einbringen werden. Das sind 17 Prozent mehr als bei der letzten Befragung im November und der höchste Wert seit Beginn der vierteljährlichen Umfrage unter Investoren, Analysten und Händlern im Juli 2009.

Hinter dem Enthusiasmus für Aktien steht das wachsende Vertrauen in die US-Wirtschaft und die nachlassende Besorgnis um Europa. Amerika befindet sich in der besten Verfassung seit zwei Jahren, lautet der Tenor der Umfrage, über die Hälfte der 921 Teilnehmer sieht die Konjunktur auf dem Weg zur Besserung.

Es gibt aber auch Anzeichen für ein Nachlassen der seit drei Jahren andauernden Euroraum-Schuldenkrise. Nur 45 Prozent sagen, dass sich die Wirtschaftslage in der Region weiter verschlechtert, verglichen mit 70 Prozent vor zwei Monaten. “Es scheint vorsichtiger Optimismus vorzuherrschen, dass die Dinge allmählich gelöst werden”, erläuterte Ben Kelly, Aktienanalyst bei Louis Capital Markets in London und Umfrageteilnehmer.

Die größere Zuversicht bezüglich der Aussichten für die Konjunktur und die Aktien schafft die Voraussetzungen für eine optimistischere Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos. An der fünftägigen Tagung nehmen etwa 2.500 Unternehmenschefs, Notenbanker, Politiker, Investoren und Akademiker teil. Zu den Delegierten gehören unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel und EZB-Präsident Mario Draghi, die beide in der Umfrage gelobt wurden. Ferner werden der Vorstandsvorsitzende von Goldman Sachs, Lloyd Blankfein, und der Milliardär und Investor George Soros teilnehmen.


Wo die Profis einsteigen

“Es gibt große Erleichterung, dass wir 2012 eine ganze Reihe von Dingen entschärfen konnten. Wir sind in den USA nicht die Fiskalklippe hinabgestürzt, in Europa gab es keine Kernschmelze und in China keine harte Landung”, sagte Nariman Behravesh, Chefökonom bei IHS aus Massachusetts, der nach Davos reisen wird. “Es gibt definitiv eine Menge guter Nachrichten wie die Konjunkturerholung in Nordamerika und eine stärkere Dynamik in Asien.”

Die Verbesserung in den USA hat “positive Auswirkungen in der gesamten Welt”, meint Sriram Srinivasan, Vorstandsvorsitzender bei Wall Street Investment Management und Umfrageteilnehmer. Die Weltwirtschaft befindet sich in der besten Verfassung seit Mai 2011, so die Umfrage, 35 Prozent der Befragten sehen eine Verbesserung. Das sind etwa doppelt so viele wie eine Verschlechterung der Perspektiven erwarten. Am optimistischsten waren europäische Anleger, US-Umfrageteilnehmer waren am wenigsten optimistisch.

Die Aktienmarktgewinne dürften alle Weltregionen erfassen. Mehr als drei von fünf Befragten sehen den Standard & Poor's 500 Index und den MSCI Asia Pacific Index in sechs Monaten höher als derzeit. Aber auch der Optimismus für Europa wächst. Mehr als zwei von fünf Anlegern rechnen in sechs Monaten mit einem höheren Stand beim Euro Stoxx 50 Index und dem britischen FTSE 100 Index, was fast doppelt so hoch ist wie die Anzahl derjenigen, die sinkende Kurse erwarten.

“Investoren haben die niedrigen Renditen von als sicherer Hafen geltenden Anlagen satt, daher schauen sie sich nach Aktien, sowohl in Industrieländern als auch in Schwellenmärkten um”, berichtet Ciaran Woods, Analyst der Citigroup in London. Sechsundvierzig Prozent der Anleger wollen in den nächsten sechs Monaten die Positionen in Schwellenländer-Aktien erhöhen, während nur acht Prozent ihr Engagement zurückfahren wollen, ergab die Umfrage.

Eine Mehrheit der Befragten erwartet die schlechtesten Erträge im nächsten Jahr bei Anleihen. Fast drei von fünf Umfrageteilnehmern wollen in den kommenden sechs Monaten ihre Bestände an US-Treasuries zurückfahren.Bei der Frage, welche Märkte im nächsten Jahr die besten Chancen bieten, wurden die USA mit 38 Prozent am häufigsten genannt und China am zweithäufigsten.

Hingegen dürften die Märkte der Europäischen Union im kommenden Jahr die schlechtesten Erträge erzielen, sagen 35 Prozent der Befragten. Allerdings ist diese Zahl zurückgegangen, im November waren noch 41 Prozent und im Mai noch 62 Prozent dieser Meinung.


Ist die Euro-Krise bald vorbei?

Zwar glaubt eine Mehrheit nicht, dass die jüngsten Kursgewinne an den europäischen Anleihemärkten ein Zeichen sind, dass die Krise vorüber ist. Jedoch sind 44 Prozent anderer Meinung, verglichen mit 28 Prozent vor einem Jahr. Dreizehn Prozent wollen ihr Engagement in europäischen Staatsanleihen in den nächsten sechs Monaten erhöhen, fast doppelt so viele wie im November. Ihre Euro-Positionen wollen 15 Prozent aufstocken, gegenüber 8 Prozent bei der letzten Umfrage.

Zwar sagen immer noch 69 Prozent, Griechenland werde wahrscheinlich einen Zahlungsausfall erleben, jedoch ist es die geringste Zahl seit September 2010. Dreißig Prozent gehen davon aus, dass Portugal nicht in der Lage sein werde, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, etwa halb so viel wie vor einem Jahr. Spanien wird von 68 Prozent für kreditwürdig befunden, der höchste Wert seit einem Jahr. Nur 12 Prozent rechnen mit einem Zahlungsausfall Irlands, bei Italien liegt die Quote bei 17 Prozent.

Lob für die Eindämmung der Krise erhielt EZB-Präsident Draghi für das Konzept seines noch nicht in Anspruch genommenen Bondkaufprogramms, 72 Prozent haben eine positive Meinung zu Draghi. Aber auch Merkel wurde gelobt, der Optimismus bezüglich Merkels Politik stieg auf einen Rekordwert von 64 Prozent. “Ich bin sehr zuversichtlich bezüglich der Fähigkeit Deutschlands, die Führungsrolle zu übernehmen”, sagte Umfrageteilnehmer Ron Anari, Senior Vice President bei ICAP in Jersey City, New Jersey. “Angela Merkel ist eine sehr kompetente Politikerin.”

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