Die neue WiWo App Jetzt kostenlos testen
Download Download

Geldanlage Putin hat das bessere Blatt auf der Hand

Europa kann sich keine Sanktionen gegenüber Russland leisten. Das fragile europäische Bankensystem macht die EU politisch handlungsunfähig. Wann der richtige Zeitpunkt zum Kauf russischer Aktien kommt.

  • Artikel teilen per:
  • Artikel teilen per:
Wo Anleger auf der Hut sein sollten
Mit der Krisenampel frühzeitig gewappnet sein Die Krisenampel ist ein Frühwarnsystem, um negative Auswirkungen auf die Kapitalanlage zu prognostizieren. Entwickelt wurde das Warnsystem von der Quirin Bank und dem Analysehaus Future Value Group. Rot signalisiert dabei eine akute Krise, grün hingegen steht für eine aktuell entspannte Situation. Gelb zeigt eine möglicheerweise drohende Krise an und sollte als Alarm verstanden werden. Quelle: Handelsblatt Online
Negative RealzinsenDie Zentralbanken halten durch Ihre zwar rückläufigen aber nach wie vor erheblichen Interventionen das Zinsumfeld weiter künstlich niedrig. Gegenüber ihren zwischenzeitlichen Höchstständen zum Jahreswechsel 2013 / 2014 haben sich so die Renditen für Staatsanleihen tendenziell wieder reduziert (so liegt die Rendite z. B. zehnjähriger deutscher Staatsanleihen aktuell nur noch bei 1,66 %, die des US-Pendants weiter deutlich höher aber ebenfalls rückläufig bei 2,74 %). Die Gefahr eines plötzlich stark steigenden Realzinses (also der nominalen Zinsen nach Abzug der Inflation) ergibt sich somit auch weiterhin nicht. Auch die Inflationsraten haben sich stabilisiert (im Februar lag die Inflation in Deutschland fast unverändert bei 1,2 %), so dass auch von dieser Seite kein sprunghafter Anstieg des Realzinsniveaus droht. Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
WährungskriseDer Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar bleibt weiter überaus fest. Aktuell überschreitet er mit einer Notierung von gut 1,3840 selbst die zwischenzeitlichen Höchststände vom Jahreswechsel. Trotz der nach wie vor ungelösten Euro-Problematik scheint der Kurs der Gemeinschaftswährung nach wie vor deutlich von den Beruhigungstendenzen im gemeinsamen Währungsraum zu profitieren. Selbst Kapitalmarktturbulenzen, wie sie im Februar in Bezug auf die Schwellenländer auftraten, die üblicherweise mit einer US-Dollar-Stärke einhergehen, konnten bislang an dieser trendmäßigen Entwicklung wenig ändern. Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
StaatsschuldenkriseEin weiteres Mal hat die Wirtschaftspolitik in den USA die sicherlich schmerzhafte Diskussion um eine Absenkung der enormen Staatsverschuldung umgangen und die Schuldenobergrenze für den Bundeshaushalt erneut erhöht. Die in den vergangenen Jahren bereits mehrfach geführte Diskussion um Sparmaßnahmen und Ausgabenkürzungen wird so mindestens bis ins nächste Frühjahr verschoben. Der Stand der US-amerikanischen Staatsverschuldung lag im letzten Jahr den Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) gemäß bei fast 106 % gemessen an der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP). Für die Euro-Zone insgesamt betrug diese Quote im gleichen Zeitraum knapp 96 %. Ampel: Gelb, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
BankenkriseAufgrund der vielfältigen sonstigen wirtschaftspolitischen und auch außenpolitischen Themen – etwa in der Ukraine – richtet sich derzeit kaum Aufmerksamkeit auf den bevorstehenden Banken-Stresstest in Europa. Die EZB beteuert kontinuierlich, in jedem Fall stützend in den europäischen Bankensektor eingreifen zu können. Dies unterstreicht auch, dass die EZB mögliche Verwerfungen nach schlechten Ergebnissen befürchtet. Eine Entwarnung kann deshalb noch nicht gegeben werden. Die Bond-Spread-Indikatoren als Basis für die Krisenampel-Schaltung verharren derzeit weiter im „gelben“ Bereich. Ampel: Gelb, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
Versorgungs- und RohstoffpreiseTrotz der fortwährenden Verschärfung der Krim-Krise und ihrer möglichen Implikationen für die Versorgung großer Teile Europas mit Energierohstoffen (s. dazu auch unter „Transport- und Handelskrise“), zeigen sich die entsprechenden Preise an den Spot-Märkten derzeit weitgehend unbeeindruckt. So notierte Rohöl der europäischen Sorte Brent zuletzt mit knapp 108 US-Dollar je Barrel noch deutlich unter den Ständen zum Jahreswechsel (die US-Sorte WTI hat sich hingegen – vermutlich wegen teils enttäuschter Hoffnungen auf die Preiseffekte des sogenannten „Fracking“ – auf zwischenzeitlich fast 105 US-Dollar verteuert). Ampel: Grün, seit 20.12.2013 Quelle: dpa-dpaweb
Verbraucherpreis-InflationDie Nominal- und Reallohnentwicklung in Deutschland ist weiter unterdurchschnittlich. So teilte das Statistische Bundesamt Ende Februar mit, dass die Nominallöhne im Jahr 2013 durchschnittlich um lediglich 1,3 % gestiegen sind. Angesichts einer jahresdurchschnittlichen Inflationsrate von 1,5 % in 2013 sind damit die Reallöhne in Deutschland im Jahr 2013 erstmals seit 2009 wieder gefallen. Eine Nachfrageinflationskrise zeichnet sich daher momentan immer weniger ab. Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa

Nur noch knapp jeder zehnte Investor rechnet innerhalb der nächsten zwölf Monate mit dem Austritt mindestens eines Landes aus dem Euro. Das geht hervor aus dem so genannten Euro Break-up Index (EBI) des Analysehauses Sentix. Dieser fiel zuletzt zurück auf 9,8 Prozent und damit erstmals unter die Schwelle von zehn Prozent. Seinen bisherigen Höchststand erreichte der EBI im Juli 2012 mit 73 Prozent.

Ein Wirtschaftskrieg mit Russland könnte die derzeit sorglose Einschätzung der Anleger sehr schnell ändern. Schließlich sind europäische Banken stark in Russland engagiert. Wie immer ganz vorne mit dabei sind die französischen Banken. Laut Statistiken der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hielten französische Institute gegenüber russischen Schuldnern Ende 2013 Forderungen von mehr als 50 Milliarden Dollar. Dagegen verblasst das Engagement der traditionell stark in Russland engagierten deutschen Banken mit weniger als 20 Milliarden Dollar. Deutsche Banken hatten ihre Ausleihungen im vierten Quartal um 18 Prozent zurückgefahren. Größter Schwachpunkt aber sind die schwer angeschlagenen italienischen Banken. Für sie stehen in Russland knapp 30 Milliarden Dollar auf dem Spiel. Das ist ein Prozent aller Vermögenswerte italienischer Banken - die mit Abstand höchste Quote unter den europäischen Bankensystemen. Auf dem zweiten Platz landet Frankreich mit 0,6 Prozent. Deutschland kommt auf etwa 0,2 Prozent. Entgegen der allgemeinen Tendenz haben die italienischen Banken ihr Engagement in Russland im vierten Quartal 2013 gar noch weiter ausgebaut.

Die aktuelle Situation erinnert an die Lage in Griechenland 2010. Dort hatten damals die französischen Banken mit ihren griechischen Tochtergesellschaften und Forderungen im Volumen von rund 70 Milliarden Dollar die höchsten Risiken am Hals. Den Ausstieg ermöglichte ihnen die Europäische Zentralbank (EZB) über das Securities Markets Program (SMP). Die EZB nahm griechische Anleihen auf die eigene Bilanz und verteilte die Risiken so auf die gesamte Eurozone. Es war der erste große Sündenfall der EZB in der Euro-Krise. Nur geht das nicht mit russischen Anleihen.

Eine zunehmende Konfrontation des Westens mit Russland bringt deshalb automatisch das Systemrisiko an die Finanzmärkte zurück. Insgesamt beliefen sich die Auslandsschulden Russlands laut Statistiken der russischen Zentralbank Ende 2013 auf 732 Milliarden Dollar. Das waren 200 Milliarden Dollar mehr als noch vor zwei Jahren und allein 160 Milliarden Dollar davon entfielen auf russische Unternehmen und Banken.

Besonders exponiert ist die französische Großbank Société Générale (SG) über ihre 99,4-prozentige Tochtergesellschaft Rosbank, der mit Netto-Vermögenswerten von 22 Milliarden Dollar neuntgrößten Bank Russlands. Noch im April hatte die SG der vom Oligarchen Wladimir Potanin kontrollierten Holding Interros ein siebenprozentiges Aktienpaket an Rosbank abgekauft. „Société Générale´s commitment to Russia is part of a long-term vision“, ließ die zweitgrößte französische Bank dazu verlauten. Russlands Staatspräsident Wladimir Putin hatte zu diesem Zeitpunkt die Krim bereits annektiert. Die Ost-Ukraine wird aller Voraussicht nach der Krim folgen. Der für die Finanzmärkte entscheidende Termin ist der 18. Mai. An diesem Tag wird in einem zweiten Referendum endgültig über einen Anschluss der Ost-Ukraine an Russland entschieden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%