Geldanlage Was Top-Anlageexperten jetzt raten

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Bert Flossbach (l), Jochen Felsenheimer (r) Quelle: Oliver Rüther für WirtschaftsWoche

Was ist mit Aktien?

Ehrhardt: Die gehören in jedem Fall dazu. Kurzfristig kann es zwar jederzeit zu weiteren Einbrüchen an den Börsen kommen, aber langfristig halte ich die Aktie für eine unverzichtbare Depotkomponente. Aktien sind ein liquide handelbarer Sachwert. Als solcher unterliegen sie natürlich starken Schwankungen im aktuellen Preis, aber sie haben auch einen inneren Wert, der nicht so stark schwankt. Sie sind Anteil am Vermögen und Wertschöpfungspotenzial großer Unternehmen – Grundstücke, Gebäude, Patente, Markenrechte, Maschinen, gut ausgebildete Mitarbeiter, Marktanteile, Geschäftsbeziehungen. All das kann ich mir als Anleger in einem mundgerechten Happen bequem kaufen.

Vorschlag zur Depotaufteilung von Bert Flossbach

Viele Anleger fürchten aber gerade bei Aktien die starken Kurseinbrüche, derentwegen sie unter dem Strich Geld verlieren, wenn sie den richtigen Einund Ausstiegszeitpunkt verpassen.

Ehrhardt: Dieses Risiko besteht. Dennoch glaube ich, dass, auf die lange Sicht gesehen, Aktien eine der attraktivsten Anlageklassen sind. Trotz aller Probleme, die immer wieder an den Aktienbörsen ihren Tribut fordern werden: Aktien sind zurzeit historisch gesehen nicht teuer. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis etwa oder das Kurs-Buchwert-Verhältnis sind im Durchschnitt für die deutschen Blue Chips auf den tiefsten Stand seit 2009 gefallen. Wer den Modetrends widersteht und kontinuierlich einen Teil seines Vermögens in gute Unternehmen investiert, etwa über einen Fondssparplan oder über mindestens zehn verschiedene Einzelaktien, wird auf Dauer seine Rendite bekommen. Zwischenzeitliche Rückschläge muss man aber aushalten können.

Flossbach: Ich beobachte gerade bei deutschen Anlegern häufig etwas, das ich Vola-Phobie nenne: hohe Volatiliät, also das starke Schwanken der Kurse, wird mit untragbarem Risiko gleichgesetzt...

...zu Recht, oder? Bei einer Aktie, die stark schwankt, ist das Risiko höher, sie irgendwann mit Verlust verkaufen zu müssen.

Flossbach: Theoretisch ja, dazu aber zwei wichtige Dinge: Erstens sind Sachwerte, deren Preis nicht oft festgestellt wird, etwa Immobilien oder geschlossene Fonds, nicht weniger riskant. Sie unterliegen genauso Preisschwankungen, nur werden die nicht jeden Tag ermittelt und über das Internet an Millionen Anleger kommuniziert. Oft gibt es dann ein böses Erwachen, wenn zum Beispiel ein geschlossener Fonds verkauft werden soll. Zweitens sind Aktien eine Langfristanlage: Nur Geld, das nicht morgen vielleicht gebraucht wird, sollte dort investiert werden. Wer das beherzigt, braucht vor Volatilität keine große Angst zu haben, er kann Kursschwächen notfalls aussitzen.

Felsenheimer: Aber nur, wenn es irgendwann wieder aufwärtsgeht. Ich habe grundsätzlich nichts gegen Aktien, halte aber den Einstiegszeitpunkt derzeit noch nicht für optimal. Wenn ich sehe, dass der Kreditmarkt derzeit mit einem Ausfall von 40 Prozent der Anleihen der 25 größten Finanzinstitute Europas rechnet, dann ist der Dax noch viel zu hoch bewertet. Denn sollte das passieren, hätten wir wieder eine akute Finanzkrise, das ginge mit einem erneuten Crash am Aktienmarkt einher, da können Aktien noch so günstig sein.

Polleit: Dennoch geht an Diversifizierung wohl kein Weg vorbei. Und dazu gehören Sachwerte wie Gold, Immobilien und die Aktien guter Unternehmen. Nur in Nominalwerte wie Tagesgeld oder Staatsanleihen investiert zu sein ist keinesfalls risikolos. Der täglich festgestellte Marktwert schwankt zwar nominell viel weniger als bei Aktien oder Gold. Deswegen wirken Anleihen weniger riskant. Das Risiko besteht aber im Kaufkraftverlust. Siemens-Aktien, vor dem Krieg gekauft, wären heute immer noch werthaltig, wenn auch unter heftigsten Kursschwankungen. Anleihen oder Geldkonten von damals nicht.

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