Geldpolitik Draghis Worte machen Euro nur stärker

Erst am Wochenende hat Mario Draghi ein weiteres Mal betont, dass die EZB die Geldpolitik lockern könnte. Doch Worte allein reichen offenbar nicht. Der Euro zeigt sich unbeeindruckt und steigt seit Wochen kontinuierlich.

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Bei Optionshändlern ist Pessimismus in Bezug auf den Euro so selten wie seit November 2009 nicht mehr. Quelle: dpa

Frankfurt Mit seiner Andeutung, dass die EZB die Geldpolitik lockern könnte, um den Anstieg des Euro zu dämpfen, bekräftigte Mario Draghi am Wochenende eine Position, die er seit Wochen einnimmt. Doch die Gemeinschaftswährung zeigt sich unbeeindruckt von seinen wiederholten Kommentaren und steigt seit Anfang März. Bei Optionshändlern ist Pessimismus in Bezug auf den Euro so selten wie seit November 2009 nicht mehr.

Die Herausforderung für Draghi besteht darin, die Gewinne des Euro zu begrenzen, die die Inflation auf ein Viertel des EZB-Ziels abgeschwächt haben. Ein ähnliches Szenario kündigte in Japan in den 1990er Jahren eine Phase sehr flauen Wachstums an. Händler versuchen abzuschätzen, ob die Notenbank bereit ist, Draghis Worten ausreichend Feuerkraft folgen zu lassen, um die seit 20 Monaten anhaltende Rally der Gemeinschaftswährung zu beenden.

„Die EZB wird wohl mit solchen Kommentaren weiter machen, aber Worte kosten nichts”, sagt Athanasios Vamvakidis, Leiter G10-Devisenstrategie bei Bank of America in London. „Der Markt wird Maßnahmen sehen wollen, bevor sich der Euro erheblich abschwächt.”

Vamvakidis erwartet einen Rückgang des Euro unter 1,35 Dollar in den „nächsten Monaten”, angetrieben von der Verbesserung der US-Konjunkturlage, welche es der Federal Reserve ermöglichen wird, ihr Programm der quantitativen Lockerung zurückzufahren. Die Medianschätzung in einer Bloomberg-Umfrage unter Strategen lag bei einem Rückgang auf 1,36 Dollar bis 30. Juni und 1,30 Dollar bis Jahresende. Zuletzt notierte der Euro bei 1,3795 Dollar.

Draghi sagte gegenüber Journalisten auf der Tagung des Internationalen Währungsfonds in Washington am 12. April, der Wechselkursanstieg erfordere “weitere geldpolitische Anreize.” Zwar ist der Euro im Londoner Handel am Montag um 0,5 Prozent gefallen, der größte Rückgang seit dem 19. März, er notiert aber immer noch 0,6 Prozent höher als zu Jahresbeginn.

Gestützt wird die Gemeinschaftswährung von Spekulationen, dass die Fed das Tempo möglicher Zinserhöhungen nicht vorantreiben wird sowie vom Appetit der Investoren auf höher verzinsliche Vermögenswerte. So war die griechische Euro-Bondemission, die vergangene Woche das Ende des vierjährigen Exil des Landes von den internationalen Bondmärkten markierte, überzeichnet.


Inflation seit 2013 unter EZB-Zielwert

Diese Gewinne begrenzen den Anstieg der Verbraucherpreise. Die am Mittwoch anstehenden offiziellen Zahlen dürften eine Abschwächung der Inflation auf 0,5 Prozent im März, nach 0,7 Prozent im Monat zuvor, bestätigen, wie eine Bloomberg-Umfrage unter Ökonomen ergab. Das wäre der niedrigste Wert seit November 2009. Die Inflation liegt seit Januar 2013 unter dem EZB- Zielwert von knapp 2 Prozent.

„Eine weitere Schwäche” beim Euro „wird fortan von den Inflationsdaten abhängen” schrieb Kiran Kowshik, Stratege bei BNP Paribas SA in London, am Montag in einer Kundenmitteilung. “EZB-Ratsmitglieder haben klar gestellt, dass die Notenbank sehr wohl bereit ist, weiter zu lockern, aber abwarten will, wie die Inflationsdaten in den nächsten Monaten ausfallen.”

Optionshändler haben in diesem Jahr ihre Wetten auf eine Abschwächung des Euro reduziert. Der Aufschlag für einjährige Optionen zum Verkauf der Währung gegenüber jenen Kontrakten zum Kauf hat sich am 11. April auf ein Viereinhalb-Jahres-Tief von 0,91 Prozentpunkten abgeschwächt, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen. Das Jahreshoch lag am 2. Januar bei 1,39.

Die EZB könnte den Hauptrefinanzierungssatz von derzeit 0,25 Prozent weiter reduzieren oder einen negativen Einlagensatz einführen, die Abschöpfung der Überschussliquidität aus ihrem früheren Bondkaufprogramm stoppen oder der Fed beim Gelddrucken folgen.

Bondkäufe könnten dazu führen, die Gemeinschaftswährung zu stützen, da mehr ausländisches Geld in auf Euro lautende Wertpapiere gelockt wird, sagt Jane Foley, leitende Devisen- Strategin bei Rabobank International in London.

„Es ist eine schwer zu gewinnende Schlacht, und die EZB ist bei der Abschwächung ihrer Währung der Gnade anderer Zentralbanken wie der Fed ausgesetzt”, sagte Foley in einem Telefoninterview. „Jedoch beginnen die Worte an Wirkung zu verlieren, wenn die Zentralbank ihnen keine Taten folgen lässt.”

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