
„Es ist eine verrückte Welt: Die großen Notenbanken setzen den Markt außer Kraft. Die Marktteilnehmer verändern ihr Verhalten, richten sich allein an den Notenbanken aus – und umgekehrt.“ (Jürgen Stark, ehemaliger EZB-Chefvolkswirt, 17. Dezember 2013)
Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 verfolgen die Notenbanken zur Stabilisierung von Wirtschaft, Staatshaushalten und Finanzmärkten eine permanente interventionistische Notstandspolitik, die im Jahr 2013 sogar nochmals intensiviert werden musste.
Während die US-Notenbank ihr seit Krisenausbruch größtes „Qantitative Easing“-Programm (Monetarisierung von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren im „Wert“ von 1,02 Billionen Dollar, etwa sieben Prozent der Wirtschaftsleistung!) umsetzte, startete die Bank of Japan im April das in seiner Dimension - etwa 15 Prozent der Wirtschaftsleistung - aktuell größte Staatsfinanzierungsprogramm der Welt. Die Europäische Zentralbank (EZB) agierte nach der Billionen-Injektion 2012 zurückhaltender, senkte aber dafür die Leitzinsen auf das (vorläufige) Rekordtief von 0,25 Prozent.

Tatsache ist, dass die beispiellosen geldpolitischen Maßnahmen auch im sechsten Jahr der Krise keine echte Belebung der Wirtschaft herbeiführen konnten, dafür aber die fatalen Nebenwirkungen dieser Politik zunehmend sichtbarer werden. So warnte erst kürzlich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ähnlich eindringlich wie zuletzt 2006 (damals warnte sie vor der Blase am amerikanischen Immobilienmarkt), dass die Risiken für das Weltfinanzsystem heute noch größer sind als 2008 vor der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers.
Während zum Beispiel in den USA kreditfinanzierte Wertpapierkäufe im Rekordvolumen von 423,7 Milliarden Dollar kräftig mithalfen, Dow Jones & Co auf Rekordstände zu befördern, verdoppelte sich in Europa die Nachfrage nach hochriskanten Anleihen, wobei sich insbesondere Europas Banken, die bereits auf einem faulen Kreditberg von über einer Billion Euro sitzen, mit Ramschanleihen vollsaugten. „Risk on“ lautete aber auch weltweit die Devise der system(un)relevanten Banken, die binnen des ersten Halbjahres ihren außerbörslichen Derivatewetteinsatz um über 60 Billionen Dollar auf unfassbare 693 Billionen Dollar erhöhten - knapp das Zehnfache der jährlichen Weltwirtschaftsleistung!
„Die erklärte Absicht politischer Führer und Wirtschaftspolitiker besteht zwar darin, durch Unterdrückung von Schwankungen das System zu stabilisieren, aber erreicht wird tendenziell das Gegenteil. Künstlich beschränkte Systeme werden immer anfälliger für Schwarze Schwäne. In solchen Umgebungen kommt es irgendwann zu massiven Zusammenbrüchen [...].“ (Risikoforscher Nassim N. Taleb, aus: „Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen“, 2012)
Auch wenn viele Marktteilnehmer - wie schon 2000 und 2007 - trotz des „kinderleichten Geldverdienens“ (Die Welt, 31. Dezember 2013) keine Blasengefahren erkennen können, so sorgt die ultra-lockere Notenbankpolitik zweifellos für das Entstehen neuer mit Blick auf die bisher injizierten Billionenbeträge (seit 2007 mehr als zwölf Billionen Dollar) noch viel größerer Blasen. Wie gefährlich die alles „rettenden“ Notenbanken dabei nun selbst für die Stabilität des Weltfinanzsystems geworden sind, offenbarte Mitte 2013 der in der Bank von England für die Stabilität des Finanzsystems zuständige Notenbanker Andrew Haldane: „Damit das klar ist. Wir haben absichtlich die größte Anleiheblase der Weltgeschichte aufgebläht.“