Geschäftsprognosen Diese Dax-Konzerne mussten 2022 ihre Gewinnerwartungen senken

Quelle: Collage: Marcel Reyle

Die Krisen des vergangenen Jahres haben viele Unternehmen schwer getroffen, nicht alle konnten schnell reagieren. Doch es gab auch Gewinner, zeigt eine Auswertung von Ad-Hoc-Mitteilungen.

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Wie schnell sich der Wind drehen kann und Vorhersagen ihre Gültigkeit verlieren, zeigen 163 Unternehmensmeldungen, die im vergangenen Jahr bei der Nachrichtendienstleister EQS News einliefen. So oft mussten Unternehmen aus dem Prime Standard, dem Börsensegment mit den umfangreichsten Berichtspflichten, melden, dass sie ihre Geschäftsprognosen anpassen. Häufig bedeutete das: anpassen nach unten.

Viele Prognosen, die Geschäftsführungen im Dezember 2021 getroffen hatten, waren spätestens Mitte 2022 von geopolitischen und makroökonomischen Entwicklungen überholt worden. Häufig kamen noch unternehmensinterne Verwerfungen hinzu.  Das zeigt eine Auswertung von Ad-hoc Meldungen, die 90 Prozent aller Unternehmen im Prime Standard bei EQS News veröffentlichen. 

Ad-hoc Meldungen sind Mitteilungen an Investoren über Unternehmensentwicklungen, die den Börsenkurs beeinflussen. Sie werden etwa dann veröffentlicht, wenn ein Unternehmen Vorstandspositionen neu besetzt oder eine neue Anleihe platziert. Oder eben, wenn Gewinne höher oder niedriger ausfallen als gedacht. Wie stark sich die Gewinnaussichten im Kriegsjahr 2022 eintrübten, zeigt folgender Vergleich: 2021 gab es eine Meldung über Anpassungen nach unten und zwölf über Anpassungen nach oben. Im vergangenen Jahr hingegen veröffentlichten DAX-Unternehmen 14 Gewinnwarnungen - und nur vier Prognosesteigerungen.

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Große Einbußen bei Adidas

Satte drei Mal binnen eines Jahres musste sich der Sportartikelhersteller Adidas korrigieren. In China, dem größten Wachstumsmarkt des Unternehmens, blieben die Kunden wegen der Lockdowns fern. Auch in den westlichen Ländern war die Konsumstimmung schlecht. Der Konzern trennte sich überdies im Jahresverlauf nach diversen Skandalen von Kanye West als Partner. 

Diese Mischung negativer Entwicklungen ließen schon im Mai die ersten Alarmglocken läuten: Bei der angegebenen Gewinnspanne von 1,8 bis 1,9 Milliarden Euro sei nur noch das untere Ende erreichbar, hieß es. Im Juli fiel die Prognose auf 1,3 Milliarden, im Oktober dann auf 0,5 Milliarden. Dieser Gewinneinbruch von über 70 Prozent spiegelte sich auch deutlich im Aktienkurs wider.


Auch andere Konsumgüterhersteller mussten Gewinnwarnungen ausgeben. Der Dax-Konzern Henkel aktualisierte im April seine Prognose und stufte die Ebit-Marge, also das Verhältnis von Gewinn vor Steuern und Zinsen zum erwirtschafteten Umsatz, runter von im Mittel 12,5 auf 10 Prozent.

Die Zurückhaltung der Konsumenten verschonte auch das Modesegment nicht. Zalando reduzierte die prognostizierte untere Umsatzwachstumsgrenze von anfänglich zwölf auf null Prozent. Die Vorhersage der Gewinne vor Steuern und Zinsen sank um knapp 60 Prozent, von mindestens 430 Millionen auf 180 Millionen Euro. Das Ausmaß dieser Korrektur überraschte sogar die Analysten. Auch bei dem Kochboxen-Anbieter HelloFresh lief es nicht rund. Im Juli gab es eine Gewinnwarnung, im September flog der Dax-Neuling nach starken Kursverlusten aus dem Leitindex.

Einbußen treffen viele Branchen

Im Energiesektor waren Siemens und Siemens Energy betroffen, bedingt durch Verluste, die die Unternehmenstochter Gamesa verzeichnete. Im Gesundheitsbereich wurden Fresenius SE und Fresenius Medical Care von schlechten Nachrichten aus den USA eingeholt. Dort kämpft das Tochterunternehmen von Fresenius, das auf Dialyse spezialisiert ist, mit gestiegenen Kosten und fehlendem Pflegepersonal. Ende Oktober gab das Unternehmen bekannt, für den Konzerngewinn mit einem Rückgang von bis zu 25 Prozent zu rechnen – deutlich mehr als vorher angenommen.

Abstriche bei den Gewinnerwartungen musste auch der Kunststoffkonzern Covestro machen. Erst im Mai, dann noch einmal im Juli reduzierte das Unternehmen seine Ebitda-Vorhersage um gut 30 Prozent, von mindestens 2500 Millionen auf 1700 Millionen Euro. Diese Woche gab Covestro dann das vorläufige Ebitda für 2022 bekannt: Mit 1,610 Millionen Euro liegt es noch einmal unter der jüngsten Korrektur.


Die Autoindustrie kam vergleichsweise glimpflich davon. Volkswagen versendete im April lediglich eine allgemeine Gewinnwarnung, ohne konkrete Prognosesenkungen vorzunehmen. Beim Autozulieferer Continental drückten die gestiegenen Kosten für Rohstoffe und Energie die Marge von im Mittel 6,0 auf 5,2 Prozent und machten eine Gewinnwarnung notwendig.

Vier Gewinner

Doch nicht für alle Dax-Konzerne lief es schlecht. Vier Unternehmen konnten trotz Krieg und Krisen ihre Gewinne steigern. Dazu zählte der weltgrößte Chemielieferant Brenntag, der nach zwei absatzstarken Quartalen im Juni seine Gewinnprognose um 20 Prozent hochstufte. Daneben profitierte der Energielieferant RWE von den höheren Erzeugungsmargen durch die Energieengpässe und erhöhte das prognostizierte Nettoergebnis von im Mittel 1,5 Milliarden auf 2,35 Milliarden Euro. Die starken ersten Quartale veranlassten auch Daimler Trucks und den Biotechnologiezulieferer Qiagen dazu, ihre Gewinnprognosen nach oben zu korrigieren.

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Der Prime Standard, die Crème de la Crème der börsennotierten Konzerne, schrumpft. Ende vergangenen Jahres gehörten 299 Unternehmen diesem Börsensegment an. Auf dem Höchststand 2013 waren es noch 325.

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